„Einfach aus Solidarität“500 Teilnehmende bilden in Siegburg eine Menschenkette

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Eine Menschenkette bildeten die Demonstranten um den Markt. 

Siegburg – Schals waren am Montagabend das wichtigste Accessoire in der Innenstadt, zum einen wegen der eisigen Kälte, zum anderen, um mit Gleichgesinnten eine Menschenkette zu bilden und sich dabei nicht an den Händen, sondern an meist wollenem Stoff zu halten. Ein eigentümliches, ruhiges und kraftvolles Bild, mit dem rund 500 Teilnehmer ein Zeichen gegen die seit einiger Zeit auch in Siegburg üblichen „Montagsspaziergänge“ von Impfgegnern und Kritikern der Corona-Schutzmaßnahmen setzten.

„Ich bin Erzieherin im Ruhestand“, sagte eine Teilnehmerin, die Kinder in der Pandemie täten ihr leid. Die Impfung biete den Ausweg: „Wir haben ja ein schönes Leben gehabt.“ Ein Händler vom Wochenmarkt freute sich, dass die Teilnehmer teilweise in zwei Reihen um den ganzen Markt herumstanden: „Ich bin glücklich und froh, dass so viele gekommen sind, um ein Zeichen zu setzen.“

Trauer um Opfer der Corona-Pandemie

„Einfach aus Solidarität“ sei er gekommen, sagte der Siegburger Jos Mariathasan: „Ich bin hier, um zu zeigen, dass wir Stellung beziehen.“ Christina Gocht war die Trauer um die Opfer der Pandemie wichtig, dass sich viele impfen ließen und das Leben wieder einfacher werde.

Die Gegenseite, rund 200 Teilnehmer eines „Montagsspaziergangs“, hatte sich zunächst im Hof der Servatiuskirche versammelt und war schließlich quer durch die Innenstadt gelaufen, um etwa eine halbe Stunde später auch den Markt zu passieren. Polizeibeamte und Mitarbeiter des Ordnungsamts hielten die beiden Gruppen auf Distanz. Viele der „Spaziergänger“ trugen Lichter oder Lichterketten.

Bürgermeister Stefan Rosemann und die Fraktionen im Stadtrat hatten zu der Aktion aufgerufen, die beiden evangelischen Gemeinden und die katholische Kirchengemeinde St. Servatius, das Bürgerforum, die Arbeiterwohlfahrt, das Karnevalskomitee und die Bürgergemeinschaft Zange schlossen sich an. Im Vorfeld hatte Rosemann betont, es gehe vor allem darum, ein Zeichen für Solidarität und Zusammenhalt zu setzen. Der Aufruf zur Menschenkette solle keine Gegenveranstaltung zu den Montagsspaziergängen der Maßnahmengegner sein, sondern unterstreichen, „wie wichtig das Miteinander und eine respektvolle Diskussionskultur in der Demokratie sind“.

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Verbunden nicht nur durch Schals, sondern auch durch ihre gemeinsame Haltung zeigten sich die Teilnehmenden der Menschenkette auf dem Siegburger Markt. 

Die Solidarität bezog sich aber auch auf einen Vorfall am 3. Januar, bei dem Ratsmitglied Raymund Schoen (Die Linke) nach eigenem Bekunden von einem der „Spaziergänger“ bedroht. Der SPD-Vorsitzende Dirk Witte, den Schoen um Hilfe gebeten hatte, wurde daraufhin aktiv und fand schnell Unterstützer, um den „Spaziergängern“ etwas entgegenzusetzen. „Meine Parteifreunde waren schockiert.“ Die Idee zu der Menschenkette habe Bürgermeister Stefan Rosemann gehabt.

Witte war am Abend Versammlungsleiter und durch eine gelbe Weste auch als Ordner zu erkennen– ebenso wie Lars Nottelmann, zweiter Fraktionsvorsitzender der CDU. Seiner Partei sei es wichtig, nicht nur zu unterschreiben, sondern wirklich zu unterstützen. Ausschlaggebend sei die Bedrohung Schoens gewesen: Auch wenn er nicht immer einer Meinung mit diesem sei, sei Schoen doch jemand, der immer sachlich argumentiere.

Rosemann dankte in einer kurzen Ansprache über Megafon für die rege Teilnahme und den friedlichen Verlauf. „Man kann das nicht alleine stehen lasen“, sagte er am Dienstag auf Anfrage. Auf einer Videokonferenz mit den Beteiligten der Menschenkette solle auch besprochen werden, wie weitere Aktionen aussehen könnten. 

Friedlicher Verlauf der Demonstrationen

Die Kreispolizeibehörde bestätigte am späteren Montagabend eine Zahl von 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Menschenkette. Rund 200 Menschen seien dagegen bei einem „Montagsspaziergang“ durch die Innenstadt gezogen.

Den Angaben von Polizeiführer Raffael Jäger zufolge verlief alles friedlich: „Wir mussten keine polizeilichen Maßnahmen treffen.“ In einem Fall sei allerdings Strafanzeige erstattet worden, da der Gang durch die Stadt Marsch nicht angemeldet war.

Angemeldet sei dagegen eine Versammlung in Neunkirchen-Seelscheid mit 30 Teilnehmern gewesen, die „keine Einschränkung der Grundrechte“ und „keinen Impfzwang“ gefordert hätten.

Unangemeldete Treffen gab es in Lohmar mit 60, in Troisdorf mit 100, Niederkassel mit 60 , Eitorf mit 70 und Hennef mit 100 Teilnehmern. Auch diese seien friedlich verlaufen. Bei allen unangemeldeten Versammlungen wurde Anzeige erstattet.  

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