Rund 6300 Euro Blechschaden waren die Folge eines Zusammenstoßes am Siegburger Ärztehaus. Das Unfallopfer landete auf der Anklagebank.
Prozess in SiegburgUnfallopfer aus Sankt Augustin landet auf der Anklagebank

Auf diesem Parkplatz in der Siegburger Innenstadt geschah der Unfall. (Archivbild)
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Der Angeklagte fühlte sich völlig unschuldig. Dass er nach einem Zusammenstoß auf einem Siegburger Parkplatz wegen Fahrerflucht belangt werden und sogar seinen Führerschein abgeben sollte, das könne doch nicht richtig sein, sagte der 63-Jährige im Siegburger Amtsgericht: „Ich habe den Unfall nicht verursacht.“
Der Mann aus Sankt Augustin wollte am 5. Mai dieses Jahres nachmittags auf dem Stellplatz am Ärztehaus mit seinem alten Citroën ausparken. Er habe es eilig gehabt, zu einem dringenden Termin nach Sankt Augustin gemusst. Beim Rangieren habe es wohl ein Missverständnis gegeben mit einem wartenden Autofahrer. Er habe gestanden, der andere wollte rückwärts in die Lücke steuern, man rasselte zusammen.
Angeklagter wollte wegen Zeitnot nicht die Polizei verständigen
Beide stiegen aus, versicherten sich, dass es ihnen gut ging, und besahen die Blechschäden. An seinem Wagen sei an der Anstoßstelle hinten rechts kaum etwas zu sehen gewesen, berichtete der Angeklagte: „Ich war mal in einen Unfall verwickelt, das Auto war als wirtschaftlicher Totalschaden deklariert worden.“ Das kurz zuvor erworbene Fahrzeug des jungen Mannes hingegen wies hinten links eine große Beule auf. Die Reparaturkosten, stellte sich später heraus, lagen bei stolzen 6354,70 Euro.
Der junge Mann habe ihm leidgetan. „Ich bot ihm an, dass er den Schaden meiner Versicherung meldet“, so der Maler und Lackierer. Man habe beschlossen, nicht die Polizei hinzuzurufen: „Ich wollte nicht so lange warten.“ Die Personalien seien nicht ausgetauscht worden, „der Unfallverursacher hat mein Kennzeichen fotografiert“.
Die Schilderung des Zeugen wich indes von der Aussage des Angeklagten ab. Der Ältere habe es abgelehnt, die Polizei zu verständigen, sagte der 20-Jährige, er habe er schnell noch dessen Nummernschild fotografiert. Nach Rücksprache mit seinem Vater rief er die Polizei und erstattete Anzeige. Die Ordnungshüter suchten später den 63-Jährigen an dessen Wohnanschrift auf.
Unklar blieb, wer nun wem hineingefahren ist. Der 20-Jährige schilderte in der Hauptverhandlung, beide Autos hätten sich bewegt. Er habe noch gebremst, indes zu spät.
Tatsächlich komme es darauf gar nicht an, erklärte die Staatsanwältin. „Sie müssen auch vor Ort bleiben, wenn Sie den Unfall nicht verursacht haben“, ermahnte sie den Angeklagten. Zugunsten des bislang juristisch und verkehrsrechtlich nicht vorbelasteten Mannes nehme sie an, dass dieser in der Situation wohl überfordert gewesen sei.
Der Angeklagte behält seine weiße Weste und darf weiter Auto fahren
Ihren Vorschlag, das Verfahren gegen eine Auflage einzustellen, nahm der Angeklagte an. Richterin Seda Ataer verhängte eine Geldbuße von 450 Euro, etwa ein Fünftel des Monatslohns des verheirateten Handwerkers. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 1500 Euro (30 Tagessätze à 50 Euro) verhängt, der Angeklagte hatte dagegen Einspruch eingelegt, deshalb die Verhandlung.
Er behält seine weiße Weste und darf weiter Auto fahren. Der Führerschein, den er für seine Arbeit braucht, war ihm nur kurzzeitig entzogen worden. Auf eine Entschädigung dafür verzichtete er.
Auch der Zeuge, der von seinem Vater in den Gerichtssaal begleitet worden war, zeigte sich zufrieden. Den Schaden hatte die Versicherung des Malers längst beglichen, die Reparatur sei erfolgt, sagte die Fachkraft für Logistik. „Es war mein erster Unfall. Das Auto habe ich verkauft.“

