IntegrationWie Sprache das Leben und Lernen an der Realschule in Siegburg leichter macht

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Eine Lehrerin und Schüler beim Unterricht in einem Klassenzimmer

Teona Tsanava (hinten links) setzt bei der Sprachförderung an der Siegburger Alexander-Humboldt-Realschule auf Kreativität

Mit Landesgeldern und dem Jugendmigrationsdienst konnte eine Sprachförderung ins Leben gerufen werden - doch das Angebot läuft jetzt aus.

Die Schülerin legt die Hände zusammen, verbeugt sich mehrmals, und lacht dabei herzlich, nur das Wort „Danke“, um das es geht, sagt sie nicht: Das sollen ihre Klassenkameradinnen und Kameraden erraten, und das auch noch im Perfekt: Keine leichte Übung, wie die rund 20 Kinder und Jugendlichen schon gemerkt haben, denn sie sind aus vielen Ländern an die Realschule gekommen, aus der Ukraine, dem Irak, Malaysia, Moldawien, Serbien, Syrien und der Türkei, um nur einige zu nennen.

Das kleine Pantomimespiel macht sichtlich Spaß und gehört zum Ideenschatz von Lehrerin Teona Tsanava, die den Schülerinnen und Schülern Leben und Lernen einige Wochen und Monate leichter machen konnte.

Das Angebot an der Alexander-Humboldt-Realschule geht über das hinaus, was im Regelfall vorgesehen ist: Denn die Georgierin, die im Auftrag des Jugendmigrationsdienstes Rhein-Sieg-Kreis rechtsrheinisch arbeitet, konnte aus dem „Aktionsprogramm Integration“ des Landes Nordrhein-Westfalen bezahlt werden.

Schüler waren sehr motiviert und gewannen Selbstvertrauen

Am Mittwoch bereits aber hat sie ihren letzten Tag an der Realschule. „Ich werde Euch vermissen“, sagte sie in der Klasse, freute sich aber auch über Fortschritte. „Alle waren sehr motiviert und haben Selbstvertrauen gewonnen.“

Die langen Wortkonstruktionen im Deutschen findet die 14 Jahre alte Kazheen aus dem Irak besonders ungewohnt. Die Artikel seien besonders schwierig, „die gibt es im Ukrainischen nicht“, sagt Anastasia (15), die auch mit den Fällen zu kämpfen hat. Aber: „Wir haben sehr viel gesprochen, das war sehr gut für unser Deutsch.“    

Zwei Schüler mit Arbeitsbögen an einem Tisch

Die deutsche Sprache stellt Schülerinnen und Schüler aus anderen Lädern vor einige Herausfoderungen

Realschulleiterin Iris Gust bedauert, dass es bislang kein Anschlussprogramm gibt und hebt eine Besonderheit Arbeit von Teona Tsanava hervor: Sie konnte die Schülerinnen und Schüler in kleine Fördergruppen einteilen, wobei das entscheidende Kriterium nicht die Herkunft war, sondern das Niveau der Sprachkenntnisse.

So wurde ein wichtiges Zusatzangebot zu den vorgeschriebenen Wochenstunden mit Deutsch und dem Unterricht in Mathematik, Englisch, Erdkunde, Politik, Kunst und Sport möglich. Es sei allerdings schwer, Kräfte wie Tsanava zu finden, die eine Qualifikation für Deutsch als Zweitsprache haben.     

Integration an Siegburger Realschule: Sanfter Übergang in die Regelklassen

Die Leiterin des Jugendmigrationsdienstes Annette Magiera hebt hervor, dass der Übergang in die späteren Regelklassen „möglichst sanft“ gestaltet werden soll. Tsanava hatte dazu seit September immerhin jeden Tag von 8 bis 11.30 Uhr Zeit und sei dabei „sehr kreativ“ vorgegangen.

„Solche Erfolge können nur im Rahmen einer prozessorientierten Sprachförderung erzielt werden“, stellt Magiera fest. Sie würde sich freuen, wenn es im kommenden Jahr wieder Projektgelder geben würde.

Die Sprachförderung für die Zehn- bis 16-Jährigen habe man dank der Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bildungswerk Bonn binnen weniger Tage auf die Beine stellen können.  Neben der Förderung sei die Beratung zur späteren Schulwahl wichtig, beispielsweise, wenn eine Entscheidung für das Gymnasium nur aus Prestigegründen falle.

Fuß fassen im neuen Land

„Jede Förderung zählt“, findet Iris Gust. Auch, da in den Familien meist die jeweilige Muttersprache genutzt werde. Für die Schülerinnen und Schüler gehe es aber zuerst darum, mit der zunächst fremden Sprache in der Schule Fuß zu fassen, dann im Beruf und überhaupt im neuen Land.   

„Die Schule war als erstes bereit, etwas in der Sprachförderung zu machen“, hebt die Vorsitzende des Schulausschusses Anna Diegeler-Mai (CDU) hervor, die eine Stunde von Tsanava besuchte. Bereits seit 2016 gibt es entsprechende Angebote in der Schule. Ausschussmitglied Astrid Thiel (Die Grünen) spricht von „gut investiertem Geld“, jede zusätzliche Vertrauensperson für die Kinder und Jugendlichen sei sinnvoll. „Wenn sie Vertrauen finden, öffnen sie sich auch.“      

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