Künstlerin Anne Müller tritt im Pumpwerk auf„Ich habe ein Faible für Extreme“

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Bei der Performance am Sonntag soll auch ein Video gezeigt werden.

Bei der Performance am Sonntag soll auch ein Video gezeigt werden.

Siegburg – Eine Performance von 3 bis 13 Uhr zeigt Anne Müller am Sonntag im Pumpwerk Siegburg. Annette Schroeder sprach mit der Konzeptkünstlerin (42) aus Brandenburg, die Performances unter anderem für die Zeche Fürst Leopold in Dorsten, für die Kulturhauptstädte La Valletta (Malta) und Wroclaw (Polen), den Bonner Kunstverein und die ITB in Berlin entwickelt hat.

Ihre Performance heißt „Tagsammler“. Was bedeutet das?

Anne Müller: Ich zerlege einen Tag in jeweils zweistündige Segmente wie „Aufwachen“, „Arbeiten“, „Essen“ und „Abwaschen“. Am Ende folgt noch „Lied“, in dem ich meine Stimme einsetze. An diesem Punkt der Performance lasse ich mich dann selbst überraschen, wie ich klingen werde. Es geht um Aspekte der Alltäglichkeit, die ich bewusst machen will. Das zieht sich als roter Faden durch all meine Projekte.

Was erwartet das Publikum im Pumpwerk?

Eine Performance ist ja kein Theaterstück; ich spiele also keine Rolle, sondern durchlebe einen künstlerischen Prozess. Es sind kleine Handlungen, die ich über einen sehr langen Zeitraum zeige und wiederhole, zum Beispiel das Aufstehen am frühen Morgen. Dabei setze ich Videoprojektionen, Mischpult, Lautsprecher und Loopstation ein. Jede Aktion wird von Mikrofonen abgenommen und verstärkt. Deshalb verwende ich bevorzugt Materialien, die knistern und knirschen. So habe ich mir eine Liege unter anderem aus Alu- und Plastikfolien gebaut. Beim Abwaschen benutze ich ein gläsernes Becken, das ganz toll klingt, wenn man Wasser hineingießt. Es wird außerdem die ganze Zeit eine Eieruhr ticken, die ich zu jeder vollen Stunde aufziehe.

Die Künstlerin bereitet das Material für ihren Auftritt vor.

Die Künstlerin bereitet das Material für ihren Auftritt vor.

Werden Sie zehn Stunden ununterbrochen im Einsatz sein?

Ja. Das klingt jetzt vielleicht krasser, als es tatsächlich ist. Ich habe ein Faible für solche Extreme. Man gerät in einen Flow hinein, der Körper stellt sich auf diesen Zeitraum ein. Es passieren spannende Dinge in der Interaktion mit dem Publikum. Das kann be- und gerührt sein, was ich immer wieder erlebe. Aber auch eine Abwehrreaktion ist wunderbar. Denn es geht mir darum, zu irritieren und Fragen aufzuwerfen – jenseits einer Haltung des Konsumierens von Events, die doch immer perfekter und gestylter werden.

Ihre Performance ist eingebettet in die Ausstellung kinetischer Kunst von Christoph Steeger. Welche Beziehung haben Sie zu dieser aktuellen Schau?

Mein Mann stammt vom Niederrhein, wir sind als Künstler gut vernetzt in Nordrhein-Westfalen. Christoph Steeger kennen wir schon lange. Auch seine Objekte leben von Bewegung und Wiederholung. Das goldfarbene Projektil, das er im Pumpwerk zeigt, brachte mich auf die Idee, eine Ufo-mäßige, entkoppelte Performance zu entwickeln. Daraus entstand „Tagsammler“.

Muss das Publikum auch die kompletten zehn Stunden ausharren?

Natürlich nicht. Ich rechne mit einem Kommen und Gehen im Pumpwerk. Interessant sind übrigens die Reaktionen nach einer Performance. Oft erreichen mich noch Tage und Wochen später Anrufe und Mails, in dem die Menschen ihre Empfindungen schildern. Ich bin gespannt, wie es in Siegburg sein wird.

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Wie bereiten Sie sich auf diesen Marathon vor?

Ich lebe und ernähre mich gesund. Im Pumpwerk werde ich mit einigen Leuten übernachten, dafür bringe ich mir ein Bett mit. Für 2 Uhr morgens stelle ich mir den Wecker. Da ich ab und zu an Migräne leide, lege ich mir auch eine Tablette bereit, falls es doch passieren sollte.

„Tagsammler“, installative Klang-Video-Performance von Anne Müller. Sonntag, 15. März, 3 bis 13 Uhr, Pumpwerk Siegburg, Bonner Straße 65. Eintritt frei.

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