In den Freibädern in Bonn und Troisdorf ist sonnen und auch baden ohne Bikinioberteil erlaubt. Warum Siegburg bei seiner Linie bleibt.
Verstoß gegen BäderordnungSiegburgerin möchte sich im Oktopus oben ohne sonnen – und darf nicht

Elena Bechler (25) möchte sich gerne ohne Bikinioberteil im Freibad sonnen, darf aber nicht. Das findet sie ungerecht.
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Braungebrannte Haut gilt vielen Menschen in der westlichen Kultur als Schönheitsideal, denn „du bist aber braun geworden“ gilt für sie als schönstes Kompliment nach dem Urlaub. Braun werden ohne Streifen des Bikini-Oberteils – das wollte auch Elena Bechler aus Siegburg.
Die 25-Jährige machte es sich an einem warmen Tag im Freibad Oktopus bequem und zog abseits der Becken ihr Oberteil aus. Prompt wurde sie von einem Mitarbeiter aufgefordert, es wieder anzuziehen. Die junge Frau fühlt sich benachteiligt, die Stadtbetriebe verweisen auf die Haus- und Badeordnung.
In den Sommermonaten ist der Wunsch der Frauen immer wieder Thema in Siegburg
Es war ein Freitagmittag, trotz Brückentags nicht viel los. „Ich habe einfach auf meinem Handtuch gelegen, ohne Bikini-Oberteil. Da bin ich vom Bademeister angesprochen worden, dass ich es bitte wieder anziehen soll, weil das hier so Vorschrift sei“, schildert Bechler die Situation. „Er hat gesagt, dass das in den Sommermonaten immer wieder zum Thema wird, aber dann auch schnell wieder verpufft. Deswegen werde sich daran auch nichts ändern“, sagt sie.
Die 25-Jährige fühlt sich benachteiligt: „Männer dürfen auch oben ohne rumlaufen. Mir geht’s auch gar nicht ums Schwimmen, da würde ich mich ohne Oberteil ohnehin nicht wohl fühlen. Aber wenn ich auf meinem Handtuch liege, möchte ich schon das Recht haben, mein Oberteil ausziehen zu dürfen – zumal im Umkreis von 15 Metern niemand war“ sagt sie.

Das Schwimmerbecken im Freiband Oktopus in Siegburg: Auch eine große Liegewiese gibt es hier.
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Frauen würden von Männern noch immer sexualisiert, deswegen sei die Gesellschaft noch nicht so weit, dass auch Frauen oberkörperfrei schwimmen gehen könnten, so Bechler. „Aber wenn man diese kleinen Schritte nicht geht, ändert sich nie was. Ich glaube, den meisten Leuten wäre es auch egal. Die, die ein Problem damit haben, sollen halt woanders hingucken.“ Die Freude am Tag im Freibad war der 25-Jährigen jedenfalls erst einmal vergangen. Sie zog sich an und verließ das Oktopus kurze Zeit später.
„Ich habe erst letztes Jahr das Freibad wieder für mich entdeckt und habe mich bisher auch sehr wohl gefühlt. So eine Abfuhr zu bekommen, hinterlässt erst aber ein blödes Gefühl“, schildert sie. Sie wolle eine Beschwerde an die Stadtbetriebe schreiben. „Wiederkommen werde ich trotzdem – schon allein, weil ich mir eine Jahreskarte gekauft habe.“
Badeordnung im Oktopus in Siegburg sieht das Tragen „üblicher Badebekleidung“ vor
Michael Nagel von den Stadtbetrieben, die Frei- und Hallenbad im Oktopus betreiben, verweist auf die Badeordnung, die das Tragen „üblicher Badebekleidung“ vorsehe. „Das Bedecken der weiblichen Brust entspricht dieser Vorgabe“, teilt er auf Anfrage mit. Dies habe der Betreiber festgelegt. „Wir sorgen für das Wohl der Allgemeinheit, unabhängig von Herkunft, Alter und Geschlecht.“
Beschwerden, weil Frauen ihr Oberteil nicht ablegen dürften, habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. „Die Mitarbeitenden reagieren in so einem Fall sachlich, zum Wohle aller Gäste und mit Blick auf die Haus- und Badeordnung.“ Ob eine weibliche Person dabei schwimmen gehen oder sich bloß sonnen wolle, spiele dabei keine Rolle.
Auch Situationen mit Trans-Menschen, die zwar weibliche Geschlechtsmerkmale haben, sich aber möglicherweise als Mann definieren, habe es bisher nicht gegeben. „Da würden wir im Dialog eine diskriminierungsfreie Lösung finden“, so Nagel. Den Gedanken an eine Regelung mit bestimmten Zeiten, an denen sich weibliche Personen ohne Oberteil im Bad aufhalten dürften, wischt er beiseite. „Das ist sicher nicht unmöglich, derzeit ist aber kein Bedarf erkennbar.“
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Siegburg, Christiane Pipke, teilt die Auslegung der Badeordnung. „Dieser Interpretation schließen wir uns grundsätzlich an. Kommunikationsvermögen und Fingerspitzengefühl des Badepersonals sind bei dieser sensiblen Frage das A und O, da das Thema Selbstbestimmung auf fest verankerte moralische Wertvorstellungen trifft“, lässt sie verlauten. Wichtig sei darüber hinaus die gute Kommunikation des Personals untereinander, um unabhängig von der jeweiligen Besetzung am Beckenrand mit einer Stimme zu sprechen.
In Bonner Freibädern ist oben ohne erlaubt, in Rhein-Sieg wird es unterschiedlich gehandhabt
Was in Bonner Bädern erlaubt ist, ist in den Freibädern des Rhein-Sieg-Kreises unterschiedlich geregelt. In Sankt Augustin dürften Gäste nur mit „üblicher Badebekleidung“ ins Wasser, sagt Stadtsprecher Benedikt Bungarten. „Seitens der Gäste gab es zu dem Thema in den vergangenen Jahren keine Nachfrage. Daher halten wir an dieser Regelung fest.“ Das Freibad Sankt Augustin sei ein klassisches Familienbad.
Im Aggua in Troisdorf dagegen sei das Sonnen ohne Oberteil nicht verboten, bekräftigt Geschäftsführerin Daniela Simon. „Auch Schwimmen ist erst mal kein Problem. Sollte es zu Konflikten mit Menschen kommen, die sich dadurch gestört fühlen, finden unsere Mitarbeitenden da eine Lösung – zum Beispiel, indem sich eine der beiden Personen ein anderes Plätzchen sucht“, sagt sie. Das sei aber noch nicht vorgekommen, weswegen die Badeordnung eben auf diese Weise ausgelegt werde.