Mit kreativen, selbstgebauten Seifenkisten gingen Teilnehmende in Siegburg an den Start. Wer wollte, konnte sich aber auch Wagen leihen.
„Im Sinne von Jonas“Großes Seifenkisten-Rennen in Siegburg zieht hunderte Zuschauer an

Mit einer umgebauten Badewanne ist dieser Seifenkistenpilot unterwegs.
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Ein Tritt auf die Feststellbremse und die Schranke, die den Wagen noch auf der Rampe hält, klappt nach unten. Die Seifenkiste rollt den Michaelsberg hinunter und wird gut 30 Sekunden später im Ziel mit Applaus empfangen.
Mehrere hundert Zuschauerinnen und Zuschauer säumen am Sonntagnachmittag die 300 Meter lange Strecke bei Jonas’ Seitenkistenrennen. Der Realschüler war vergangenes Jahr bei einem Verkehrsunfall gestorben.
Seifenkistenrennen am Michaelsberg: 35 Teams gehen an den Start
Das Regelwerk für ein Seifenkistenrennen ist streng und wird vom Deutschen Seifenkisten Derby, dem Dachverband für motorlosen Rennsport, festgelegt. Nicht jedes selbstgebaute Gefährt darf auf die Piste, beispielsweise sind Kunststoffräder und eine spezielle Vierkantachse Pflicht. Die Planung und die Überwachung der technischen Voraussetzungen für das Rennen in Siegburg übernahm der Verein Flotte Kisten aus Overath, der in der Aggerstadt regelmäßig Rennen ausrichtet.
Wem die Kosten von rund 600 Euro für einen Bausatz zu teuer waren, konnte bei dem Verein eine Seifenkiste für den Rennspaß ausleihen. „Das haben viele in Anspruch genommen, insgesamt ist der Zulauf größer, als wir erwartet hatten“, sagt Lucas Lorenz vom Verein Flotte Kisten. 35 Teams seien an den Start gegangen, davon 15 aus Siegburg. Der Großteil ist aus der Umgebung und dem Rest Deutschlands angereist.
Bei den selbstgebauten Kisten habe ich einige tolle Lackierungen gesehen.
„Sogar die Anfänger fahren sehr gut, was bemerkenswert ist, weil die Strecke sehr schmal ist und über eine lange Kurve verläuft. Bei den selbstgebauten Kisten habe ich einige tolle Lackierungen gesehen – ich habe im Winter selbst zwei Fahrzeuge lackiert und weiß, wie aufwendig das ist“, sagt Lorenz anerkennend.

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer säumten den Zieleinlauf, wo die Seifenkisten vorbeischossen.
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In einer bunten Karawane ziehen die Teilnehmenden ihre Seifenkisten an den Startpunkt, der vor der Kita am Michaelsberg liegt. Manch einer lässt sich von einem E-Scooter hochziehen. Hier befindet sich die Rampe, von der aus die Wagen auf die rund 300 Meter lange Strecke gehen. Gemessen werden Einzel- und Teamwertungen. Lichtschranken erfassen die Zeit. Zwischen den Zeiten der Profis, die mehrere Rennen pro Jahr fahren, liegen nur Zehntelsekunden, sie alle brauchen nur gut 30 Sekunden.
Schnellste Zeit beim Rennen in Siegburg kommt von Nürnberger
Die bisher schnellste Zeit an diesem Nachmittag fährt Ralf Techritz aus Nürnberg, der mit seinem Sohn an einem Seifenkistenrennen in Osnabrück an Christi Himmelfahrt teilgenommen hatte. „Wenn wir schon in der Nähe sind, können wir auch mitfahren“, sagt der 51-Jährige, den sein Sohn zum Rennsport gebracht habe – nicht umgekehrt. „Grundsätzlich sind Seifenkistenrennen ein super schöner Sport, der immer mehr in Vergessenheit gerät und nicht die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient“, sagt er.
Dass es das erste Seifenkistenrennen in Siegburg seit 22 Jahren ist, wundert den Franken: „Die Leute lieben es, es herrscht eine super Atmosphäre, die Strecke am Michaelsberg ist traumhaft – ich bin schon Rennen gefahren, wo fast niemand stand“, sagt er. „Und der Anlass ist ja nochmal ein besonderer“, fügt er hinzu.
Das Seifenkistenrennen in Siegburg erfüllt den Wunsch des verstorbenen Jonas
Ein Seifenkistenrennen war der Wunsch des elfjährigen Jonas gewesen, der im vergangenen Jahr kurz vor den Sommerferien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Seine Eltern sind an diesem Nachmittag ebenfalls zugegen, wollen aber für sich bleiben. Die Stadt Siegburg hatte im Vorfeld mitgeteilt, sie seien sehr dankbar, dass das Seifenkistenrennen ganz im Sinne ihres Sohnes ausgerichtet werde. Alle Teilnehmenden und Zuschauerinnen und Zuschauer sollten einen großartigen Familientag am Mühlentorparkplatz erleben.
Mit 33 und 38 Sekunden rasen Simon und Mia in ihrer Pikachu-Kiste ins Ziel. Die beiden Neunjährigen aus Hennef starten als Zweierteam. Auf ihrer Seifenkiste ist ein Fußball spielendes Pokémon zu sehen. Der Grund: „Ich mag Pikachu“ und „Ich mag Fußball“, erklären die beiden. „Wir haben ein bisschen bei uns im Hof geübt, mit Anschubsen“, sagt Mia. Am Sonntag wurde es dann ernst.

Simon (9) aus Hennef beim Start seines zweiten Laufs.
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„Wenn man das erste Mal fährt, hat man bisschen Schiss, aber wenn die erste Kurve geschafft ist, fährt man auch die zweite mit Vollspeed“, sagt sie. „Das Schlimmste ist, wenn man in die Bande fährt und umfällt, am Ende gilt: einfach machen.“ Ob das Rennen einen festen Termin im Siegburger Veranstaltungskalender erhält, müssen interne Gespräche bei den Verantwortlichen zeigen.