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Stadtbild-ProtestSiegburger Demonstranten zitierten das Grundgesetz

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Menschen mit Protestplakaten und einem Transparent auf einem öffentlichen Platz.

Einige dutzend Teilnehmende waren zu der Mahnwache gekommen - die Organisatoren hatten sich mehr erhofft.

Die Initiative „Siegburg zeigt Haltung“ hatte zu der Mahnwache auf dem Markt der Kreisstadt aufgerufen.

Auch in Siegburg gingen am Samstagvormittag Menschen auf die Straße, um gegen die „Stadtbild“-Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz zu demonstrieren. Dazu aufgerufen hatte das Bündnis „Siegburg zeigt Haltung – Für Vielfalt und Demokratie“. Es veranstaltete eine Mahnwache auf dem Markt.

Vor rund zwei Wochen hatte der Bundeskanzler in einem Zeitungsinterview schnellere Abschiebungen gefordert und dabei auf Störungen im „Stadtbild“ verwiesen. Auf eine Frage eines Journalisten zur darauf bezogenen Kritik dagegen antwortete er: „Fragen Sie mal Ihre Töchter.“ Seitdem sieht er sich Vorwürfen ausgesetzt, dass er Menschen mit Migrationshintergrund für Probleme in sozialen Milieus verantwortlich macht.

Gründerin der Siegburger Initiative will Probleme nicht leugnen

Dass es diese gibt, ist auch für Kirsten Georg, Mitbegründerin der Deichhäuser Bürgerinitiative, unstrittig. „Vorgestern war ich in Köln, und am Fuß der Hohenzollernbrücke gibt es einen Bereich für Obdachlose. Das ist kein schönes Stadtbild, da finden mit Sicherheit auch Gewalt und Kriminalität statt“, räumte sie ein. „Aber der Bundeskanzler nennt das in einem Atemzug mit Menschen, die ein bestimmtes äußeres Erscheinungsbild haben".

So werde das Problem reduziert auf Migranten oder auch Menschen mit deutschem Pass, „nur weil sie anders aussehen“, sagte sie. „Als er mit der Töchter-Aussage dann noch Frauen und sexuelle Gewalt instrumentalisiert hat, um eine rassistische Aussage zu rechtfertigen – und das mit einem Lächeln im Gesicht –, da habe ich gedacht: Jetzt reicht’s.“

Erste Aktion richtete sich gegen AfD-Wahlkampf in Siegburg

Sie holte das Banner mit dem 1. Artikel des Grundgesetzes aus dem Keller: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Die Initiative habe sich Ende vergangenen Jahres gegründet, als plötzlich vier AfD-Männer auf der Frankfurter Straße Wahlkampf gemacht hätten. „Wir haben uns überlegt, was man tun kann, und uns mit Protestplakaten danebengestellt. Wir waren uns sicher: Die kommen wieder. Also haben wir das Banner anfertigen lassen, um uns direkt wieder danebenstellen zu können.“ So seien Mahnwachen entstanden, aus denen regelmäßige Aktionen zur Stärkung der Demokratie hervorgegangen seien. „Wir sind kein Verein, keine Partei, einfach eine Bürgerinitiative“, betonte die Siegburgerin.

Ein wenig enttäuscht zeigte sie sich über die Zahl der Teilnehmenden, nur ein paar Dutzend waren gekommen. „Dabei ist der Anlass doch einer, wofür man auf die Straße gehen kann. Wir haben in einigen Gesprächen allerdings erlebt, dass manche die Kundgebung auch wieder als spaltend wahrnehmen. Aber genau das tun wir nicht, wir wollen etwas Verbindendes schaffen.“ Letztlich beteiligten sich, wie sie später mitteilte, doch 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Unterschriftenaktion. Und nicht alle hätten unterschrieben, so Kirsten Georg.

Männer und Frauen mit Protestplakaten.

Die Organisatoren von „Siegburg zeigt Haltung“ mit Kirsten Georg (hinten, roter Schal).

„Wir sind weder links noch rechts, wir sind neutral. Uns ist es wichtig, Menschen zu vernetzen, die sich für demokratische Werte und solidarischen Zusammenhalt einsetzen wollen. Auf unserem Banner steht Artikel 1 des Grundgesetzes – damit kann sich eigentlich jeder identifizieren.“

Der nächste Stammtisch findet am 29. Oktober statt

Die Bürgerinitiative habe auch die Siegburger CDU eingeladen, die habe jedoch weder geantwortet, noch sei sie erschienen. „Es geht darum, parteiübergreifend für Grundwerte einzustehen, die wir in solchen Aussagen wie von Herrn Merz verletzt sehen“, schilderte Georg. Sie sieht darin einen Grund für das Erstarken rechtsextremer Parteien: „Damit verhindert man doch nicht, dass die AfD zulegt – man ebnet nur ihren Weg.“

Das Bündnis veranstaltet seinen nächsten Stammtisch am 29. Oktober um 19.30 Uhr. Der Ort wird bei persönlicher Kontaktaufnahme über die Internetseite bekanntgegeben. Dort werden gemeinsame Aktionen geplant.