Zur Weihnachtszeit empfiehlt sich ein Besuch in der Schatzkammer St. Servatius besonders.
Kirche St. ServatiusDarum sind Siegburgs weihnachtliche Schätze einen Besuch wert

Christi Geburt als Motiv auf dem großen Kirchenfenster im Chor.
Copyright: Andreas Helfer
Einen guten Monat lang bestimmte der Trubel zum Mittelalterlichen Markt das Bild im Zentrum der Kreisstadt, doch auch danach lohnt sich ein Besuch Siegburgs. Vor allem, wenn man etwas ruhiger angehen lassen will und weihnachtlich-besinnlich gestimmt ist. Und Weihnachtszeit endet streng genommen erst am 2. Februar mit Maria Lichtmeß. Die Kirche St. Servatius samt Schatzkammer eignet sich bestens, um dem Fest auf den Grund zu gehen. Andrea Korte Böger kennt gleich eine ganze Reihe mehr oder weniger offensichtlich passender Motive im Gotteshaus.
Auf den zahlreichen Szenen des großen Fensters im Chors findet sich auch die Geburt Christi, farbenfroh und doch ganz einfach gehalten, mit Maria, Josef und Christkind. Links daneben ist eine Szene aus dem Alten Testament dargestellt, die Erscheinung Gottes in einem Dornbusch, der Moses den Auftrag gibt, sein Volk aus der ägyptischen Knechtschaft zu führen.
Die Gegenüberstellung von Szenen aus altem und neuem Testament entspricht dem gestalterischen Prinzip des Fensters, das der Kölner Dombaumeister Willy Weyres 1958/59 schuf. So findet sich etwa neben der Taufe Christi eine Szene mit der Arche Noah.
Inspiration für gute Vorsätze
Wer noch gute Vorsätze suchen sollte, ist gut beraten, sich die Kirchenbänke genauer anzusehen: Sie stammen aus dem 19. Jahrhundert, und die kunstvoll geschnitzten Wangenköpfe sind wahre Ideengeber. So ist unter anderem ein Honig schleckender Bär als Warnung vor Naschsucht zu sehen und, schlimmer noch, ein Eicheln fressendes Schwein, das sich der sündhaften Völlerei hingebt, ein Wolf im Schafpelz und eine selbstverliebte Eule mit Spiegel.

Ein Schwein schlägt sich auf dem Wangenkopf einer Kirchenbank den Bauch voll.
Copyright: Andreas Helfer
Weihnachtliche Motive finden sich auch in der berühmten staufischen Schatzkammer, deren Grundstock der Kölner Erzbischof und Gründer der Siegburger Abtei Anno II legte, als er seinem Kloster im 11. Jahrhundert wertvolle Reliquien schenkte. Ein Teil seiner eigenen Überreste ist im Annoschrein aufbewahrt, der aus der Werkstatt des Nikolaus von Verdun stammt, der auch den Dreikönigsschrein für den Kölner Dom schuf.
Josef mit mittelalterlichem Judenhut
Der Honoratusschrein zeigt eine Darstellung der Heiligen Familie mit einem interessanten Detail: „Josef trägt einen Judenhut“, stellt Andrea Korte-Böger fest: Die Vorsitzende der Freunde und Förderer des Michaelsbergs und ehemalige Stadtarchivarin bietet Führungen durch die Kammer an. Die spitzen Kopfbedeckungen seien für das Mittelalter typisch gewesen und hätten es so auch auf den Schrein geschafft, der auf das frühe 13. Jahrhundert datiert. Im Verlauf des Jahrhunderts wurde der Judenhut zu einem stigmatisierenden Kennzeichen.
Auch Verkündigung, Christi Geburt, Kreuzigung und Auferstehung finden sich auf dem kleinsten Schrein des Schatzes.Honoratus war ein römischer Bürger, der 426 nach Christus Bischof von Arles in Frankreich wurde.

Weihnachtliches Motiv auf dem Honoratusschrein: Josef trägt einen mittelalterlichen Judenhut.
Copyright: Andreas Helfer
Die Darbringung Christi im Tempel und die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ziert das Kleine Limogesreliquiar, das auf die Zeit von 1220 bis 1230 datiert wird. Limoges galt damals als Zentrum für Arbeiten aus vergoldetem Metall und farbigem Email, wovon das strahlende Blau des Kästchens eine gute Vorstellung gibt. Das Große Limogesreliquiar zeigt die Kreuzigung des Heilands.
Den Besuch wert ist auch die Krippe von St. Servatius: Seit den 1950er Jahren wird sie im linken Seitenschiff der Kirche aufgebaut. Ob es zuvor bereits diese Tradition gab, ist nicht überliefert. Die Figuren mit aufwändigen Gewändern schuf eine Ordensschwester des Klosters der Augustiner Chorfrauen in Essen-Holthausen.

Andrea Korte-Böger bei einer Führung durch die Schatzkammer.
Copyright: Andreas Helfer
Hände und Köpfe bestehen aus Wachs, die auf Korpussen aus Draht befestigt sind. Früher war eine reine Personenkrippe zu sehen. „Schafe für die Hirsten und andere Tiere sind Zutaten aus neuerer Zeit“, so Andrea Korte-Böger. Traditionell ist in der Adventszeit nur eine Zweiergruppe zu sehen, an Heiligabend kommen alle weiteren Figuren hinzu.
Verkündigung, Geburt, Anbetung durch die drei Könige, Darbringung im Tempel, Taufe, Fußwaschung, Kreuzigung und die drei Marien am leeren Grab sind auch auf dem Gregoriusaltar zu sehen, einer prachtvoll vergoldeten Arbeit aus Eichenholz, Kupfer, Bronze, Email und Porphyr, die auf Drachenfüßen ruht. Der mobile Altar war Reliquienkasten zugleich.
Die Öffnungszeiten der Schatzkammer St. Servatius am Kirchplatz sind montags bis freitags von 14 bis 17 Uhr, der Eintritt ist frei. Der Servatiusschatz gilt als „größter und bedeutendste Kirchenschatz aus staufischer Zeit nördlich der Alpen“. Neben den mittelalterlichen Kunstschätzen werden die Reliquien von mehr als 700 heiligen Frauen und Männern aufbewahrt.

