Siegburger KomponistMusikwerkstatt erhält Humperdinck-Manuskript

Lesezeit 3 Minuten
Humperdinck_Manuskript

Christian Ubber, Leiter der Musikwerkstatt, präsentiert die Handschrift am Humperdinck-Flügel im Stadtmuseum.

  • Die Musikwerkstatt hat ein Original-Manuskript eines Humperdinck-Liedes als Geschenk erhalten.
  • Das Manuskript tauchte unverhofft in einem Nachlass auf.
  • Der berühmte Komponist schrieb das Lied in seiner Heimatstadt.

Siegburg – „Oft sinn ich hin und wieder, was treibt mich zu ihr hin. Sind’s ihre süßen Lieder, ist es ihr froher Sinn?“ So beginnt ein Lied von Engelbert Humperdinck, das der 21-Jährige am 3. Juli 1876 komponierte. „Mäßig bewegt“ sollte das Stück in As-Dur gesungen werden, so hat der Student in ordentlicher Handschrift notiert; und wie die Vortragsbezeichnungen sind auch Noten und Text gut lesbar.

Eine Originalhandschrift dieses Liedes ist nun in den Besitz der Musikwerkstatt gelangt, gespendet von Mathias Conrads. Der Wuppertaler hat die beiden Blätter im Nachlass seiner verstorbenen Mutter entdeckt.

Beide bei Krupp beschäftigt

Wie es dorthin gelangte, darüber stellt Christian Ubber als Leiter der Siegburger Musikwerkstatt Vermutungen an: „Der Urgroßvater von Conrads arbeitete im 19. Jahrhundert bei der Firma Krupp in Essen. Dort war 1885 auch Engelbert Humperdinck als musikalischer Gesellschafter beschäftigt.“ Der Komponist verschenkte gern Manuskripte seiner Stücke an Freunde und Bekannte. Womöglich hat die Handschrift nach einer Soiree oder Matinee in der Villa Hügel auf diese Weise den Besitzer gewechselt.

Für die Beschenkten in der Kreisstadt, die sich bei Mathias Conrads mit einer Humperdinck-Biografie bedankten, ist die Handschrift ein kleiner Schatz. „Es hat eine Aura, ohne Zweifel“, so Ubber über das Autograph, das auch auf dem Markt einen „gewissen Wert“ habe.

Als „schwärmerisch und emphatisch“ bezeichnet der Experte den Charakter dieses Liedes im Dreivierteltakt, das „Humperdink“ – wie er selbst seinen Namen schreibt – für Sopran oder Tenor komponierte. Sicher nicht für Amateure, ist doch ein hohes B von der Stimme gefordert.

Humperdinck_Manuskript2

Eine ordentliche Handschrift hatte der Siegburger Komponist, wie das Blatt zeigt. 

Das Datum 4. Juli 1876 auf dem nun übergebenen Autograph verrate, so erklärt Ubber, dass es sich um die Zweitschrift handelt, die Humperdinck aus aufführungstechnischen Gründen anfertigte: Zum Musizieren benötigten Sänger und Pianist jeweils eigenes Notenmaterial.

Die erste Version vom 3. Juli liegt im Archiv der Frankfurter Universitätsbibliothek, zusammen mit 1000 Briefen und 500 Notenhandschriften Humperdincks. „Von der Existenz der Zweitschrift aber war bislang nichts bekannt“, so Ubber. „Für die Interpreten ist es interessant zu erfahren, ob es Varianten oder Ergänzungen gibt.“

Was auffällt in der neu entdeckten Handschrift: Im vierten Takt hat der Komponist im Klaviersatz das mit Tusche geschriebene C durchgestrichen und mit Bleistift ein Des darüber gesetzt. Kleine Korrektur, aber große Wirkung in einem arpeggierten Des-Dur-Akkord, der nun keine große Septime mehr enthält.

Geschrieben hat Humperdinck das Lied übrigens in seiner Heimatstadt, wo er die neuen Stücke in seinem Hausmusik-Kreis erproben konnte. Damals entstanden zahlreiche Lieder aus der Feder des Siegburgers, bewarb sich der junge Mann 1876 doch für den Frankfurter Mozart-Preis. Den gewann er im selben Jahr, und damit waren auch die Geldsorgen des Musikers beendet.

KStA abonnieren