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Auto unterschlagen?Sankt Augustiner sammelt 22 Vorstrafen – „Ich bin kriminell, aber ich lüge nicht“

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Amtsgericht Siegburg

Ein alter Bekannter stand vor dem Amtsgericht Siegburg. Das schenkte seinen Unschuldsbeteuerungen Glauben.

Hat ein 47-Jähriger ein Auto unterschlagen? Der Sankt Augustiner beteuerte vor Gericht seine Unschuld. Im Prozess wurden Pannen offenbart.

Mehr als einmal stand ein vierfacher Familienvater aus Sankt Augustin schon vor dem Siegburger Amtsgericht. So oft, dass eine geradezu gelöste, vertraute Stimmung herrschte im Prozess wegen Unterschlagung. Der 47-Jährige soll einen Mercedes A-Klasse eines Bekannten zu Schrott gefahren, den Wagen anschließend an eine Troisdorfer Autoverwertung veräußert und das Geld einkassiert haben.

„Ich bin kriminell, aber ich lüge Sie nicht an“, beteuerte der Angeklagte seine Unschuld. Richter Ullrich Wilbrand nickte und sagte im Hinblick auf dessen 22, in den vergangenen Jahren angesammelten Vorstrafen: „Sie haben immer alles zugegeben, sogar die Straftaten, die ich gar nicht erwähnt hatte.“

Der angeklagte Sankt Augustiner wollte dem Fahrzeughalter nur helfen

Im aktuellen Fall habe er nur helfen wollen, schilderte der Sankt Augustiner. Im Sommer 2024 habe sein Bekannter sein Fahrzeug, einen roten Benz, einem Dritten zur Verfügung gestellt, weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fahren konnte. Dieser habe einen Auffahrunfall verursacht. So steht es tatsächlich in der Unfallaufnahme, in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wurden schlicht die Namen des Fahrers und des 47-Jährigen vertauscht.

Im Herbst 2024 habe er dem Halter angeboten, die stark beschädigte A-Klasse per Internet-Kleinanzeigen zum Kauf anzubieten. Als sich kein Interessent meldete, habe ihm der Troisdorfer Betrieb 300 Euro für das schrottreife Auto gegeben. Die Summe habe er seinem Bekannten auch ausgehändigt, dieser habe ihm 100 Euro in die Hand gedrückt, für die Auto-Abmeldung und für einen Restaurantbesuch mit der Ehefrau.

Der Halter indes schilderte, er habe einen Erlös von 4000 bis 5000 Euro erzielen wollen. Und plötzlich sei das Auto weg gewesen. Diese Geschichte erzählte er einem Nachbarn, der als Detektiv arbeitet und im November empört Anzeige erstattete. Der Angeklagte kommentierte das in der Hauptverhandlung kopfschüttelnd: „Das Auto war Baujahr 2004 und nicht mehr fahrbereit.“ Er habe vor Jahren den Kauf vermittelt, damaliger Preis: 3500 Euro.    

In dieser Geschichte voller Pleiten und Pannen gab es einen weiteren Pechmoment: Die Staatsanwaltschaft Bonn hatte die Postadresse des Angeklagten falsch notiert, statt dessen Anschrift in Sankt Augustin fand sich die einer Siegburger Rechtsanwaltskanzlei in den Akten. Da der 47-Jährige der Ladung zum ersten Termin, die ihn nicht erreichte, nicht folgte, wurde er festgenommen und saß einige Tage in Haft, bis sich der Irrtum aufklärte.

Das Gericht schenkte seinen Unschuldsbeteuerungen Glauben und stellte das Verfahren ein. Den Saal verließ er als freier Mann, positiv in die Zukunft schauend. Zurzeit lebe er zwar noch von seiner Frau getrennt in einer Obdachlosenunterkunft, konstatierte er, „wir haben uns aber wieder angenähert“. Und in drei Wochen trete er eine neue Arbeitsstelle an: als Fenster- und Türenbauer in der Firma seines Bruders.