Sebastian Schuster (CDU), Sara Zorlu (SPD), Jörn Freynick (FDP) und Michael Otter (BSW) stellten sich den Fragen der Gewerkschafter.
Podiumsdiskussion des DGBIn Troisdorf trafen vier Kandidaten für das Landratsamt aufeinander

Steffi Büttgen (l.), stellvertretende DGB-Kreisvorsitzende, moderierte die Podiumsdiskussion (v.l.): Jörn Freynick (FDP), Sara Zorlu (SPD), Sebastian Schuster (CDU) und Michael Otter (BSW).
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Gestandene Gewerkschafter, die meisten Betriebsräte, waren in das Oberlarer Schützenheim an der Schützenstraße gekommen. Eingebettet in die Delegiertenversammlung der IG Metall hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg zur Podiumsdiskussion mit drei Kandidaten und einer Kandidatin für das Landratsamt eingeladen. Es war das erste Aufeinandertreffen der Herausforderer und des Amtsinhabers.
Die derzeitige Stellvertreterin und designierte Vorsitzende des DGB Bonn/Rhein-Sieg, Steffi Büttgen, hatte die Moderation übernommen und stellte klar, dass die Veranstalter nur demokratische Parteien eingeladen hätten und die AfD deshalb außen vor geblieben sei. Ihr Publikum quittierte das mit viel Applaus.
Die Diskussion knüpfte an ein ähnliches Format zur Bundestagswahl an
Grundlage für die Diskussion waren die Forderungen des DGB zu den Kommunalwahlen 2025. IG Metall-Geschäftsführer Michael Korsmeier betonte, dass Kommunalpolitik noch näher dran sei an den Menschen und wollte die Veranstaltung als Anknüpfen an ein ähnliches Format zur vergangenen Bundestagswahl verstanden wissen.
„Was wollen Sie zuerst anpacken?“ fragte Büttgen in die Runde. Sara Zorlu, SPD-Politikerin und Unternehmerin aus Eitorf, zögerte nicht lang. Sie will den zweigleisigen Ausbau der Siegtalstrecke wieder angehen, denn das Geld stehe bereit. Sie möchte als erste Landrätin überhaupt dem Rhein-Sieg-Kreis eine starke Stimme geben und mit den zuständigen Stellen sprechen.

Der ZF-Betriebsratsvorsitzende Heiko Höfer sprach Landrat Sebastian Schuster an, warum er die ZF-Mitarbeiter noch nicht kontaktiert habe.
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Jörn Freynick, Kandidat der FDP, möchte sich enger mit Bonn abstimmen, etwa bei der Autobahnsanierung und den Arbeiten auf der Nordbrücke. Die Wirtschaft steht still, zeichnete er in dramatisches Bild, das koste Lebens- und Arbeitszeit. Auch Michael Otter (BSW) hob auf die Verkehrsprobleme ab, für ihn steht aber auch die Gesundheitsversorgung ganz oben auf der Agenda.
Amtsinhaber Sebastian Schuster (CDU) griff beide Themen auf und will ebenfalls die kommunale Zusammenarbeit verbessern, in dem er auf Bonn zugehen möchte: „Da ist noch Luft nach oben.“ Gute Arbeit, faires Gehalt und Tarifverträge wollten alle vier. Wobei Freynick zunächst die Wirtschaftsbetriebe ansprechen wird. „Der Kreis sollte gutes Vorbild sein.“ Zorlu bekannte sich zur Gewerkschaftsforderung Tariftreuegesetz: „Ich werde mich dafür einsetzen.“
Otter sieht Nachholbedarf beim Kreis, insbesondere im Rettungsdienst. Da wünscht er sich eigenes Personal. Schuster ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht mit dem Tarifrecht vertraut und möchte so viele Tarifverträge wie möglich abschließen. „Wir halten uns an Tarifverträge, wenn wir von Tarifverstößen erfahren, gehen wir dagegen vor.“
Viel Diskussionspotenzial lieferte das Thema Industrie in der Region. Otter möchte als Landrat Flächen für Unternehmen schaffen, durch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit, und die Verkehrsanbindung optimieren. Schuster sieht den Kreis vor allem geprägt durch mittelständische Unternehmen und Dienstleister, die Region sei nicht so gefährdet wie urbanere Industriestandorte. Den zweigleisigen Anbau der Siegtalstrecke will er aufgreifen und die Bildungslandschaft stärken. So solle das Troisdorfer Berufskolleg für 200 Millionen Euro saniert werden.
Das Publikum diskutierte eifrig mit den vier Landratskandidaten
„Wir müssen Industrie hier halten“, forderte Zorlu, „Kommunalpolitik ist Industriepolitik.“ Bessere Planungspolitik und Flächen- sowie Verkehrserschließung sind die Punkte, die Freynick angehen will. Heiko Höfer, Betriebsratsvorsitzender von ZF in Eitorf, fragte den Landrat, warum er sich bis heute nicht bei den Arbeitnehmern gemeldet habe. Überhaupt diskutierte das Publikum eifrig mit, stellte immer wieder Fragen, zum Beispiel zum sozialen Wohnungsbau, zur Arbeit des Ausländeramts, zur Bildungspolitik.
Nicht alle Entscheidungen, da war sich das Quartett einig, liegen beim Kreis, vieles wird von Land und Bund auferlegt und muss kommunal umgesetzt werden, Schule gehört dazu. Billigen Wohnraum wollen alle schaffen. Und natürlich mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten, so Freynick. Zorlu teilt das kommunalpolitische Programm des DGB, Otter will als Landrat gewerkschaftliche Positionen einbringen, Schuster äußerte sich zur Zusammenarbeit nicht explizit. Wäre ein Applausometer ein Wahlbarometer, wäre die Kandidatin Zorlu Siegerin des Abends.