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Grüne in TroisdorfBrandmauer eingerissen? – Kritik an Abstimmung der CDU mit AfD

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In der ersten Troisdorfer Ratssitzung zur neuen Wahlperiode stieß das Abstimmungsverhalten der größten Fraktion auf Kritik. (Archivbild)

In der ersten Troisdorfer Ratssitzung zur neuen Wahlperiode stieß das Abstimmungsverhalten der größten Fraktion auf Kritik. (Archivbild)

„Als bedenklich“ bezeichnen es die Grünen, dass die CDU auf Mehrheiten mit der AfD gesetzt haben soll, obwohl es andere Möglichkeiten gegeben habe.

Hat die CDU die „AfD-Brandmauer abgerissen?“ Diese Frage stellen die Troisdorfer Grünen nach der konstituierenden Sitzung des neuen Rats und wenden sich in einem offenen Brief an alle Troisdorferinnen und Troisdorfer, insbesondere solche mit CDU-Parteibuch: In einer beunruhigenden Entwicklung hätten CDU und AfD in der Sitzung mit Unterstützung von FDP und Regenbogen „eine stabile Mehrheit gebildet“. Unter anderem wurde, wie berichtet, die Zahl der Ausschussmitglieder auf 13 reduziert.

„Die gemeinsamen Abstimmungen mit der AfD fanden unter Ausschluss der übrigen demokratischen Kräfte und ohne Not statt“, schreibt der Grünen-Parteivorsitzende Erkan Zorlu. Die CDU hätte, argumentiert Zorlu, mit der SPD eine Große Koalition oder mit den Grünen und FDP eine Jamaika-Koalition eingehen können. „Es gab und gibt also sogar zwei Möglichkeiten, mit demokratischen Kräften eine stabile Mehrheit zu bilden.“

Grüne wollen Bereitschaft zu demokratischer Mehrheit signalisiert haben

Grüne und SPD hätten dazu Bereitschaft signalisiert, doch weder der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Herrmann noch der Parteichef und Bürgermeister Alexander Biber seien dazu bereit gewesen. Stattdessen hätten sie auf gemeinsame Mehrheiten mit AfD, FDP und Regenbogen gesetzt.

„Wir Grünen empfinden dies als bedenklich“, schreibt Zorlu. Es gebe aktuell keine Bereitschaft bei der CDU, mit den demokratischen Kräften zu einer stabilen Vereinbarung zu kommen.  „Wir haben uns daher entschieden, in die Öffentlichkeit zu gehen, um Sie als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu informieren, die sich einst rühmen konnte, tolerant und weltoffen zu sein, die zum Beispiel den ersten Ausländerbeirat der Bundesrepublik gründete.“

Bürgermeister Alexander Biber wirft Vorwürfe zurück

Insbesondere CDU-Wähler und -Wählerinnen sollten jetzt mit Stadtverordneten, stellvertretenden Bürgermeistern und Ortsvorstehern, die mit AfD-Stimmen gewählt wurden, in den Dialog gehen und fragen: „Warum hat die CDU Troisdorf tragfähige Vereinbarungen mit den Demokraten in der Stadt noch nicht einmal ernsthaft gesucht?“ Ihr Gesprächsangebot an die CDU erneuere seine Partei, betont Zorlu.

Bürgermeister Alexander Biber weist die Vorwürfe auf Anfrage der Redaktion zurück. „In einem offenen Brief wurde behauptet, ich hätte eine Zusammenarbeit mit der AfD angekündigt und Gespräche mit den übrigen Fraktionen verweigert. Beides ist unzutreffend“, äußert sich Biber, der auch CDU-Parteivorsitzender ist. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine Zusammenarbeit mit der AfD angestrebt, und es gebe keine Zusammenarbeit mit der AfD.

Nach der Wahl habe es persönliche Gespräche mit den Grünen sowie Gespräche auf Fraktionsebene gegeben. „Dass daraus keine dauerhafte Grundlage für eine Vereinbarung entstanden ist, bedeutet nicht, dass Gespräche verweigert wurden, sondern dass keine gemeinsame inhaltliche Basis gefunden wurde.“

Substanziell haben keine Gespräche stattgefunden.
Thomas Möws, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Troisdorf

Die Fraktionen träfen die Entscheidungen zur Mehrheitsbildung im Rat, so Biber weiter. „Als CDU stehen wir für eine sachorientierte Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg. Gute Vorschläge sind willkommen und können jederzeit Mehrheiten finden.“

Als tatsächliche Gespräche sieht der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Thomas Möws, den Austausch mit der CDU vor der konstituierenden Sitzung nicht. Es habe Austauschangebote und Austauschwünsche zwischen den beiden Fraktionen gegeben, diese seien jedoch abgelehnt worden, erklärt Thomas Möws auf Anfrage der Redaktion. „Substanziell haben keine Gespräche stattgefunden“, bekräftigt er. Für ihn sei es nach wie vor erschreckend, wie selbstverständlich die Mehrheitsfindung mit der AfD abgelaufen sei. Er glaube nicht an Zufallsmehrheiten.

Abstimmungsverhalten zwischen CDU, AfD und FDP/UWG-Regenbogen nicht abgesprochen

Ihm sei bekannt, dass es vor der konstituierenden Sitzung inhaltliche Gespräche zwischen CDU und FDP gegeben habe, so Möws weiter. Und er gehe davon aus, dass auch mit der AfD gesprochen worden sei. 

Die AfD-Fraktion verneinte dies auf Anfrage der Redaktion: „Im Vorfeld der konstituierenden Sitzung hat es keinerlei Absprachen zwischen der AfD und anderen Parteien gegeben“, erklärte der AfD-Fraktionsvorsitzende Frank Bigalke. 

Die Fraktion habe im Vorfeld der konstituierenden Sitzung mit mehreren Parteien „informative Gespräche geführt. Diese Möglichkeit des Austauschs haben wir allen Fraktionen wiederholt angeboten“. Demnach fanden unter anderem Gespräche mit der FDP und Wilhelm Jansen vom BSW statt. „SPD und Grüne haben von unserem Gesprächsangebot hingegen keinen Gebrauch gemacht beziehungsweise es kategorisch abgelehnt.“ Es sei allerdings selbstverständlich, dass die AfD mehr inhaltlich mit der CDU übereinstimme als mit SPD, Grünen oder Linken, so Bigalke.

SPD-Fraktion weiter für demokratische Gespräche offen

Die SPD-Fraktion betonte auf Anfrage der Redaktion, wie die Grünen auch, weiterhin für demokratische Gespräche im Rat zur Verfügung zu stehen. Man habe im Vorfeld der Sitzung Gespräche mit der CDU geführt, diese seien jedoch nicht zielführend gewesen. Auch trotz der mehrfachen Überstimmung im Rat könne das aber nicht bedeuten, dass man die Gespräche nun einstelle, machte der Fraktionsvorsitzende René Wirtz deutlich.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD habe es nicht gegeben, betont die Fraktion FDP/UWG-Regenbogen ihrerseits. „Die im offenen Brief der Grünen suggerierte Kooperation mit der AfD hat es nicht gegeben. Es gab weder Gespräche noch Absprachen noch gemeinsame Anträge“, sagte der Fraktionsvorsitzende Tobias Kollmorgen auf Anfrage. Die Fraktion habe vor der Sitzung informelle Gespräche mit der CDU, SPD, den Grünen, BSW und der Linkspartei geführt, um sich kennenzulernen und „inhaltliche Schwerpunkte für die neue Ratsperiode zu erfahren“.

Die Entscheidungen der Fraktion in der konstituierenden Ratssitzung hätten demnach auf inhaltlicher Übereinstimmung mit dem zuvor veröffentlichten Arbeitsprogramm der FDP/UWG-Fraktion für die kommenden fünf Jahre beruht.