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Rhein-Sieg-KreisPolizei schnappt über 104 Raser vor Schulen und Kitas

Lesezeit 4 Minuten
Ein Polizist misst mit einer Laserpistole die Geschwindigkeit von Fahrzeugen, die an der Kastanienschule vorbeifuhren.

Ein Polizist misst mit einer Laserpistole die Geschwindigkeit von Fahrzeugen, die an der Kastanienschule vorbeifuhren.

Die Kreispolizei Rhein-Sieg machte mit bei einer länderübergreifenden Verkehrsssicherheitsaktion, unterstützt von der Deutschen Verkehrswacht Rhein-Sieg und der Bundespolizei.

Der Anlass ist ein durchaus trauriger und ernstzunehmender dazu. Denn die Zahl der verunglückten und bei Unfällen verletzten Kindern im Straßenverkehr im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis stieg von 2023 auf 2024 um knapp zehn Prozent. Beim Abbiegen, durch Ablenkung, etwa durch Handynutzung, und zu hohe Geschwindigkeit werden die meisten dieser Unfälle verursacht.

Genau drauf zielten die Kontrollen bei der länderübergreifenden Verkehrssicherheitsaktion „sicher.mobil.leben“ am Dienstag (3. Juni) ab. Die Einsatzleiterin, Polizeihauptkommissarin Nina Wick, konnte neben eigenen Kräften aus Verkehrsdienst und den Wachen auf die Unterstüzung durch die Bundespolizei und die Deutsche Verkehrswacht Rhein-Sieg zählen. Insbesondere zwei Schwerpunkte setzte sie: Kontrollen, vor allem im Bereich von Schulen, und Prävention auf dem Siegburger Marktplatz.

Neben Tempoverstößen ahndeten die Beamten fehlende Kindersicherungen

An mehrfach wechselnden Orten überprüften kleinere Teams die unterschiedlichen Aspekte, von den Sicherungssysteme für Schülerinnen und Schüler über das Telefon am Ohr bis hin zu Lasermessungen. Wick schaute sich unter anderem die Kontrollstelle in Hennef-Söven vor der Kastanienschule an. Dort konnte sie ihre Kolleginnen und Kollegen gleich unterstützen. Kaum angekommen, half sie bei der Aufnahme eines Temposünders, der satte 27 Stundenkilometer zu schnell war. Bei erlaubtem Tempo 30 zeigte das Messgerät 57 Stundenkilometer an.

Schon am Morgen waren die ersten Kontrollen gelaufen. Der Fokus lag dort bei der Parksituation. „Die Elterntaxis sind ein echtes Problem“, erklärte Wick. Das zeigte sich auch an der Hanftalschule, wo die Fahrzeuge der eiligen Väter und Mütter die Busfahrspur blockierten. In Söven stoppten Beamte ein Auto und entdeckten ein Kind, das ohne irgendeine Sicherung im Fahrzeug saß.

Eine Polizistin winkt einen Autofahrer auf einen Parkplatz heraus, der zu schnell unterwegs war.

Eine Polizistin winkt einen Autofahrer auf einen Parkplatz heraus, der zu schnell unterwegs war.

Auch wenn es um die Mittagszeit etwas ruhiger wurde, erscholl von dem Polizisten an der Laserpistole immer wieder eine Zahl: „54“, „57“, „48“. Die anderen aus Team traten dann auf die Straße und zogen die Wagen nach rechts oder links auf die angrenzenden Parkplätze an der Kastanienschule. Spitzenreiter war ein Fahrer, der mit 66 Stundenkilometer gemessen wurde, drei werden noch einmal abgezogen, so dass vorwerfbar 33 übrig blieben. Das könnte teuer werden, ein Bußgeld von 260 Euro droht, dazu zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.

Eine Autofahrerin, die 70 Euro zahlen musste, beschwerte sich über die Preise. Nach kurzer Diskussion zog der Polizist ein Argument aus dem Ärmel, dass sie verstummen ließ: Bei Tempo 30 hätte ein Kind bei einem Unfall überlebt, bei Tempo 48 wäre es vermutlich gestorben. Diese Worte hörten einige Kontrollierte, offensichtlich kam dieser Schockmoment bei einigen an. Wie nachhaltig das wirkt, wird sich zeigen.

Zünftig ging es zu bei einem Radfahrer, der auf dem Radweg zwischen Siegburg und Sankt Augustin in entgegengesetzter Richtung unterwegs war. Als Beamte anhalten wollten, reagierte er aggressiv. Er riss seinen Arm los, an dem er festgehalten werden sollte, ein Polizist hielt schließlich sein Rad am Gepäckträger fest. Auch in Siegburg, Lohmar und Sankt Augustin agierten die kleinen Gruppen flexibel, wechselten ihren Standort häufiger. Denn nach einiger Zeit hatte sich herumgesprochen, dass gelasert wird und die Polizei ein wachsames Auge auf die Hauptunfallursachen hat.

Am Ende gab es zwei Fahrverbote, eine Fahrerin hatte keine gültige Fahrerlaubnis, ihr Kind war nicht angeschnallt. Insgesamt gab es neun fehlende Sicherungen, dazu zwölf falsche. 104 Geschwindigkeitsverstöße wurden an den 17 Kontrollstellen registriert, gut 300 Fahrzeuge vor Schulen und Kindertagesstätten angehalten, viele Fahrer wurden mit dem Handy am Ohr erwischt.

Die komplette Fläche der ausgelegten Plane ist im Rückspiegel des Lastwagens nicht zu sehen - der tote Winkel.

Die komplette Fläche der ausgelegten Plane ist im Rückspiegel des Lastwagens nicht zu sehen - der tote Winkel.

Neben den repressiven Maßnahmen setzte die Aktion auf Prävention. Die Bundespolizei hatte einen großen Lastwagen vorbeigebracht, um die Ausmaße des toten Winkels erlebbar zu demonstrieren. Die dreieckige Plastikplane, die in dem Bereich ausgelegt war, bot Platz für eine halbe Schulklasse. Interessierte konnten sich ins Führerhaus setzen, die Fläche und die Menschen darauf konnten sie im Seitenspiegel schlichtweg nicht sehen. Immer wieder geraten gerade Radfahrer so in lebensgefährliche Situationen, wenn sie neben Transporter fahren und der abbiegt.

Auf einem Fahrradsimulator konnten gefährliche Situationen erlebt werden

In den Aufsteller unter dem aufgefalteten Pavillon standen Spezialisten bereit, um neben dem toten Winkel über die Folgen der Ablenkung durch Handys zu informieren. Sie verteilten fleißig Broschüren an die Menschen, die vorbei schauten und neugierig nachfragten. Ein Beamter ging auf Bitte zu einer Frau in einem Café, die wegen einer Operation im Rollstuhl saß und schlecht zu dem Infostand kam.

Die Deutsche Verkehrswacht Rhein-Sieg hatte einiges aufgefahren, um „sicher.mobil.leben“ voran zu bringen. Auf dem Fahrradsimulator konnten Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen verschiedene gefährliche Situationen erleben und Reaktionen testen. Außerdem konnte, wer wollte, ein Hör- und Sehtest machen.