In Kerpen betrifft die Wahlpanne etwa 1,5 Prozent der Briefwähler zur Stichwahl. Auch Frechen, Brühl und Pulheim sind betroffen.
WahlpanneBriefwahlunterlagen in mehreren Städten in Rhein-Erft verloren gegangen

Briefwähler, die ihre Wahlunterlagen nicht erhalten haben, dürfen nicht unter Vorlage des Personalausweises vor Ort wählen.
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In mehreren Kommunen im Rhein-Erft-Kreis ist es zu teils massiven Problemen bei der Zustellung von Briefwahlunterlagen gekommen. Wie Kreissprecher Thomas Schweinsburg berichtet, seien davon die Städte Kerpen, Brühl und Frechen betroffen. Auch in Pulheim kam es zu Komplikationen.
So haben in Kerpen etwa laut Thomas Marner, dem Ersten und Technischen Beigeordneten der Kolpingstadt, am Sonntag gegen 13 Uhr 1,5 Prozent der Briefwähler ihre Unterlagen nicht erhalten. „Es ist durchaus möglich, dass diese Zahl noch steigt. Ich rechne mit einem niedrigen einstelligen Prozentsatz.“
Rhein-Erft: Laut Städten liegt das Problem bei der Post
Ihm zufolge liegt das Problem aber nicht bei der Stadt, sondern bei der Post. „Wir haben dokumentiert, dass wir die Unterlagen ordnungsgemäß zur Post gebracht haben. Erst danach sind die Briefwahlunterlagen verloren gegangen.“ Aus seiner Sicht sei das absolut inakzeptabel. „Sie können davon ausgehen, dass ich Kreis und Land davon berichten werde und auch, dass ich bei der nächsten Wahl über Alternativen bei der Zustellung nachdenke“, führt er aus.
In Kerpen haben laut Marner 11.800 Menschen Briefwahl beantragt. Gegen 13 Uhr liegen am Tag der Stichwahl 8.600 der per Briefwahl ausgefüllten Stimmzettel wieder im Rathaus. Der Rücklauf liege bisher etwa bei 75 Prozent. Dass die Hälfte aller Briefwähler in Kerpen bei dieser Stichwahl also nicht wählen könnten, wie es zeitweise etwa in den Sozialen Netzwerken hieß, sei nicht zutreffend.
„Diese Situation ist sehr ärgerlich und bedauerlich“, gibt Marner zu verstehen: „Denn jetzt kann ich dieses Problem nicht mehr reparieren. Uns lagen diese Informationen über die Probleme bei der Post erst seit heute Morgen vor. Nun ist es zu spät. Bürgerinnen und Bürger, die ihre Briefwahlunterlagen nicht erhalten haben, können auch nicht unter Vorlage des Personalausweises an der Urne wählen.“
Denn damit könne man riskieren, dass Stimmen doppelt abgegeben werden. In seltenen Ausnahmefällen, etwa mit einer schriftlichen Dokumentation eines unvorhergesehenen gesundheitlichen Notfalls, der eine Vorsprache bei der Stadt vor dem eigentlichen Wahltermin unmöglich mache, sei die Wahl mit dem Personalausweis am Wahlsonntag möglich, sagt Marner.
Post will sich am Sonntag nicht zu den Vorwürfen äußern
Mit Klagen aus der Bevölkerung rechne er nicht, da die Stadt aus seiner Sicht keinen Fehler gemacht und die Unterlagen rechtzeitig zur Post gebracht habe. Ob eine Wiederholung der Stichwahl notwendig sei, sei vor allem vom Ergebnis abhängig. Sowohl der Stimmabstand zwischen den beiden Kandidaten Thomas Jurczyk (SPD) und Harald Stingl (CDU) sei hier ausschlaggebend, als auch die Zahl der betroffenen Briefwähler. Sollte zwischen beiden Kandidaten etwa ein Abstand von nur wenigen Stimmen liegen, so sei eine Wiederholung wahrscheinlicher.
Sollten hingegen viele Stimmen zwischen den Kandidaten liegen und viele Briefwähler von der Wahlpanne betroffen seien, sei es relativ gesehen unwahrscheinlicher, dass sich etwa alle dieser Wähler für den einen oder den anderen Kandidaten aussprechen – damit sei auch eine Wiederholung der Stichwahl unwahrscheinlicher.
Die zentrale Pressestelle der Deutschen Post möchte am Sonntag keine Stellung zu den Vorwürfen beziehen. Ein Sprecher sagt lediglich: „Falls das so stimmen sollte, werden wir etwaige Fehler im Nachgang prüfen.“
Kreissprecher Schweinsburg betont zudem, dass die Verantwortung in der Aufklärung dieser Angelegenheit bei den Kommunen liege. „Wir unterstützen dabei aber natürlich“, ergänzt er. Als zuständige Aufsichtsbehörde müsse der Kreis erst eingreifen, „wenn grobe Verstöße festgestellt werden“. Das sei jetzt aber noch nicht der Fall.
Städte sehen die Verantwortung bei der Post
Ihm zufolge sind die Probleme bei der Briefwahl besonders gravierend in Brühl. Die Pressestelle der Stadt teilt dazu mit: „Die Wahlorganisation der Stadt Brühl erreichen aktuell viele Anrufe und E-Mails dahingehend, dass Personen, die am heutigen Sonntag in ihrem Wahllokal wählen wollten, vom dortigen Personal weggeschickt worden sind und keine Stimmen abgeben konnten.“ Dabei handele es sich, wie etwa auch in Kerpen, um Wähler, die keine Briefwahlunterlagen erhalten, nun aber im Wählerverzeichnis mit einem Sperrvermerk eingetragen sind.
Die Stadt Brühl macht deutlich, dass sie am Wahlsonntag keine Wahlscheine mehr ausstellt. „Für Personen, die keinen gültigen Wahlschein haben und im Wählerverzeichnis einen Sperrvermerk haben, besteht heute somit keine Möglichkeit einer Stimmabgabe zur Stichwahl der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters und der Landrätin/des Landrats“, heißt es.
Die Verantwortung sieht auch die Stadt Brühl bei der Post. „Obwohl die Briefwahlunterlagen so schnell wie möglich zusammengestellt und rausgeschickt worden sind, stellte sich bereits Mitte dieser Woche heraus, dass viele Personen die Briefwahl beantragt haben, ihre Unterlagen noch nicht durch die Post erhalten haben.“ Die Stadtverwaltung informierte online entsprechend über Alternativen, um die Stimme dennoch abzugeben.
In den sozialen Netzwerken hatten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus den betroffenen Städten beschwert. Auch in der Redaktion gingen zahlreiche besorgte Schreiben ein. Bürger berichten, dass mehrere Wähler aus den Wahlbüros weggeschickt worden seien, weil sie versuchten, nur mit ihrem Personalausweis zu wählen. Bereits vor dem ersten Wahldurchgang hatten sich etwa in Kerpen Bürger beschwert, dass ihre Briefwahlunterlagen nicht ankamen. Die Post hatte gegenüber der Redaktion eingeräumt, dass vereinzelte Briefwahlsendungen sich verspätet hatten wegen personeller Engpässe und des Starkregens.
Ärger auch in Pulheim
Auch bei Wählerinnen und Wählern in Pulheim waren die Enttäuschung und auch die Wut groß. Viele mussten am Wahlsonntag unverrichteter Dinge das Wahllokal verlassen, ohne ihre Stimme abgegeben zu haben. Die Stadt Pulheim hatte im Verlauf der Woche darüber informiert, dass es bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen zu Problemen gekommen sein. Die Stimmabgabe dort war, anders als in anderen Städten, im Rathaus aber nur bis Freitag möglich.
Eine Rathaussprecherin bestätigte die Vorkommnisse. Sie spricht von „vereinzelten Fällen“. Die Bürgerinnen und Bürger seien ans Wahlbüro im Rathaus verwiesen, um die Einzelfälle zu prüfen. Noch bis Freitag um 15 Uhr sei das Wahlbüro geöffnet gewesen. Zudem sei es am Samstag bis 12 Uhr und telefonisch zu erreichen gewesen.
Dumm gelaufen oder vielleicht sogar gewollt
Die Sprecherin verweist auch darauf, dass das Wahlbüro bereits seit Donnerstag, 18. September, geöffnet gewesen sei, „um frühzeitig den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit zu geben, Briefwahl persönlich im Wahlbüro vorzunehmen“.
Der parteilose Bürgermeisterkandidat Partrick Gartmann kritisiert, dass etliche Briefwähler in Pulheim ihre Stimme nicht abgeben durften: „Dumm gelaufen oder vielleicht sogar gewollt. Es geht hier um die Briefwähler, die ihre Unterlagen nicht erhalten haben und heute wählen wollen, weil sie schließlich berufstätig sind. Die nicht berufstätigen Menschen konnten die ganze Woche im Rathaus wählen gehen. Mal sehen, was noch kommt. Daher ein Fehler der Verwaltung, was Konsequenzen haben muss.“