Berlins tödliche TrödeleiDie Warnung per Cellbroadcasting kommt zu spät

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Rettungskräfte in den Flutgebieten sind vielfach am Ende ihrer Kräfte.

Plötzlich soll es schnell gehen: Bundesinnenminister Horst Seehofer habe „im Prinzip schon entschieden, dass die Warnung per Cellbroadcasting kommt", verriet der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz, Armin Schuster, am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“.

„Schon entschieden“? Dit is Berlin. Nach jahrelanger Trödelei an dieser Stelle strotzen jetzt alle vor Dynamik und Tatkraft – so viel Sarkasmus kann man sich nicht ausdenken. Seehofer hat sich in Wahrheit nie ernsthaft gekümmert um die Umsetzung einer – in Deutschland weithin unbekannt gebliebenen – EU-Vorschrift zu einem „öffentlichen Warnsystem“. Nach Artikel 110 der vor drei Jahren beschlossenen EU-Richtlinie 2018/1972 müssen die EU-Staaten bis Juni 2022 Mobiltelefonnetze zur Schaffung neuer Warnsysteme nutzen. Ziel ist ein europaweites System namens „EU Alert“.

Aus den USA, aus Japan, aus Israel weiß man: Wirklich effektiv ist nur Cellbroadcasting (CB). Warn-Apps erreichen nur eine Minderheit, CB erreicht jeden Nutzer. Warn-Apps lassen sich stummschalten, CB durchbricht mit schrillen Warntönen individuelle Einstellungen. Kurzum: Cellbroadcasting ist die digitale Sirene des 21. Jahrhunderts.

In Deutschland fehlte diese Sirene. Und so starben allein im rheinland-pfälzischen Ahrtal 128 Menschen, weil Dorfbäche anschwollen. Seufzend verweisen deutsche Regierende auf den Klimawandel und sprechen salbungsvoll von einer „menschengemachten Katastrophe“. Menschengemacht ist die Katastrophe in der Tat, aber in viel banalerer Weise. In den Niederlanden trieb das moderne CB-System „NL Alert“ entlang der Maas Tausende rechtzeitig aus ihren Häusern. Bilanz trotz hoher Sachschäden: null Tote, null Verletzte.

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