Vor wenigen Wochen noch hatte der Präsident den neuen New Yorker Bürgermeister als „durchgeknallten Marxisten“ beschimpft und der Metropole den Untergang vorhergesagt.
Bizarre Szenen im Oval OfficeTrumps neuer Musk heißt Mamdani

US-Präsident Donald Trump (r) und der gewählte Bürgermeister von New York City, Zohran Mamdani, treffen sich im Oval Office des Weißen Hauses.
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Die beiden Männer haben schon ein paar Minuten Freundlichkeiten ausgetauscht, als eine Frage die ungewöhnlich entspannte Stimmung im Weißen Haus doch noch zu stören droht. „Denken Sie immer noch, dass Präsident Trump ein Faschist ist?“, will eine Reporterin vom neuen New Yorker Bürgermeister Zohran Mamdani wissen. „Ich habe darüber gesprochen...“, setzt dieser zu einer ausweichenden Antwort an, als ihm Trump lachend auf den Arm klopft: „Ist schon okay: Sagen Sie es einfach... ist mir egal!“ Mamdani wirkt verdutzt. „Okay“, antwortete er.
Im Oval Office, jenem mit goldenem Tand zur barocken Kulisse eines narzisstischen Selbstdarstellers umgestalteten Präsidentenbüro, hat man in den vergangenen Monaten viele erstaunliche Inszenierungen gesehen. Doch der überschwänglich herzliche Empfang des rechtspopulistischen Hausherrn für den linken Polit-Star stellt alle früheren Überraschungscoups in dem Schatten.
Trump und Mamdani haben sich wochenlang scharf attackiert
Wochenlang hatten sich Trump und Mamdani gegenseitig scharf attackiert. Der 34-Jährige Newcomer nannte den Präsidenten einen „Despoten“ und versprach, „sein schlimmster Albtraum“ zu werden. Trump wiederum beschimpfte den in Uganda geborenen Sohn indischer Eltern als „durchgeknallten Marxisten“ und drohte, der Metropole New York bei seiner Wahl den Geldhahn zuzudrehen: Die „einst so großartige Stadt“ werde „keine Chance auf Erfolg oder auch nur zum Überleben“ habe.
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US-Präsident Donald Trump (r) und der gewählte Bürgermeister von New York City, Zohran Mamdani, gaben sich im Oval Office überraschend charmant.
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Und nun das: „Ich bin sehr sicher, dass er einen großartigen Job machen wird“, versichert der Präsident nach einem gut halbstündigen vertraulichen Gespräch mit dem Bürgermeister. Die übliche Pressebegegnung zu Beginn, bei der im Februar der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj öffentlich niedergemacht wurde und sich seither Regierungschefs aus aller Herren Länder mit peinlichen Schmeicheleien zu Würstchen machen, hat er Mamdami erspart. Dieses Mal soll es nicht Brot und Spiele geben. Dieses Mal ist eine Sieger-Show geplant: „Er wird viele Leute überraschen“, sagt Trump voraus.
Die Anhänger des Präsidenten dürften die Szenen vor dem Fernsehen mit offenem Mund verfolgen. „Bitte nehmen Sie ihn fest und schicken ihn nach Venezuela!“ oder „Vernichten Sie den kommunistischen Abschaum“, hatten sie auf dem Propagandakanal „Truth Social“ am Vortag die Nachricht von der bevorstehenden Begegnung kommentiert. Viele rieten dem Präsidenten, den „Dschihadisten“ unbedingt auf Waffen untersuchen zu lassen oder empfahlen sarkastisch, dem Muslim „Bratwurst und Alkohol“ zu servieren.
Donald Trump plötzlich versöhnlich: „Viele von meinen Wählern haben für ihn gestimmt“
Stattdessen behandelt Trump den Mann, der sich selber einen „demokratischen Sozialisten“ nennt, wie einen Blutsbruder. „Viele von meinen Wählern haben für ihn gestimmt“, sagt der Präsident, der seine Anhänger ausdrücklich aufgefordert hatte, für Mamdanis Gegenkandidaten Andrew Cuomo zu votieren. Doch Cuomo war grandios abgestürzt. Trotz der geballten Unterstützung des Präsidenten, der Wall Street und des liberalen Establishments holte der Ex-Gouverneur gerade einmal 41 Prozent der Stimmen. Mamdani hingegen, den vor ein paar Monaten kaum jemand kannte, holte mit einer Rekord-Mobilisierung bei einer Bürgermeisterwahl eine Million Stimmen - ein Fünftel mehr als Trump bei der letzten Präsidentschaftswahl in New York.
Trump kann Verlierer nicht ausstehen. Er will bei den Siegern sein. Und er kann gerade etwas Glanz gut gebrauchen: Seine Umfrageergebnisse befinden sich im Keller, beim bevorstehenden Thanksgiving-Fest droht den Amerikanern ein Preisschock, im Dezember könnten die Epstein-Akten veröffentlicht werden. Also spielt der 79-Jährige seinen ganzen Charme aus und sonnt sich im Glanz des vergleichsweise jugendlichen Shooting-Star, der wie einst der Milliardär Elon Musk neben ihm am Schreibtisch steht.
So herzlich geht es zu an diesem Freitagnachmittag, dass man fast das Gefühl hat, Trump wolle seinen politischen Erben präsentieren. „Ach, er wird sich noch ändern. Wir alle ändern uns. Ich habe mich auch geändert“, bügelt er kritische Fragen an seinen Gast ab. Der ist die Strecke von New York nach Washington, die mit dem Acela-Schnellzug in drei Stunden zu bewältigen ist, mal eben geflogen, was bei einigen Reportern zur Verwunderung führt. „Es geht viel schneller. Der Mann hat viel zu tun“, unterbindet Trump jeden Anflug von Kritik.
Mamdani entschied sich von Anfang an, in der Trump-Show mitzuspielen
Ein amerikanischer Präsident - zumal ein Möchtegernautokrat - ist mächtig: Er kann Städte mit seinen Truppen tyrannisieren oder ihnen den Geldhahn zudrehen. Wohl deshalb hat sich Mamdani von Anfang an entschieden, in der Trump-Show mitzuspielen. Beide Politiker wüssten , dass sie in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung seien, sagt er zu Beginn: „Deshalb haben wir uns auf das konzentriert, wo es Gemeinsamkeiten gibt.“ Das seien vor allem der Kampf gegen die Inflation und für bezahlbaren Wohnraum. Trump nennt auch die Bekämpfung der Kriminalität. Mamdani, der versprochen hat, die New Yorker vor den Häschern der Abschiebepolizei ICE zu schützen, widerspricht nicht.
Umgekehrt scheint den Präsidenten plötzlich nicht mehr zu stören, dass der Sozialist im Wahlkampf kostenlose Stadtbusse, kostenlose Kinderbetreuung und staatlich betriebene, subventionierte Supermärkte in Aussicht gestellt hatte - alles finanziert durch Steuererhöhungen für Wohlhabende. „Ich bin gegen die gescheiterte Politik der Vergangenheit angetreten“, sagt Mamdani einmal. Da nickt Trump heftig. Der linke und der rechte Populismus haben Schnittmengen: „Einige seiner Ideen decken sich mit meinen“, verkündet er.
Die Stimmung ist freundschaftlich-heiter, ja fast euphorisch, als sich die beiden Politiker schließlich verabschieden. „Das Treffen hat mich überrascht“, gesteht der Hausherr: „Es hat mir sehr gefallen“. Eine Reporterin möchte noch wissen, ob er als Milliardär persönlich gerne in New York unter diesem Bürgermeister leben möchte. „Yeah! Unbedingt“, schwärmt der Präsident: „Ich würde mich sehr wohl fühlen.“

