Kommentar zum ImpfenDeutschland steht sich mit seinem Perfektionismus selbst im Weg

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Ein Mediziner füllt eine Spritze mit Impfstoff (Symbolbild)

  • Länder, Bund und niedergelassene Ärzte in Deutschland streiten über die richtige Impfstrategie in Deutschland. Die Argumente aller Seiten sind berechtigt.
  • Doch nun gilt es, handhabbare Lösungen zu finden, damit keine Impfdosis länger als nötig im Kühlschrank liegt, kommentiert Tim Szent-Ivanyi

Ausgerechnet die USA, nicht gerade bekannt für eine Vorreiterrolle in Sachen öffentliche Wohlfahrt, machen vor, wie man in der Corona-Krise pragmatisch agieren kann: Dort wird in Stadien, Turnhallen, Rathäusern und riesigen „Drive-through“-Stationen geimpft.

USA: Mehr Impfdosen aufgrund Exportverbot

Zugegeben, die USA haben aufgrund ihres (unsolidarischen) Exportverbotes derzeit mehr Vakzine zur Verfügung als Deutschland. Und die Impfung eines Autofahrers, der möglicherweise am Steuer einen allergischen Schock erleidet, ist auch nicht ganz ohne Risiko.

Aber die Beispiele zeigen, dass in den USA wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Menschen rasch zu schützen. Deutschland steht sich dagegen selbst im Weg. Der Hang zum Perfektionismus verhindert - wieder einmal - pragmatische Lösungen. Die Länder fordern, dass ihre mühsam aufgebauten Impfzentren so lange wie möglich voll ausgelastet werden. Schließlich wurden auch Termine vergeben, die bei einer Schließung wieder abgesagt werden müssten.

Hausärzte wollen impfen, aber Impfstoff reicht nicht

Die niedergelassenen Ärzte wollen gern sofort in ihren Praxen impfen, verlangen aber von Anfang an ausreichend Impfstoff - und damit praktisch die gesamte an Deutschland gelieferte Liefermenge. Denn sie wollen sich nicht mit empörten Patienten herumschlagen müssen, die wegen begrenzter Mengen wieder nach Hause geschickt werden müssen. Beide Forderungen haben ihre Berechtigung, doch beide Seiten machen es sich zu einfach.

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Nötig sind pragmatische Lösungen, kein entweder oder: Die Impfzentren werden ab sofort langsam schrittweise heruntergefahren, die niedergelassenen Ärzte suchen nach guten Lösungen, um mit der zunächst begrenzten Menge in einem ersten Schritt insbesondere chronisch Kranke zu impfen. Statt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, sollten jetzt fließende Übergänge geschaffen werden. Denn eines darf nicht passieren: Dass auch nur eine einzige Impfdose länger als nötig im Kühlschrank liegt.

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