Model Monrad über Instagram und Essstörungen„Ich habe fünf Jahre lang meine Periode nicht bekommen“

Lesezeit 5 Minuten
Model Anne-Sophie Monrad läuft über den Catwalk bei der New York Fashion Week.

Model Anne-Sophie Monrad, hier bei einer Modenschau in New York 2017.

Obwohl Themen wie Body-Positivity und Selbstliebe immer höher gehängt werden, scheint der Trend auf den Laufstegen dieser Welt gegenläufig: Models werden wieder hagerer. Da stellt sich die Frage: War für sie der Zwang, dünn zu sein, jemals weg? Anne-Sophie Monrad sagt „Nein!“.

Anne-Sophie Monrad arbeitet seit 2009 als Model und lief auf den großen Laufstegen der Welt. Erst als gesundheitliche Folgen ihr klarmachten, dass es ein „zu dünn“ gibt, schlug sie einen anderen Weg ein und modelt nun ausschließlich für Kunden, die einen gesunden Körper wertschätzen.

Frau Monrad, Sie waren auf den Laufstegen der Welt unterwegs, haben in New York und Paris gelebt. Was verlangen die großen Designer von ihren Models?

Monrad: Ganz einfach: Dass sie extrem dünn sind.

Vor allem in den sozialen Medien liest man immer wieder von Body-Positivity und davon, dass Models gesund sein sollen. Ist das in der Praxis wirklich so?

Ob ein Model gesund ist, ist in der Branche nicht so wichtig. Das war mir früher nicht klar und ich habe auch gedacht, dass wir alle gesund sind. In der Modebranche ist Greenwashing ein großes Thema. Der Mensch außerhalb der Branche soll denken, dass die Gesundheit der Models wichtig ist, dass die Vorbildfunktion, die die jungen Frauen haben, eine Rolle spielt. Aber das ist einfach nicht so.

In den Neunzigerjahren waren viele Models besorgniserregend dünn. Hat sich seitdem etwas geändert?

Wenig. Klar sieht man heute mal Katalogmodels, die etwas mehr wiegen. Aber auf den Laufstegen der großen Designer gibt es das bislang kaum. Da geht es immer noch in erster Linie um die Maße der jungen Frauen, und es ist egal, ob man ungesund zum Casting geht.

Warum wollen die Designer unbedingt so dürre Models?

Dafür gibt es sicher mehrere Gründe. Einerseits soll das Model zum Beispiel nicht vom Kleid ablenken und eher ein lebendiger Bügel sein. Andererseits – und ich glaube, das ist der größere Punkt – geht es darum, dass die Models auf den Laufstegen etwas darstellen sollen, was schwierig zu erreichen ist.

Der sogenannte Heroin-Chic der Neunzigerjahre setzte auf dünne Körper, blasse Haut und Augenringe. War dieser höchst umstrittene Trend jemals weg?

Ich glaube nicht. Der Trend Heroin-Chic, die Augenringe werden übergeschminkt, aber die Fassade, die Körperform, ist unverändert. Es gibt auch langsam einen Markt für andere Körperformen, schaut man aber auf die Laufstege der Modemetropolen, heben sich die sehr dünnen Körper von der Menge ab.

Das hört sich alles andere als gesund an. Welche gesundheitlichen Folgen hatte das Modeln für Sie?

Ich habe meine Periode fünf Jahre lang nicht bekommen, weil mein Hormonhaushalt total durcheinander war – und da bin ich kein Einzelfall. Ich habe mich damals mit den anderen Mädchen unterhalten und für alle schien es total normal zu sein, dass sie ihre Periode nicht mehr bekommen. Das wurde uns von den Agenturen auch so gesagt, dass das nun mal passiert.

Ich litt außerdem an einer schlimmen Essstörung. Mir wurde dazu geraten, viele Lebensmittel einfach nicht zu essen, Drogen zu nehmen, wenn ich Karriere machen will, und sogar eine Fettabsaugung vornehmen zu lassen. Nach dieser extremen Zeit habe ich eine Therapie machen müssen, um alles verarbeiten zu können. Ich bin sehr dankbar, das geschafft zu haben, und fühle mich endlich in meinem gesunden Körper wohl.

Leiden viele Models an einer Essstörung?

Ich würde sagen, dass neun von zehn Models kein gesundes Verhältnis zum Essen haben. Und das ist ja auch kein Wunder. Man geht mit 17 Jahren oder noch jünger in eine Agentur und dort wird einem erzählt, wie man sich zu verhalten hat und wie man aussehen soll. Das sind Erwachsene – denen glaubt man das natürlich, wenn sie einem sagen, man soll nur noch Knäckebrot essen. Außerdem ist man in dem Job den ganzen Tag mit seinem Körper konfrontiert, ist mit nichts anderem beschäftigt und meist besteht auch der Freundeskreis nur noch aus Models. Wie soll man da merken, dass das nicht mehr normal und vor allem nicht gesund ist?

Wann haben Sie gemerkt, dass es nicht gesund ist?

Als meine Frauenärztin mir gesagt hat, dass ich spätestens mit 40 Jahren Osteoporose habe, wenn ich so weitermache. Ich habe Hormone genommen, weil mein Hormonhaushalt durcheinander war, und dachte mir dann, dass es doch nicht sein kann, dass ich das alles nur mache, damit die Leute applaudieren und mir sagen, wie toll ich aussehe. Ich hatte eigentlich einen gesunden Körper – und ich wollte auch wieder gesund sein. Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass sie mich gesund auf die Welt gebracht hat und die Industrie meinen Körper kaputt gemacht hat. Das wollte ich nicht mehr.

Glauben Sie, dass die sozialen Medien bei Essstörungen von jungen Menschen eine Rolle spielen?

Ja, auf jeden Fall. In den sozialen Medien ist man den ganzen Tag im Vergleich mit anderen Menschen. Es gibt nun mal immer jemanden, der jünger, schlanker oder hübscher ist. Dann werden viele Fotos noch mit Photoshop bearbeitet, und schnell denken die Menschen, dass sie zu dick oder nicht hübsch genug sind. Das ist gerade für junge Menschen gefährlich, die noch nicht so ein großes Selbstbewusstsein haben und deren Körper sich ja auch noch verändert. Man kämpft gegen die natürliche Entwicklung des weiblichen Körpers.

Was würden Sie einem Mädchen raten, das unbedingt Model werden will?

Sie soll unbedingt zuerst die Schule fertig machen und die Zeit mit ihren Freunden genießen. In dem Alter ist es schwer, sich selbst treu zu bleiben, und das nutzen die Agenturen aus. Und Finger weg von Diäten!

KStA abonnieren