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31-Jährige stirbt bei BergunfallLaura Dahlmeier – Die Frau, die immer hoch hinaus wollte

4 min
ARCHIV - 18.02.2017, Österreich, Hochfilzen: Biathlon\ Weltmeisterschaft, Massenstart, Damen am 19.02.2017 in Hochfilzen (Österreich). Laura Dahlmeier aus Deutschland zeigt ihre Medaillen. (zu dpa: «Ein Leben am Limit: Laura Dahlmeier stirbt bei Bergunglück») Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Laura Dahlmeier zeigt im Jahr 2017 ihre Medaillen.

Die ehemalige Weltklasse-Biathletin stirbt bei einem Bergunfall in Pakistan. Laura Dahlmeiers Leichnam wird nicht geborgen. Es war ihr eigener Wunsch. Ein Nachruf.

Wo sie war, war oben. Und genau dort – nicht sportlich, sondern geografisch gesehen – endete es auch für die ehemalige Weltklasse-Biathletin Laura Dahlmeier. Die 31-Jährige starb während einer Hochgebirgsexpedition im Karakorum-Gebirge in Pakistan.

Dahlmeier war am 28. Juli zusammen mit ihrer Seilpartnerin Marina Krauss auf dem Weg zum Gipfel des Laila Peak (6096 Meter), als sie in einer Höhe von etwa 5700 Metern von einem Steinschlag getroffen wurde. Mehrere Versuche, sie zu retten, scheiterten aufgrund der schwierigen Umstände mit weiteren Steinschlägen und wechselnden Wetterverhältnissen am Unglücksort. Am 30. Juli wurde Dahlmeier vom Rettungsteam vor Ort für tot erklärt, ihr Leichnam wird am Laila Peak bleiben. „Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen“, erklärte das Management der 31-Jährigen.

Laura Dahlmeier war eine große Biathletin

Laura Dahlmeier, geboren am 22. August 1993 in Garmisch-Partenkirchen, galt schon früh als Ausnahmetalent. Mit sieben Jahren versuchte sie sich erstmals im Biathlon, parallel dazu bestritt sie auch Wettkämpfe im alpinen Skirennsport. Nach zwei Jahren setzte sie aber endgültig nur noch auf die Karte Biathlon. Eine Entscheidung, die sich im wahrsten Sinne des Wortes als goldrichtig herausstellen sollte. Präzision, Ausdauer, Disziplin – die junge Dahlmeier vereinte all diese Eigenschaften mit einer mentalen Klarheit, die sie letztlich ganz nach oben in ihrem Sport brachte.

2013 feierte sie ihren Einstand im Biathlon-Weltcup. Erfolge stellten sich schnell ein: Gold und Silber bei den Weltmeisterschaften 2015 in Kontiolahti (Finnland), ein Mal Gold, ein Mal Silber und drei Mal Bronze bei der WM im Folgejahr in Oslo (Norwegen). Dort, wo sie 2013 auch ihr erstes Einzelrennen ihrer Karriere auf Platz sieben beendet hatte.

Der große Durchbruch folgte 2017: Bei den Weltmeisterschaften in Hochfilzen (Österreich) holte Laura Dahlmeier sagenhafte fünf Goldmedaillen und ein Mal Silber – Rekord bis dahin. Außerdem sicherte sie sich im selben Jahr erstmals den Gesamtweltcup. Die beinahe logische Folge: Dahlmeier wurde zu „Deutschlands Sportlerin des Jahres 2017“ gekürt.

Karriereende als 25-jährige Doppel-Olympiasiegerin

2018, bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang, krönte sie sich zur Doppel-Olympiasiegerin (Sprint und Verfolgung) und holte zusätzlich Bronze im Einzel. Zu all diesen Medaillen kommen 33 Podestplätze im Weltcup, 20 Mal stand sie ganz oben auf dem Podium.

12.02.2018: Laura Dahlmeier jubelt im Ziel über ihre zweite Goldmedaille ibei den olympischen Spielen in Pyeongchang.

12.02.2018: Laura Dahlmeier jubelt im Ziel über ihre zweite Goldmedaille ibei den olympischen Spielen in Pyeongchang.

Nach einer schwierigen, von vielen Krankheiten geprägten Saison 2018/19 erklärte sie am 17. Mai 2019 – im Alter von gerade mal 25 Jahren – das Ende ihrer Laufbahn im Biathlon. „Ich spüre nicht mehr die 100-prozentige Leidenschaft, die es braucht“, schrieb sie in einem Offenen Brief. Der Rücktritt schockierte viele – doch für Dahlmeier war er konsequent.

Parallel zu ihren Starts im Biathlon hatte Laura Dahlmeier auch an Bergläufen teilgenommen und setzte dieses Engagement auch nach dem Rücktritt als aktive Biathletin fort. Auch in dieser Sportart erzielte sie starke Ergebnisse und nahm an der Berglauf-Weltmeisterschaft 2019 in Villa la Angostura (Argentinien) teil. Dahlmeier erreichte das Ziel als einzige deutsche Frau eine halbe Stunde hinter der Siegerin Cristina Simion aus Rumänien auf dem 27. Platz.

Laura Dahlmeier war auch Buchautorin und TV-Expertin

Doch nicht nur sportlich setzte die Ausnahmeathletin Ausrufezeichen, auch beruflich ging es für sie immer weiter nach vorne. Dahlmeier begann 2019 ein Sportstudium an der Technischen Universität München, arbeitete als TV-Expertin für das ZDF, schrieb ein Kinderbuch über Klimaschutz (Titel: „Die Klimagang: Laura Dahlmeier und Freunde im Einsatz für die Natur“) und engagierte sich in der Umweltbildung.

15.01.2020: Laura Dahlmeier zog es nach der Biathlon-Karriere in die Berge.

15.01.2020: Laura Dahlmeier zog es nach der Biathlon-Karriere in die Berge.

Doch am stärksten zog es sie dorthin zurück, wo alles begann: in die Berge. Ihr Vater Andreas hatte sie bereits im Kindesalter zum Klettern und auf Bergtouren mitgenommen. Von ihm lernte sie die alpinistischen Grundkenntnisse. Sie wurde staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, durchstieg schwierige Routen in den Dolomiten und erklomm 2024 den Ama Dablam in Nepal – in Rekordzeit als schnellste Frau überhaupt. „Das Spannende ist eigentlich beim Klettern, wenn man davor meint, es ist gar nicht möglich, da heraufzuklettern, und auf einmal findet man eine Lösung, und dann geht es doch“, sagt Dahlmeier in einer Doku und beschreibt damit den Stellenwert, den das Bergsteigen für sie hat. Als Sportlerin wolle sie ihre Grenzen immer wieder ausloten: „Das ist schon mein innerer Antrieb.“

Ex-Freund von Laura Dahlmeier stirbt bei Lawinenunglück

Die Leidenschaft fürs Bergsteigen war allerdings nicht frei von Schmerz. 2022 verlor sie ihren damaligen Lebenspartner, den Bergsteiger Robert Grasegger, bei einem Lawinenunglück in Patagonien. In der ZDF-Doku „Der Rausch der Höhe“ sprach sie offen über diesen Verlust – und darüber, wie er sie verändert hat. Auch sie selbst erlebte einen schweren Sturz beim Klettern an der Zugspitze, überlebte, lernte. „Ich weiß jetzt, dass man nicht unsterblich ist“, sagte sie damals. Dennoch kehrte sie zurück – mit Respekt, aber ohne Angst.

In den vergangenen Monaten bereitete sie sich intensiv auf das große Projekt am Laila Peak vor. Der Berg im Karakorum gilt als anspruchsvoll – nicht extrem hoch, aber technisch herausfordernd. Am 28. Juli begann sie den Aufstieg mit einer Seilpartnerin. Dann kam der Steinschlag, der ihr letztlich zum Verhängnis wurde. Nur 300 Meter vor dem Gipfel, fast ganz oben. (rnd)