„Unsere Schule sieht aus wie ein Gefängnis“Kölner Schülerinnen und Schüler stellen ihren Schulen Zeugnisse aus

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Marlene Skupch (16) aus Neu-Ehrenfeld sitzt in einem Sommergarten am Holztisch.

Marlene Skupch (16) aus Neu-Ehrenfeld ist in die Ferien gestartet. Nicht ohne vorher Bilanz zu ziehen über die Schulsituation in Köln.

Die Zeugnisse sind verteilt. Aber wie bewerten eigentlich Kölner Schülerinnen und Schüler ihre Schulen? Elsa, Rike, Marlene und Jakob reden Klartext.

Marlene Skupch (16) besucht die zehnte Klasse der Max-Ernst-Gesamtschule. Sie fühlt sich wohl an ihrer Schule, kritisiert aber klar die baulichen Zustände: „Im Nebengebäude klaffen Löcher in Wänden und Böden, außerdem gibt es keine Heizung und kein fließendes Wasser.“

Das vergangene Schuljahr war für einige meiner Klassenkameraden das letzte Jahr an unserer Schule. Da ich eine Gesamtschule besuche, haben wir dieses Jahr unseren Abschluss gefeiert und damit unsere Mittlere Reife ergattern können. Das ganze letzte Jahr drehte sich eigentlich nur um die zentralen Abschlussprüfungen. Wir wurden sehr gut vorbereitet und hatten viele Möglichkeiten unser Können zu erweitern, dennoch war der Druck manchmal auch einfach zu groß. Oftmals hatte man Angst, dass man keine Zeit mehr hat, sich richtig vorzubereiten. Gerade wenn Lehrer öfter fehlen und dieser Unterricht teils nicht ersetzt wird, kam es zu Unsicherheiten.

„Wegen des geringen Angebots an Leistungskursen wechselten manche Schüler an andere Schulen“

Wenn man sich entschieden hat, an unserer Schule zu bleiben, musste man dieses Jahr seine Leistungskurse wählen. Wie auch bei anderen Schulen, gab es bei uns nicht allzu viele Auswahlmöglichkeiten. Ich hätte es toll gefunden, wenn es einen Sport-Leistungskurs gegeben hätte, der wird aber seit vielen Jahren nicht mehr an unserer Schule angeboten. Manche von meinen Schulkameraden sind deswegen auch auf andere Gymnasien gewechselt.

Ich bin eigentlich sehr glücklich, dass ich diese Schule für mich gewählt habe, denke aber, dass man dort noch so einiges ändern könnte. Unsere Schule ist sehr alt und sieht generell aus wie ein Gefängnis. Das Hauptgebäude ist eigentlich sehr gut ausgestattet und hat Smartboards und Beamer in jedem Raum.

„In den alten Turnhallen muss man ständig Angst haben, sich Splitter einzureißen“

Das hört sich erstmal gar nicht so schlecht an, wäre da nicht unser Nebengebäude. Das Nebengebäude besteht aus Containern, die eigentlich schon vor Jahren abgerissen werden sollten. In den Wänden und Böden klaffen Löcher. Es gibt außerdem keine Heizung und kein fließend Wasser, die Fenster sind teils kaputt. Wer Wasser braucht, muss das aus einem anderen Gebäude holen. Allem Anschein nach schafft es die Stadt Köln nicht, diesen Zustand zu verbessern. Repariert wurde in den vergangenen Jahren kaum etwas. Wir haben zwar zwei sehr gute und große Turnhallen, besitzen aber auch zwei alte Hallen, wo man ständig Angst haben muss, sich Splitter einzureißen.

Im Gegensatz zu unserem Gebäude ist der Unterricht aber sehr gut. Dadurch, dass wir G9 sind, haben wir viel mehr Zeit und man kommt im Unterricht sehr gut mit. Allgemein herrscht eine ruhigere Lernatmosphäre.

„Die iPads müssen wir selbst kaufen. Ich denke, viele können sich das nicht leisten“

Nächstes Jahr kommen wir dann in die EF, also in die Oberstufe, wo wir uns dann drei Jahre lang auf das Abitur vorbereiten. Im Gegensatz zu der Mittelstufe haben wir dann keine Klassen mehr und belegen Kurse, wie auf dem Gymnasium. Dieses Jahr haben wir Bücher, die die Schule uns geliehen hat, im Unterricht genutzt. Für nächstes Jahr werden wir aber alle mit iPads arbeiten müssen. An sich finde ich das gut, da es das Lernen erleichtern wird und wir keine Bücher mehr schleppen müssen. Ein Nachteil ist, dass wir die iPads selbst kaufen müssen. Man kann sich zwar iPads von der Schule ausleihen, diese würden aber nicht für alle reichen. Ich denke, viele können sich das nicht leisten.


Elsa Staisch (8) besucht die zweite Klasse der Paul-Klee-Grundschule. Sie hat ein schönes Jahr hinter sich, regt sich aber über das Schulessen auf:

Mein Schuljahr war vollgepackt mit tollen Erlebnissen. Besonders schön fand ich das „Science Lab“, da durften wir einen Roboter steuern. Der Roboter heißt Milo und wir haben ihn aus Lego gebaut mit Sensor und allem Drum und Dran! Außerdem durften wir Milo über das iPad Aufgaben geben, die er zu erledigen hatte. Das hat allen total viel Spaß gemacht.

„Einige Kinder sind mit dem Schulessen so unzufrieden, dass sie nicht daran teilnehmen“

Letzte Woche war dann auch einiges los. Wir durften zum Beispiel in der Schule übernachten, das war superspannend. Vor allem deshalb, weil wir da Sachen essen und trinken durften, die es in der Schule normalerweise nicht gibt. Besonders gern mochte ich den Apfelsaft und fände es gut, wenn es sowas auch in der Mensa geben würde. Manchmal mag ich das Essen dort gar nicht und würde mich deshalb freuen, wenn wenigstens die Getränke lecker wären. Einige Kinder sind mit dem Schulessen so unzufrieden, dass sie nicht daran teilnehmen und dann erst nachmittags zu Hause essen. Das ist doch irgendwie Unsinn. Wenn es schon ein Schulessen gibt, dann sollte das doch lecker genug sein, dass alle das in Anspruch nehmen. Sonst ergibt das doch gar keinen Sinn.

Elsa Staisch ist acht Jahre alt. Sie lacht in die Kamera.

Elsa Staisch mag ihre Schule gern. Nur an der Mensa und dem Schulhof direkt neben der Autobahn hat sie einiges auszusetzen.

Ich persönlich freue mich immer total auf die Nachmittagsbetreuung, da wir dann auch AGs haben, die mir sehr viel Spaß machen. Meine Lieblings-AG ist die Himalaya AG, da lernen wir ganz viele Sachen über Bhutan. Bald absolvieren wir auch einen Spendenlauf. Für jede Runde, die wir laufen, bekommen wir dann Geld von Freiwilligen.

Während der „Übezeiten“ helfen uns unsere Betreuer bei Hausaufgaben und erklären uns Dinge, die wir im Unterricht nicht verstanden haben. Der Sportunterricht findet entweder in der Turnhalle oder auf dem Schulhof statt, was eigentlich immer Spaß macht. Leider gibt es aber eine Autobahn direkt neben der Schule, sodass es oft sehr laut ist. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen großen Stau während unseres Sportunterrichts. Niemand kann sich vorstellen, wie laut das war! Die Autos haben die ganze Zeit gehupt, aber auch ohne Stau ist es oft einfach unangenehm laut. Außerdem kann es auch sehr gefährlich sein: Wenn bei uns im Fußballkäfig gespielt wird und dann ein Ball rüber auf die Autos fällt, kriegen wir richtig Ärger. Einmal ist sogar die Polizei gekommen.

„Mit der Bibliothek sind wir nicht zufrieden. Die Bücher sind oft kaputt, Seiten zerrissen“

Wenn wir mal nicht draußen sind, verbringen wir auch viel Zeit in unseren Aufenthaltsräumen oder in der Bibliothek. Die Aufenthaltsräume sind sehr gut mit Lego und anderen Spielsachen ausgestattet, mit der Bibliothek sind wir dagegen leider nicht zufrieden. Es gibt zwar viele Bücher, aber die sind oft kaputt. Seiten sind zerrissen oder gar nicht vorhanden. Manchmal werden sie sogar geklebt, aber dann fällt das Buch einfach wieder auseinander, sobald man es benutzt.


Rike Knipp, 9. Klasse, lobt ihre Lehrerinnen und Lehrer, bemängelt aber, dass die Mittelstufe in den Pausen immer nach draußen muss.

Im vergangenen Jahr hat sich bei uns an der Schule so manches verändert. Wegen Raummangels zog die Unterstufe in ein Gebäude um, das zuvor einer anderen Schule angehörte. Die Mittelstufe, also auch meine Klasse, ist noch im alten Gebäude. Es steht unter Denkmalschutz und wird gerade gestrichen. Die längst mal nötigen Arbeiten lassen das ein oder andere Loch verschwinden und lassen die Schule etwas netter wirken. Das freut mich.

Rike Knipp (15) aus Nippes sitzt auf ihrem Bett in ihrem Zimmer.

Rike Knipp (15) aus Nippes lobt ihre Lehrerinnen und Lehrer.

Ausgestattet ist unsere Schule gut. In jedem Raum befindet sich ein Smartboard oder ein Beamer mit Whiteboard, beides wird von unseren Lehrern täglich genutzt. Jeder Lehrer besitzt ein iPad oder einen Computer. Alle kennen sich damit gut aus. Ich selbst arbeite mit einem privaten iPad, wie viele meiner Mitschülerinnen und Mitschüler auch. Aber auch wenn man kein iPad hat, bringt das keinen Nachteil. Die Schule besitzt sogar iPads, die von Lehrern gebucht werden können und dann von Schülern beispielsweise zur Recherche genutzt werden. Unser Schul-WLan ist für die Oberstufe uneingeschränkt nutzbar. Wenn wir aus der Unter- oder Mittelstufe WLan brauchen, kriegen wir einen Code, der sich täglich ändert.

„Doof ist, dass wir keine 5-Minuten-Pausen mehr haben“

In den Pausen halten wir uns meistens draußen auf, außer wenn wir Langtag haben und die große Pause dazu nutzen, etwas zu essen oder kurz nach Hause zu gehen. Wir haben eine Mensa an unserer Schule, die aber kaum von den älteren Schülern genutzt wird. Der Kiosk wiederum wird von allen Altersklassen genutzt und ist eine gute Alternative, wenn man mal sein Essen vergessen hat. Im Winter ist es kalt draußen und oft beschweren wir uns, dass wir gerne in die Mensa gehen wollen, da es dort wärmer ist. Da aber die Oberstufe momentan keinen Aufenthaltsraum hat, ist die Mensa für sie reserviert. Das nervt, wir denken nämlich, da wäre auch noch genug Platz für uns.

Doof ist auch, dass wir seit des Unterstufen-Umzugs keine 5-Minuten-Pausen zwischen den Stunden mehr haben. Die große Pause wurde dafür verlängert, damit die Lehrer mehr Zeit haben, um von einem zum anderen Gebäude zu kommen. Viele Schülerinnen und Schüler verstehen das zwar, finden es aber trotzdem ziemlich blöd.

„Die meisten Lehrer sind sehr geduldig und erklären Dinge auch noch ein achtes Mal“

Außerdem gibt es momentan keinen Schulleiter oder eine Vertretung bei mir an der Schule. Im Unterricht selbst stört das nicht, aber natürlich sollte dieses Problem dennoch beseitigt werden, da es oft organisatorische Probleme gibt.

Allgemein fehlen bei uns gerade viele Lehrer, vor allem meine Eltern regen sich da sehr darüber auf, weil dadurch natürlich auch Unterricht ausfällt. Die meisten Lehrer, die da sind, sind aber sehr geduldig und erklären Dinge auch noch ein achtes Mal, bis es jeder verstanden hat. Vor Klausuren kriegen wir in manchen Fächern Checklisten, was das Lernen viel leichter macht. Außerdem hatte ich dieses Jahr auch meine erste mündliche Prüfung. Da war ich ziemlich nervös vorher. Für die Zukunft war es aber eine wichtige Erfahrung, denke ich.


Jakob Stolz (14) besucht die achte Klasse des Drei-Königs-Gymnasium in Köln (DKG). Er freut sich auf das neue, schöne Gebäude und lobt die Ausstattung. Für die Mensa wünscht er sich vegane Optionen.

Seit zwei Jahren ist meine Schule jetzt bereits in einem Übergangsgebäude im Blücherpark. Es besteht aus Containern und besitzt eine Mensa und einen großen betonierten Schulhof. Es hat so lange, nämlich ungefähr zehn Jahre, gedauert, bis wir endlich aus unserem alten, sehr kaputten und schlecht ausgestattetem Gebäude raus und hier in die Container ziehen konnten, sodass wir jetzt bald wieder in unser neues Gebäude ziehen können. Die Container wurden generell als Übergangsgebäude für Kölner Schulen gebaut und werden auch nach unserem Auszug im nächsten Jahr weiter von anderen Schulen genutzt.

Jakob Stolz hat braunes Haar und trägt ein schwarzs T-Shirt.

Jakob Stolz besucht das Dreikönigsgymnasium. Er findet es schade, dass es keine Gebetsräume an der Schule gibt.

Unsere Räume sind sehr gut ausgestattet und es gibt WLan, sowohl für die iPads als auch für private Nutzung. Wer kein eigenes iPad besitzt, kann sich eines von der Schule ausleihen und dieses im Unterricht nutzen. Wenn etwas in der Schule fehlt, wird es nachbestellt oder es wird dafür gesorgt, dass es eine Alternative gibt. Allgemein ist unsere Schule sehr gut ausgestattet und richtet sich sehr nach den Bedürfnissen der Schüler. Trotz des improvisierten Gebäudes gibt es genügend Platz, sodass sogar die Mensa dort untergebracht werden kann. Das Essen dort ist an sich gut und preisgünstig, ich fände es aber gut, wenn es auch vegane und nicht nur vegetarische Optionen geben würde.

„Wir haben keinen Platz für einen Gebetsraum. Den würde ich mir sehr wünschen“

Wofür wir leider keinen Platz mehr in unserem Übergangsgebäude haben, sind Gebetsräume, die ich mir für unsere Schule sehr wünschen würde. Ich als Klassensprecher habe mich dafür auch aktiv eingesetzt. Allgemein versucht unsere Schule auf alle Wünsche seitens der Schüler einzugehen. Jeder soll sich wohlfühlen. In jedem Klassenraum befinden sich Beamer und Whiteboards, was nicht nur den Unterricht erleichtert, sondern den Lehrern auch die Möglichkeit gibt, mal nicht nur mit den Schulbüchern zu arbeiten. Unsere Lehrer kennen sich gut mit der Technik aus und auch wenn mal etwas nicht so klappt, hält das den Unterricht nicht auf.

Unsere Lehrer sind außerdem sehr hilfsbereit und nachsichtig. Wenn man mal etwas nicht versteht, nehmen sich die meisten Zeit, es nochmal genau zu erklären. Sie sind engagiert und immer für einen da. Wenn man Fragen hat, kann man die Lehrer über Teams oder andere digitale Plattformen erreichen und kriegt meistens eine schnelle Antwort.

Es kommt manchmal vor, dass Lehrer sich nicht gut in ihrem Fach auskennen oder unfaire Noten geben, woraufhin wir Schüler mit unseren Klassenlehrern reden können und diese versuchen das Problem zu beheben.

„Wir haben relativ viele Hausaufgaben. Aber jeder bekommt die Unterstützung, die er braucht“

Im Vergleich zu anderen Schulen haben wir relativ viele Hausaufgaben und Lang-Tage. Das liegt daran, dass unsere Schulleitung es besser findet, wenn wir sogenannte Lernzeiten haben. Nachmittags bleiben wir deswegen in der Schule und haben die Möglichkeit, unsere Hausaufgaben mit der Hilfe von Fachlehrern zu bearbeiten, sodass jeder die Unterstützung kriegt, die er braucht.

Für diejenigen, die im Unterricht aufpassen, ist die Menge an Arbeit aber auf jeden Fall zu stemmen. Das liegt auch daran, dass bei uns kaum Lehrer ausfallen und der Unterricht deswegen fließend vorangeht. Allgemein bin ich sehr zufrieden mit der Schule, und vor allem das neue Gebäude gefällt mir sehr.

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