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1:3-Niederlage in LeipzigZu viele Gegentore – FC hadert mit den Standards

5 min
Trainer Lukas Kwasniok diskutiert mit Luca Waldschmidt und Jan Thielmann.

Trainer Lukas Kwasniok diskutiert mit Luca Waldschmidt und Jan Thielmann.

Der 1. FC Köln zeigt sich auch bei RB Leipzig konkurrenzfähig, kassiert aber wegen schwacher Standardverteidigung die erste Pleite der Saison

Es gehört im Profifußball dazu, Spiele zu verlieren, zumal für einen Aufsteiger, der bei einem Spitzenteam antritt. Der 1. FC Köln hatte sich zuletzt ein wenig von Niederlagen entwöhnt. Die letzte Pleite kassierten die Kölner am Sonntag nach Ostern, ein 0:1 in Hannover, noch in der Zweiten Liga. Seitdem war Köln ungeschlagen geblieben, auch in den ersten vier Pflichtspielen nach dem Aufstieg.

Diese Serie ist seit Samstagabend Geschichte. Bei RB Leipzig verlor der Aufsteiger 1:3 (1:3), Trainer Lukas Kwasniok gratulierte seinem Kollegen Ole Werner anschließend zu einem „verdienten Sieg“.

Dem war zuzustimmen, doch mit einem etwas glücklicheren Verlauf des Abends hätte der FC einen nicht weniger verdienten Punkt aus Sachsen entführen können. Ouedraogos Führungstreffer aus der 13. Minute hatte Thielmann nach schöner Kombination früh ausgeglichen. Doch in den letzten Minuten der ersten Halbzeit kassierte der FC einen Doppelschlag durch Romulo (44.) und David Raum (45.+3), von dem die Mannschaft nicht mehr zurückkam.

Die Möglichkeit eines Doppelschlags

Kwasniok hatte die Möglichkeit eines Doppelschlags kommen sehen, jedoch die Lösung des Problems auf die Halbzeitpause vertagen wollen. Nach wackligem Beginn hatte Ole Werner sein Mittelfeld ein paar Schritte nach vorn beordert und den Druck auf das Kölner Zentrum erhöht. Kwasniok hatte gehofft, seine Mannschaft würde noch ein paar Minuten überstehen. Doch dann hatte Leipzig erst das 2:1 erzielt, später hatte Eric Martel den starken Johan Bakayoko auf Kosten einer Gelben Karte und eines Freistoßes in Tornähe stoppen müssen. David Raum traf sehenswert über die Kölner Mauer.

Die FC-Profis um Jan Thielmann bedanken sich nach dem Schlusspfiff bei ihren mitgereisten Fans.

Die FC-Profis um Jan Thielmann bedanken sich nach dem Schlusspfiff bei ihren mitgereisten Fans.

1:3 zur Pause – von einem solchen Zwischenstand erholt sich ein Aufsteiger in Leipzig eigentlich nicht mehr. „Ich beiße mir ein bisschen in den Allerwertesten“, kommentierte Kwasniok seine verspätete Umstellung. Ole Werner durfte zufrieden sein mit seinen Maßnahmen. Die 47.000 Zuschauer in der Leipziger Arena hatten insgesamt ein Spiel erlebt, in dem sich auch die Trainer ein Duell auf bemerkenswertem Niveau geliefert hatten. „Wir sind ruhig geblieben, haben ein paar Dinge umgestellt“, kommentierte Werner die Situation nach dem Kölner Ausgleich. Die Leipziger haben einen gewaltigen Umbruch hinter sich – und so war es zugleich das Duell zweier Teams im Entwicklungsschub, wenngleich auf leicht unterschiedlichen Niveaus.

Kwasnioks Ideen waren an vielen Stellen sichtbar geworden. „Wir haben Fußball-inhaltlich eine gute Leistung abgerufen, die Elemente haben ganz ordentlich geklappt“, beschrieb er. Tom Krauß etwa spielte auf der Linksverteidiger-Position, um mit seiner Zweikampfhärte Bakayokos Brillanz zu begegnen und bei eigenem Ballbesitz von links ins Zentrum zu ziehen, um dort den Ball auf dem rechten Fuß zu haben. Das funktionierte insgesamt ordentlich, wenngleich Krauß vor dem 1:2 den entscheidenden Zweikampf gegen Bakayoko verlor.

Doch nicht alles ist zu verhindern auf diesem Niveau. „Tom hat das echt herausragend gemacht. Dann macht Bakayoko den Übersteiger, geht longline vorbei, das war dann im Zentrum schwierig zu verteidigen“, beschrieb Kwasniok: „Das 1:3 war dann der Killer.“ Das 2:1 durch Bakayokos feine Einzelleistung konnten die Kölner dabei noch am besten verschmerzen. Die beiden anderen fielen nach ruhenden Bällen – fünf von sieben Gegentoren in dieser Saison hat der FC nun nach Standards kassiert, eine problematische Quote. „Wir produzieren viel zu viele Standards. Eckbälle, seitliche Freistöße, direkte Freistöße“, sagte Kwasniok.

Daran werde die Mannschaft nun arbeiten. Viel zu oft entscheiden sich die Kölner für den kontrollierten Ball ins Seitenaus, statt mit etwas Risiko eine nachhaltige Befreiung zu versuchen. „Wir schenken Eckbälle teilweise her. Man muss schon auch den Mut haben, den Ball mit dem falschen Fuß aus der Gefahrenzone zu befreien und sich nicht darüber freuen, den Ball ein bisschen ins Aus zu kicken und dann den nächsten Eckball zu erwarten“, sagte Kwasniok, brachte aber auch Verständnis auf für seine Leute. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir Aufsteiger sind. Wenn der Druck von Leipzig dann groß wird, ist man auch einfach mal froh, wenn man den Ball ins Aus katapultiert. Das ist uns heute leider um die Ohren geflogen.“

Bereits zur 46. Minute brachte Kwasniok Said El Mala, später brachten die Kölner gefühlt im Minutentakt weiteres Offensivpersonal. Mehr als 60 Prozent Ballbesitz erspielte sich der Außenseiter, allerdings zu wenige klare Abschlüsse. Dennoch hätte Ragnar Ache in der 61. Minute den Anschlusstreffer erzielen müssen, doch der Mittelstürmer schoss aus drei Metern am leeren Tor vorbei. „Das zweite Tor hat gefehlt“, kommentierte Torschütze Jan Thielmann, „wir ziehen positive Schlüsse, haben ein gutes Spiel in Leipzig gemacht. Leipzig ist ein Champions-League-Anwärter, wir müssen realistisch bleiben.“

Sie hatten Möglichkeiten, im Konter den Deckel draufzumachen. Es war der beste Gegner der ersten vier Spiele, darauf können wir aufbauen. Auch Tom Krauß sah es eher positiv. „Wenn wir mit dem 1:1 in die Halbzeit gehen, ist hier viel möglich. Hier kann man aber auch ganz schnell untergehen“, beschrieb der gebürtige Leipziger und ehemalige RB-Profi.

Wir schenken Eckbälle teilweise her. Man muss schon auch den Mut haben, den Ball mit dem falschen Fuß aus der Gefahrenzone zu befreien und sich nicht darüber freuen, den Ball ein bisschen ins Aus zu kicken und dann den nächsten Eckball zu erwarten
FC-Trainer Lukas Kwasniok

Auch Sportdirektor Thomas Kessler hatte das Kölner Gegentor-Problem erkannt. Standards sind eigentlich eher ein Mittel des Außenseiters. Kessler fand es daher „bitter, dass wir gegen eine spielstarke Mannschaft durch Standards verlieren“. Die Kölner Mannschaft könne „insgesamt robuster verteidigen“, sagte Kessler – es bleibt dabei: Offensive Standard-Varianten kann man trainieren. In der Defensive geht es um die Einstellung und den absoluten Willen, das Tor zu verteidigen.

Lukas Kwasniok schien aus der Niederlage Motivation für die kommende Trainingswoche zu ziehen. „Das ist etwas, woran wir arbeiten können. Ich bin nicht happy. Aber wir wissen, woran wir ansetzen können.“