Marco Höger im Interview„Mit 30 gehöre ich eher zum alten Eisen“

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Marco Höger stand im Test des 1. FC Köln gegen Wolfsburg zeitweise als Kapitän auf dem Platz. 

  • Mit 30 ist Marco Höger im Kader des 1. FC Köln der drittälteste Spieler.
  • Der Mittelfeldmann versucht, den Nachwuchsspielern eine Hilfe zu sein.
  • Langsam macht sich der gebürtige Kölner Gedanken über sein Karriere-Ende.

Köln – Herr Höger, die Vorbereitung läuft gut für Sie, bislang haben Sie noch keine Trainingseinheit verpasst.

Marco Höger: Ja, obwohl das für mich gar nicht so ungewöhnlich ist: Ich hatte zwar große Verletzungen, aber die Vorbereitung habe ich nur einmal verpasst, im Sommer 2018 vor der Zweitligasaison, als ich an der Schulter verletzt war. Es ist gut, wenn man körperlich in der Lage ist, eine Vorbereitung durchzuziehen. Klar hat man immer wieder mal Wehwehchen, gerade in der Phase, in der man zweimal täglich trainiert und zwischendurch noch Testspiele hat. Dann muss man auch mal kürzer treten, das gilt aber für jedes Alter, auch die Jungen brauchen mal eine Pause. Ich empfinde es grundsätzlich als positives Zeichen, wenn der Körper das ganze Programm mitmachen kann.

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Sie sind nun jenseits der 30. Wo zwischen Alt und Jung würden Sie sich einsortieren?

Bei uns ist es so, dass ich der Drittälteste bin. Wir haben viele junge Spieler, die Kader haben sich insgesamt extrem gewandelt. Als ich Profi wurde, waren etliche Spieler über dreißig. Mittlerweile sind 16-, 17-Jährige physisch viel weiter als wir damals. Heute wird schon in der Jugend viel mehr Wert auf die Physis gelegt, und Spieler werden entsprechend früher zu den Profis hochgezogen. Früher konnte man sich glücklich schätzen, mit 19 oder 20 mal bei den Profis dabei zu sein. Heutzutage bekommen schon 16-Jährige die Chance. Daher fühlt es sich mittlerweile schon so an, dass ich als 30-Jähriger eher zum alten Eisen gehöre.

Die Teenager im aktuellen FC-Kader fallen körperlich gar nicht mehr ab.

Das ist heute eine ganz andere Philosophie. Bei uns beruhte die Ausbildung fast ausschließlich auf dem Fußballerischen. Mittlerweile wird viel mehr Wert auf die Athletik gelegt. Die Spieler sind schon im Jugendbereich mehrmals pro Woche im Kraftraum. In meiner Jugend wurde man noch nicht so intensiv begleitet und es wurde noch nicht so gezielt an körperlichen Defiziten gearbeitet. Wir haben fünf gegen zwei gespielt.

Auf dem Trainingsplatz loben Sie den Nachwuchs regelmäßig. Ist das eine Rolle, die Sie bewusst suchen?

Ja, auf jeden Fall, und ich finde, dass diese Rolle als erfahrener Spieler in so einer jungen Mannschaft wie unserer dazu gehört. Damit sich die weniger erfahrenen Spieler orientieren und auch mal aufrichten können. Ich helfe immer gern und weiß aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, wenn man von einem erfahrenen Spieler ein positives Feedback bekommt. So etwas tut immer gut.

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Marco Höger am Geißbockheim

Was sind Ihre Erinnerungen aus der Frühzeit Ihrer Laufbahn?

Als ich nach Schalke kam, saß Raul in der Kabine, da war ich 19. Das war ein Weltstar – und dementsprechend beeindruckend. Aus der Ferne hat man einen riesigen Respekt. Aber wenn man dann mit solchen Leuten auf dem Platz steht und die sehen, dass man auch kicken kann, respektieren sie einen und gehen völlig normal mit dir um. Wenn man 19 ist, gibt es nichts Größeres, als wenn Raul oder Klaas-Jan Huntelaar einem den Daumen zeigen. Ich hatte das große Glück, dass ich unter Ralf Rangnick direkt spielen durfte, das hat mir den Einstieg damals erleichtert.

Allerdings sind Sie beim 1. FC Köln nicht nur als Alterspräsident, sondern auch als Spieler eingeplant. In der Schlussphase der vergangenen Saison gab es mehrere Spiele, in die Sie eingewechselt wurden und auf die Sie dann großen Einfluss genommen haben. Könnte Ihre Rolle darin liegen, in gewissen Phasen Partien zu beruhigen, die Kontrolle zu erhöhen?

Mein Ziel ist nach wie vor, dem Trainerteam zu zeigen, dass ich da bin und sie auf mich setzen können. Ich möchte meine Qualität einbringen und Spielanteile haben. Ich war in der vergangenen Saison lange außen vor, weil ich in der Hinrunde in einer Phase gespielt habe, in der wir keine Ergebnisse eingefahren haben. Dann ist es im Profisport einfach so, dass die Konkurrenz die Chance erhält – und wenn die es dann besser macht, muss man damit leben, dass man erstmal draußen ist. Das war für mich neu, so eine lange Phase ohne Einsätze kannte ich bis dahin noch nicht. Aber ich habe einen langen Atem bewiesen, auf meine Chance gehofft und ja auch am Ende der Saison wieder Einsätze bekommen.

Wie schafft man es, die Zuversicht nicht zu verlieren?

Meine Erfahrung hat mir sicher geholfen. Ich habe immer in Vereinen gespielt, in denen ordentlich was los war, auch im Umfeld. Mit Aachen in der Zweiten Liga, dann Schalke und jetzt auch die vier Jahre in Köln. Wenn man das alles erlebt hat, ist man etwas besser darauf vorbereitet, auf den Punkt da zu sein. Das heißt nicht, dass ich jedes Spiel drehen kann. Aber die Trainer haben sich schon etwas dabei gedacht, wenn sie mich eingewechselt haben. Und ich bin froh, dass ich helfen konnte.

Ihr Vertrag läuft am Ende dieser Saison aus. Gibt es schon Gespräche?

Nein, noch nicht. Wegen Corona gibt es zurzeit andere Prioritäten im Verein, Neuverpflichtungen gehen gerade vor. Da bin ich relativ gelassen. Der Austausch ist da, ich kenne Horst Heldt schon aus gemeinsamen Schalker Jahren. Konkret ist noch nichts besprochen, aber das ist ein Gespräch, das wir auch im Vorbeigehen anfangen können.

Haben Sie eine Vorstellung davon, wie Ihre Karriere eines Tages enden könnte?

Mein Wunsch ist, meine Karriere in Köln zu beenden. Deshalb habe ich damals einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschrieben. Ob das tatsächlich so kommt, weiß ich nicht. Es gibt viele interessante Möglichkeiten, auch wenn ich nichts konkret plane wie zum Beispiel einen Wechsel ins Ausland, kann man im Fußball nichts ausschließen.

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