FC-Gegner Hertha BSCDer Fluch des neuen Geldes

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covic

Ante Covic ist seit diesem Sommer Trainer bei Hertha BSC.

  • Investor Lars Windhorst hat über seine Holding für 125 Millionen Euro Anteile am Hauptstadtklub gekauft.
  • Der neue Trainer Ante Covic ist noch auf der Suche nach Formation und Taktik.
  • Köln und Berlin trennt nur ein Punkt, beide Mannschaften brauchen dringend einen Sieg.

Köln – Sie wären gern längst woanders bei Hertha BSC, in mehrfacher Hinsicht. Aus dem riesigen Olympiastadion, wo vor lauter Laufbahn kaum Stimmung aufkommen mag wollen sie ebenso heraus wie aus dem sportlichen Mittelmaß der vergangenen Jahre. Doch die Bestrebungen um ein reines Fußballstadion, das der Verein zur Mitte des nächsten Jahrzehnts beziehen will, stecken in einer Sackgasse. Und der Fußball der Berliner wird auch nicht besser.

Dardais Fußball hatte Kritiker

Dabei haben sie viel verändert. Pal Dardais Trainervertrag wurde im Sommer nach mehr als vier Jahren nicht mehr verlängert. Der Ungar war außerordentlich beliebt, doch das Spiel seiner Mannschaft hatte viele Kritiker. Seinen überwiegend auf Stabilität und Sicherheit ausgerichteten Berlinern flogen nicht gerade die Herzen zu; Elfter und Zehnter wurden sie in den letzten Jahren unter Dardai.  Das war weniger, als der Kader hergab – glaubte zumindest Manager Michael Preetz.

„Attraktiver und erfolgreicher“

Der beförderte im Sommer Ante Covic zu den Profis, um die Hertha „attraktiver und erfolgreicher“ spielen zu lassen. Covic (44) war zuletzt sechs Jahre für die U-23-Mannschaft in der Regionalliga verantwortlich. Mehr als 100 Spiele absolvierte Covic für Hertha BSC, er trage die Hertha-DNA in sich, sagte Preetz. Eine Profimannschaft hatte Covic dagegen noch nie trainiert. Nun sollte der gebürtige Berliner den Fußball der Hertha neu definieren und die Mannschaft von einer lauernden in eine dominierende verwandeln. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren im Umschaltspiel gut entwickelt. Jetzt geht es mir darum, dass wir im Spiel mit Ball noch mehr Gefahr ausstrahlen“, sagte er im Sommer. Doch der Erfolg ist bislang überschaubar: Dem 2:2 gegen den FC Bayern zum Saison-Auftakt folgten zwei Niederlagen. Die Mannschaft war extrem konteranfällig, daher änderte Covic vor dem Spiel in Mainz seine Formation – und verlor mit einer Dreierkette 1:2. Berlin war Letzter.

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Der Deutsche Meister von 1930 und 1931 war damit früh unter Druck geraten. Am vergangenen Wochenende gelang zwar der erste Sieg. Doch das 2:1 über Paderborn sorgte nicht für Freude, der Aufsteiger war die bessere Mannschaft mit dem besseren Plan. „Wir sind nicht blind. Wir haben gesehen, dass wir nicht gut gespielt haben, da müssen wir uns steigern“, sagte Michael Preetz.

125 Millionen neues Kapital

Dass die Berliner überhaupt so unter Druck stehen, eine bessere Saison als zuletzt zu spielen, liegt am Fluch des Geldes. 37,5 Prozent der Anteile an der Profiabteilung verkauften sie im Sommer für rund 125 Millionen Euro an die Beteiligungsgesellschaft des Unternehmers Lars Windhorst. Weitere 12,4 Prozent sollen folgen, dann gehörten 49,9 Prozent des Vereins dem Investor. Ziel sei, „den Abstand nach oben zu verringern“. 80 Millionen Euro wolle man in die Mannschaft investieren; Windhorst sieht in der Hertha einen potenziellen Megaklub aus einer der Metropolen des Kontinents. Er will hoch hinaus, und auch Preetz möchte aus der Hertha gern etwas Aufregendes machen. Der Manager war immer gut darin, die goldenen Aussichten des Vereins zu skizzieren. Doch nun ist der Reichtum über den Verein hereingebrochen. Das muss nicht irgendwann funktionieren. Sondern jetzt.

Transfersommer der Rekorde

Nie zuvor hat die Hertha so viel Geld ausgegeben wie in diesem Sommer. 20 Millionen Euro zahlten sie für Dodi Lukebakio (22), der in der Vorsaison vom FC Watford an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen war und in 31 Bundesligaspielen zehn Tore geschossen hatte. Allerdings ist der rasend schnelle Belgier eher ein Konterspieler, für eine Ballbesitzmannschaft fehlt ihm das fußballerische Element. Mittelfeldspieler Eduard Löwen, der für sieben Millionen Euro von Absteiger Nürnberg kam, hat in dieser Saison erst 36 Minuten auf dem Platz gestanden. Die Hertha rollt noch nicht.

Lukebakio

Dodi Lukebakio wechselte im Sommer für rund 20 Millionen Euro nach Berlin.

Anspruch des Kaders und der Blick auf die Tabelle sagen jedenfalls: Beim Tabellen-16. In Köln am Sonntag (18 Uhr) muss der 15. aus Berlin gewinnen. Statistisch liegen die Mannschaften  nicht weit auseinander. Bei den Kölnern kommt rund ein Viertel aller Pässe nicht an, Berlin kommt auf eine nur leicht bessere Quote von 78 Prozent erfolgreichen Pässen, beide Mannschaften haben extrem wenig Ballbesitz (Köln 44,9 Prozent, Berlin 45,8). Hertha hat fünf Tore erzielt, Köln bislang vier, auch das ist sehr wenig. Auffällig ist, dass keine Mannschaft der Liga so selten auf das Tor schießt wie die Berliner.

Keine Ruhe trotz des Dreiers

Trotz des Erfolgs über Paderborn werden die Berliner in dieser Trainingswoche weiter intensiv an ihrem Spiel arbeiten. „Nicht nur durch die Analyse haben wir gesehen, in welchen Bereichen wir uns verbessern müssen“, sagte Covic am Dienstag. „In Köln erwartet uns ein ganz anderes Spiel als zuletzt. Die Jungs müssen den Ball haben wollen und viele Aufdrehmomente schaffen, damit der Gegner sich zurückzieht und nicht pressen kann“, sagte Covic.

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