Beim 4:1-Sieg gegen den HSV beweist Kölns Trainer Lukas Kwasniok erneut ein gutes Händchen für sein Personal, doch die Sinne beim FC sind auch geschärft.
Köln vor dem Derby in GladbachFC tritt mit breiter Brust im Borussia-Park an

Gemeinsame Freude: FC-Jungstar Said El Mala und sein Trainer Lukas Kwasniok nach dem 4:1-Sieg gegen den HSV
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Die Laune war selbstredend prächtig im Lager des 1. FC Köln nach diesem so wichtigen 4:1-Sieg am Sonntag gegen den Mitaufsteiger Hamburger SV. Die Fans feierten ihren neuen Heroen Said El Mala, der nach seiner Einwechslung mit seinem Tor in der Nachspielzeit zum 3:1 und der Vorlage auf Jakub Kaminski zum Endstand maßgeblich zur Entscheidung beigetragen hatte, kreativ mit einem neuen Gesang nach der Melodie des Songs „Give It Up“ von der KC & The Sunshine Band aus dem Jahr 1982. Und Lukas Kwasniok, der Trainer der Kölner, hatten wiederum mit dem Besungenen so seinen Spaß, jedenfalls sah man beide ausgelassen feiern.
Kurz darauf stimmten sich die Anhänger schon mal auf das Derby schlechthin ein. Mit einem weniger schmeichelhaften Lied, da ist viel mehr von Steinewürfen am Niederrhein die Rede. Muss nicht jedem gefallen, aber das sollte man eher unter Derby-Folklore verbuchen.
Das Duell der Erzrivalen hat es seit März 2024 nicht mehr gegeben, als sich Gladbach und der spätere Absteiger aus Köln nach einem wilden Spiel 3:3 trennten. Und weil man nun seit 20 Monaten auf das Spiel wartet, wird es in den kommenden Tagen bis zum Anpfiff am Samstagabend (18.30 Uhr, Sky) am Niederrhein eben das große Gesprächsthema sein. Es ist aber ein Derby mit veränderten Vorzeichen.
Hier der FC, der mit 14 Punkten nach neun Spieltagen als Tabellensiebter mehr als beachtlich dasteht. Dort die Borussia, die bis zum vergangenen Samstag auf ihren ersten Bundesligasieg warten musste, sich bereits knöcheltief in der Krise befand und schon den Trainer und Sportchef gewechselt hat. Die aber zumindest etwas aufatmen kann. Der 3:1-Sieg im Pokal gegen Karlsruhe war enorm wichtig, das klare 4:0 bei (einem schwachen) FC St. Pauli nahm dann Eugen Polanski, den Nachfolger von Gerardo Seoane als Trainer, aus der Schusslinie und lässt den neuen Sportchef Rouven Schröder etwas ruhiger arbeiten. Die Mannschaft, so ist aus Gladbach zu hören, würde jedenfalls gerne weiter mit dem beliebten Polanski arbeiten.
1. FC Köln: Erneut gehen Lukas Kwasnioks Ideen auf
Vielleicht kamen dem FC die beiden Gladbacher Siege auch nicht so ganz ungelegen. Die Sinne bei den Kölnern wurden jedenfalls so noch einmal geschärft. Und eines wird schon mal auf keinen Fall erfolgen: Der FC wird nicht der Gegner sein, gegen den Gladbach überhaupt mal wieder ein Fußballspiel gewinnt.
Was die Formkurve betrifft, geht der FC favorisiert ins Duell der Traditionsklubs. Wenngleich Kwasniok und seine Kölner das keinesfalls so sehen werden – beziehungsweise wollen. Der 4:1-Erfolg gegen den HSV war beileibe auch nicht so eindeutig, wie er auf dem Papier aussah. „Es war ein Spiel auf des Messers Schneide. Wir mussten richtig leiden“, befand Kölns Sportdirektor Thomas Kessler.

Zwei, die überzeugen konnten: Stürmer Ragnar Ache (r.) brachte den FC in Führung, Florian Kainz erhöhte per Freistoß auf 2:0 und dreht danach jubelnd ab.
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Der Sieg war zwar verdient, doch der FC musste zwischenzeitlich um ihn zittern. Nach dem Anschlusstor von Jean-Luc Dompé (61.) jubelten die Gäste in der 72. Minute sogar über den vermeintlichen Ausgleich durch Luka Vuskovic, doch Rayan Philippe hatte zuvor im Abseits gestanden – und das knapp. Und selbst in doppelter Unterzahl nach den Ampelkarten gegen Immanuel Pherai (79.) und Fabio Vieira (83.) steckte der HSV nicht auf und hatte zu Beginn der zwölfminütigen Nachspielzeit durch Nicolai Remberg die Chance auf das 2:2. Da hielt so mancher FC-Fan kurz den Atem an – um kurz darauf ausgelassen zu jubeln.
Der in der 67. Minute eingewechselte El Mala entschied die Partie mit dem 3:1. Die Personalie war wieder so eine von Kwasniok, die aufging. Dem 19-jährigen Senkrechtstarter zu Beginn eine Pause zu geben, erwies sich als richtig.
Fünf Wechsel hatte Kwasniok im Vergleich zum 1:4 im Pokal gegen Bayern vorgenommen, vor allem die Hereinnahme von Florian Kainz zahlte sich vollends aus. Der Ex-Kapitän hatte seit dem letzten Zweitliga-Spieltag Mitte Mai nicht mehr in der Startelf gestanden. Kwasniok bewies ein gutes Händchen, ahnte wohl, dass Kainz dem Kölner Spiel neue Impulse verleihen könnte – was dann auch der Fall war.
„Ich freue mich natürlich, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, sagte Kainz. Der 33-Jährige wusste als Zehner auf der Position hinter den Spitzen Linton Maina und Ragnar Ache zu gefallen und traf mit einem herrlichen Freistoß zum 2:0. „Das war mein erstes Freistoßtor in meiner Karriere, obwohl ich schon älteren Kalibers bin“, verriet der Österreicher und dienstälteste FC-Profi Verblüffendes. „Er hat die Rolle heute toll angenommen“, lobte Kwasniok den Routinier, der zuletzt zum Kurzarbeiter geworden war: „Es ist eine neue Situation für mich. Ich versuche aber mein Bestes zu geben. Natürlich will ich von Beginn an spielen, aber meine Situation war immer klar kommuniziert“, berichtete Kainz.
Auch Sturm-Neuzugang Ragnar Ache kommt immer besser in Schwung
Immer besser in Schwung kommt auch Neuzugang Ragnar Ache, der jetzt physisch bereit für Bundesliga-Fußball ist und nach dem Tor im Pokal nun auch gegen den HSV traf. „Ich fühle mich topfit und bereit für das Derby“, sagte der Angreifer – und strahlte. Kwasniok hatte aber nicht nur das Duell der Erzrivalen im Sinn: „Wir schauen nach jedem Spiel auf die Differenz zu den Abstiegsplätzen“, sagte der Coach, der natürlich auch weiß, dass Gladbach jetzt auf dem Relegationsplatz steht: „Diesen Abstand wollen wir nach dem kommenden Spiel mindestens halten, um die Menschen in Köln glücklich zu machen.“
Sollten dem FC der Derbysieg und womöglich auch noch dem früheren Gladbacher Talent El Mala das Siegtor gelingen, würden beim FC aber wohl so einige Dämme brechen.

