Said El Mala trifft auch beim 1:1 gegen Augsburg spektakulär. Der 19-Jährige könnte einer der besten FC-Spieler der vergangenen Jahre werden.
FC-KunstschützeEl Mala, der Unglaubliche, ist Kölns neueste Sehenswürdigkeit

Tor für den 1. FC Köln, und wieder hat Said El Mala getroffen. Der 19-Jährige ist Kölns neueste Sehenswürdigkeit.
Copyright: IMAGO/Mika Volkmann
Sandro Wagner kennt sich aus mit Superdribblern, als Stürmer des FC Bayern stand er einst sieben Spiele mit Arjen Robben auf dem Platz, dessen Spezialität das Dribbling nach innen mit anschließendem Schuss in den Winkel war. Sogar 19-mal lief Wagner mit Franck Ribéry auf, dem Franzosen, der mit Ball am Fuß schneller laufen konnte als ohne. Bis zum Sommer war Wagner zudem Assistenztrainer der deutschen A-Nationalmannschaft. Keine schlechte Idee also, den Coach des FC Augsburg zu Said El Mala zu befragen, dem Kölner Angreifer, der am Samstag nach einem kühnen Dribbling in der 76. Minute für Köln zum 1:1-Endstand getroffen und damit Müngersdorf verzaubert hatte.
Die Sehnsucht ist groß nach jemandem, der einordnen kann, mit wem oder was man es da zu tun hat. Doch Wagner wollte nicht mitmachen. „Er ist ein junger deutscher Spieler, dem es guttut, wenn man den Ball ein bisschen flachhält. Das kann Lukas Kwasniok auch besser beantworten. Der sieht ihn öfter“, sagte der 37-Jährige und musste dann doch noch etwas schmunzeln.
Vor der Länderspielpause hatte El Mala den Kölnern in Hoffenheim mit seinem Treffer einen 1:0-Sieg und drei Punkte beschert. Gegen Augsburg zauberte er den Ball unter die Latte und damit einen weiteren Punkt herbei. Ein 1:1 gegen Augsburg wäre zuvor kaum zum Anlass genommen worden, die nächste Euphoriestufe zu zünden. Doch weil der unglaubliche El Mala so atemberaubend aufgetreten war, gingen die Leute wie beseelt nach Hause.
Lukas Kwasniok galt zuletzt als einer, der zumindest versuchen will, die Aufregung um seinen jungen Schützling zu bremsen. Nach dem Schlusspfiff am Samstag korrigierte der Trainer diesen Eindruck allerdings. „Da versteht ihr mich etwas falsch. Ich kann und will den Hype gar nicht kleinhalten“, sagte er.
Ist Kwasniok nun also doch bereit, sich von der Masse derer mitreißen zu lassen, die im jugendlichen Dribbler den Erlöser sehen? Wohl nicht ganz. Kurios war allerdings, dass am Sonntag in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ ein Interview mit dem Coach erschien, das bereits vor dem Spiel geführt worden war.
Machen wir uns nichts vor: Wenn er weiter so trifft und zu den Highlights noch die Bundesliga-wichtigen Aspekte hinzugewinnt, werden wir ihn eines Tages unfassbar teuer abgeben müssen
Darin hatte Kwasniok auf die Frage nach El Mala noch gesagt, es wäre „vielleicht sinnvoll, innezuhalten und mal darüber nachzudenken, was mit einem jungen Menschen passiert, der so im Mittelpunkt steht“. El Mala nun von einer Woche zur nächsten neue Preisschilder anzuheften, sei problematisch, „wir haben alle keine Erfahrungswerte, wie er damit umgehen wird. Deswegen möchte ich einfach mal an die Vernunft appellieren“, sagte Kwasniok der „FAS“. Um sich am Samstagabend selbst zu überholen, als er ungefragt einen Preis für Kölns neueste Sehenswürdigkeit aufrief: „Machen wir uns nichts vor: Wenn er weiter so trifft und zu den Highlights noch die Bundesliga-wichtigen Aspekte hinzugewinnt, werden wir ihn eines Tages unfassbar teuer abgeben müssen.“

Lukas Kwasniok brachte Said El Mala und Marius Bülter am Samstag von der Bank, beide hatten großen Einfluss auf die Partie.
Copyright: IMAGO/Jan Huebner
El Mala selbst schweigt, der Junioren-Nationalspieler lässt Taten sprechen. Nach seinem Startelf-Auftritt in Hoffenheim kam er gegen Augsburg nur von der Bank, war jedoch innerhalb von Augenblicken im Spiel. In der 66. Minute wütete er noch, als er einen Sprint angezogen, den Ball aber nicht bekommen hatte. In der 74. raste er dann vorbei am heillos überforderten Kristijan Jakic, seines Zeichens kroatischer Nationalverteidiger und WM-Dritter 2022.
Einer wie El Mala taucht beim 1. FC Köln womöglich nur alle 20 Jahre auf. Lukas Podolski war bei seinem Debüt im November 2003 18 Jahre alt, am Ende der Saison kam er auf zehn Tore in 19 Partien. Im Juni 2004 nahm er an der EM teil, im Februar desselben Jahres hatte er in der U21 des DFB debütiert; mit Blick auf die WM 2026 könnte das eine Parallele zu El Mala sein, der im Herbst erstmals für die deutsche U21 spielte.
Einer wie Podolski? Wie Littbarski?
Gut 20 Jahre zuvor hatte Pierre Littbarski beim 1. FC Köln die große Bühne betreten; der spätere Weltmeister kam in seiner Premierensaison als 18-Jähriger auf 16 Einsätze und vier Tore. In diesen Sphären muss wohl suchen, wer eine Prognose wagen will. Auch Littbarski war ein anarchischer Dribbler, Podolski ein Mann mit historisch starkem Schussbein. Doch keiner hatte die Kombination aus El Malas Tempo und Größe.
Kwasniok vergleicht El Mala lieber mit Spielern aus dem eigenen Kader, am Samstag gelang ihm eine ziemlich vernünftige Einordnung. „Wir wissen um Saids Fähigkeiten, er ist ein absoluter Highlightspieler. Aber zwischen einem Highlightspieler und einem guten Bundesligaspieler liegen noch Welten“, sagte der Trainer – und verwies auf einen FC-Profi, der ebenfalls die Herzen der Kölner gewonnen hat. „Jakub Kaminski ist nicht so der Highlightspieler. Er ist aber zwei, drei Klassen weiter und wertvoll für die Mannschaft. Unsere Aufgabe ist, Said dahin zu bringen, wo Kaminski jetzt ist“, sagte Kwasniok. Kaminski ist vier Jahre älter als El Mala.
El Mala selbst hielt sich beim Jubel vor der Südtribüne die Ohren zu, als wolle er dokumentieren, dass ihn die ganze Aufregung gar nicht erreiche. Solange er weiter Highlights in der aktuellen Frequenz und Güte setzt, muss er sich zumindest keine Sorgen machen, dass seine Mitspieler seiner Auftritte überdrüssig werden. Marvin Schwäbe, als Kölns Kapitän mitverantwortlich für das Binnenklima, erteilte El Mala die Freigabe für weitere Alleingänge. „Wir müssen nicht drumherum reden: Wir profitieren derzeit enorm von ihm und seinen Qualitäten“, sagte der Torwart.
Sandro Wagner hatte dagegen keine Lust, in die Begeisterung um El Malas Treffer einzustimmen. „Für uns war es jedenfalls kein Genuss“, setzte der Trainer an.
Für die Kölner dagegen umso mehr.