Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Lukas Podolski wird 40 Jahre alt„Vor der Situation hatte ich ein bisschen Bammel“

Lesezeit 7 Minuten
Will auch mit 40 Jahren die Fußballschuhe noch nicht an den Nagel hängen: Lukas Podolski

Will auch mit 40 Jahren die Fußballschuhe noch nicht an den Nagel hängen: Lukas Podolski

FC-Legende und immer noch am Ball: Lukas Podolski über seinen 40. Geburtstag und seinen Anruf beim wahrscheinlichen neuen FC-Trainer Lukas Kwasniok.

Herr Podolski, wie fühlen Sie sich mit 40?

Sehr gut! Ich mache mir um diesen Geburtstag keine großen Gedanken, 40 ist für mich erst einmal nur eine Zahl. Als Profisportler merkst du natürlich, dass nicht alles mehr so problemlos geht wie noch vor fünf oder zehn Jahren. Man braucht schon länger für die Regeneration nach Spielen, auch den Reisestress steckst du nicht mehr ganz so weg wie früher. Du kannst halt deinen Körper nicht selbst verarschen. Aber grundsätzlich fühle ich mich noch absolut fit, mir tut nichts weh, ich rauche und trinke nicht. Und ich kann immer noch gut mithalten, ansonsten hätte ich meinen Vertrag bei Gornik Zabrze ja auch nicht um ein weiteres Jahr verlängert. Ich bin zufrieden und absolut mit mir im Reinen. Ich hatte bisher ein schönes Leben. Ich habe eine tolle Familie, alle sind gesund, als Unternehmer komme ich immer weiter voran und sportlich ist es ja auch nicht so schlecht gelaufen (lacht). Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und musste mir mit Fleiß und Schweiß vieles erarbeiten. Ich denke, ich darf stolz darauf sein, was ich bisher erreicht habe. Die große Party wird es jetzt aber nicht geben. Ich mag es ohnehin ruhiger und gehe alles ganz entspannt an.

Wie nah war Ihr Karriereende? Haben Sie mit der Entscheidung gerungen?

Ja, ich habe mir schon größere Gedanken über mein Karriereende gemacht. Und bevor ich die Entscheidung gefällt habe, hatte ich schon bei einigen Events zugesagt. Ab Mitte Juni bin ich bei der Klub-WM in Miami, im August dann bei einem Benefizspiel in Kobe (Podolski spielte von 2017 bis Anfang 2020 für Vissel Kobe, Anm. d. Red.) für die Opfer der großen Erdbeben-Katastrophe vor 30 Jahren. Aber mein Verein Zabrze ist da eingeweiht und weiß, dass ich zugesagte Termine einhalte. Ich habe natürlich auch mit meiner Familie über meine Pläne gesprochen – und dabei große Unterstützung erfahren. Alle stehen hinter meiner Entscheidung, noch ein weiteres Jahr dranzuhängen. Viele Teamkollegen, Mitarbeiter und natürlich die Fans haben gesagt: Poldi, wir brauchen dich noch, mach bitte weiter. Und mein Verein will das ja auch und hat mir noch einmal ein neues Vertragsangebot gemacht. Die erste polnische Liga ist keine Kirmes-Liga, da musst du schon immer körperlich und mental bereit sein – auch im Training. Und das bin ich. Am Ende hat die Lust, weiter auf dem Platz zu stehen, überwogen.

Lukas Podolski spielt auch kommende Saison beim polnischen Erstligisten Gornik Zabrze.

Lukas Podolski spielt auch kommende Saison beim polnischen Erstligisten Gornik Zabrze.

Können Sie nicht loslassen?

Fußball ist halt das, was ich liebe. Für den Traum, Profi zu werden, habe ich alles gegeben. Wer das nicht erlebt hat, für den ist es vielleicht schwer nachvollziehbar: Aber ich liebe den Wettkampf, die Atmosphäre, die Emotionen. Ich hatte auch ein bisschen Bammel vor der Situation nach einem Karriereende. Ich wäre wohl dann mit der Familie sicherlich in einen längeren Türkei-Urlaub gefahren. Und zwar zu einer Zeit, in der sich alle Mannschaften auf die neue Saison vorbereiten. Das bekommst du ja unweigerlich mit. Da wäre bei mir vielleicht der Gedanke aufgekommen: Hättest du doch bloß mal weitergemacht. Vor der Situation hatte ich ein bisschen Bammel, das gebe ich gerne zu. Ich weiß natürlich auch, dass meine Karriere bald vorbei ist. Aber noch nicht jetzt. Ich bin 40 und seit 22 Jahren im Profifußball erfolgreich: Ich denke, das können nicht viele andere vorweisen.

Sie sind nicht nur Profi und Botschafter für Gornik Zabrze, sondern helfen dem Verein auf sehr vielen Ebenen. Geht Ihr Engagement so weiter?

Ich durfte bei Gornik bereits in viele Abteilungen reinschnuppern. Der Verein profitiert von meinem Netzwerk, meinem Bekanntheitsgrad und meiner Erfahrung im Profi-Business. Ich habe Sponsoren an Land gezogen und dem Verein auch zu Transfers verholfen, durch die der Klub Millionen Euro eingenommen hat. Ich engagiere mich seit Jahren in der Jugendakademie von Gornik. Man fragt mich bei vielen Dingen nach Rat. Gornik ist ein Traditionsverein, der allerdings keine einfachen Zeiten hinter sich hatte. Aber mittlerweile stimmt die Entwicklung und es geht weiter voran. Ich mache da jetzt weiter. Dafür brauche ich aber keinen speziellen Posten.

Zudem sind Sie ein viel beschäftigter Unternehmer. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut? Sind Sie rastlos?

Was heißt denn rastlos? (lacht) Ich entwickle gerne Dinge und treibe sie mit Herzblut voran. Ich habe mir sehr gute Partner ausgesucht, die mir bei der Umsetzung helfen. Wenn man viele Dinge gleichzeitig macht, ist das natürlich auch manchmal anstrengend – vor allem auch die vielen Reisen. Aber ich sage immer gerne: Von nichts kommt halt auch nichts. Ich mag keinen Stillstand und bin ein Macher. Und wenn du dann noch merkst, dass die Dinge funktionieren, dann gibt dir das noch einmal einen zusätzlichen Push. So ticke ich nun einmal, das ist meine Mentalität.

Einen „Macher“ mit Ihren Kontakten könnte wahrscheinlich auch der 1. FC Köln in Zukunft gebrauchen, oder?

Ich weiß, worauf Sie hinauswollen (lacht). Jeder weiß, wie ich zum FC stehe, was ich für den Verein empfinde. Der FC hat nach dem Bundesliga-Aufstieg aber ganz andere Baustellen als eine Einbindung von mir in den Verein. Auf Teufel komm raus muss sich da gerade gar nichts ergeben, ich bin da total entspannt und bin ohnehin gut ausgelastet. Was die Zukunft bringt, weiß ich auch nicht. Ich bin offen für vieles, aber ich muss mich nicht selbst beim FC ins Spiel bringen. Und das mache ich auch nicht.

Lukas Podolski lässt bei seinem Danke-Spiel die Kulisse im Stadion auf sich wirken.

Lukas Podolski lässt bei seinem Danke-Spiel die Kulisse im Stadion auf sich wirken.

Aber werden Sie Wahlkampf für Ihren langjährigen Geschäftspartner Wilke Stroman machen, der FC-Präsident werden will und sich jetzt auch offiziell mit Carsten Wettich und Tugba Tekkal für den Vorstand bewirbt?

Ich kenne Wilke sehr lange, er ist ein Freund. Und er ist ebenfalls ein Macher und zudem ein guter Typ. Er liebt den FC seit vielen Jahren, könnte sicherlich im Verein etwas bewirken und ist mit Mitte 40 zudem noch jung. Er bekommt meine Stimme. Aber am Ende entscheiden das ganz allein die FC-Mitglieder. Trotz des Aufstiegs erlebt der FC gerade eine Phase des Umbruchs mit vielen noch offenen personellen Fragen.

Was sollten die Ziele des Klubs in der kommenden Saison sein?

Sie sagen es, es ist noch vieles offen. Und die Stimmung beim FC ist nicht so, wie es bei einem Aufsteiger eigentlich sein sollte. Aber das hat sicherlich auch viel mit der jüngsten Vergangenheit des Klubs zu tun. Was beim FC in den vergangenen Jahren alles passiert ist, war sehr oft zermürbend. Sogar für die größten FC-Sympathisanten. Das nimmt dir zunehmend die Kraft und Lust. Ich wünsche mir einen Verein, in dem endlich alle an einem Strang ziehen, mehr Harmonie und weniger Unruhe herrscht. Ich denke, dass es in der kommenden Saison erst einmal einzig um den Klassenerhalt geht. Für mehr wird es wohl noch nicht reichen, sämtliche Aufsteiger hatten es in den letzten Jahren schwer.

Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit Ihres früheren FC-Teamkollegen Thomas Kessler, der seit kurzem als Sportdirektor die Planungen vorantreibt?

Thomas ist eine gute Lösung. Er ist Kölner, kennt den Klub und seine Strukturen in- und auswendig. Das ist sicherlich ein Vorteil. Er ist ein cleverer Typ, die ersten Entscheidungen sind vielversprechend. Ich weiß aber auch nicht, was schon zuvor alles vorbereitet war. Für ein Urteil ist es viel zu früh – vor allem für mich als Außenstehenden.

Lukas Kwasniok, der aller Voraussicht nach neuer FC-Trainer wird, ist wie Sie im schlesischen Gleiwitz geboren. Wie gut kennen Sie ihn?

Wir haben uns erstmals im Sommer 2023 kennengelernt, als wir mit Gornik im Trainingslager ein Testspiel gegen Paderborn bestritten. Er hat in Paderborn trotz eines überschaubaren Budgets sehr gute Arbeit geleistet, einen attraktiven Fußball spielen lassen und Spieler weiterentwickelt. Vor drei, vier Wochen habe ich Lukas mal angerufen. Die gleiche Geburtsstadt, das verbindet natürlich (lacht). Ich habe ihn mal gefragt, was denn seine Pläne sind, wir bei Gornik suchen ja schließlich auch einen neuen Cheftrainer (lacht). Er hat entgegnet, dass er viele Anfragen und Gespräche habe. Das Ausland würde ihn zwar auch mal reizen, käme aber noch zu früh. Und natürlich haben wir noch kurz über den FC geplaudert. Lukas ist ein emotionaler Typ, der die Leute mit seiner Art mitnimmt. Ich mag solche Typen. Ich kenne die Pläne der Kölner Verantwortlichen nicht, und der 1. FC Köln ist natürlich ein ganz anderer Standort und ein viel heißeres Pflaster als Paderborn. Aber ich denke, dass mit ihm und dem FC könnte passen.