Einwurf - WM-Kolumne mit Annette FrierWeit weg von Toni Kroos

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Annette Frier ist eine deutsche Schauspielerin und Kabarettistin und schreibt während der WM eine Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Annette Frier ist eine deutsche Schauspielerin und Kabarettistin und schreibt während der WM eine Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Köln – Es ist aber auch schwierig, liebe Leserinnen und Leser! Da sitzen auf der Ehrentribüne einer WM-Eröffnungsfeier fröhliche Diktatoren, illustre Wirtschaftsbosse, VIP-Hinz und Waffenhändler-Kunz und natürlich der unvermeidliche Gazprom-Schröder als langjähriger Familienfreund von Gastgeber Wladimir Putin.

Auf dem Platz zeigt der grau melierte Robbie Williams den Stinkefinger, und im Netz zerreißt man sich das Maul über Palina Rojinski. Die soll ja für die ARD die Jugend vor den Bildschirm locken, indem sie ihr im leeren Gorki Park ein bisschen holprig Russland zu erklären versucht. Stattdessen aber springt sie, verlegen „Singing in the Rain“-trällernd, von Pfütze zu Pfütze und hält dabei – um im Bild zu bleiben – krampfhaft ihren Moderationsbadeanzug fest.

Eigentlich gar kein Skandal

Während das alles also mehr oder weniger gleichzeitig passiert, sitze ich vor der Glotze und versuche, meinem Zehnjährigen die weltpolitische Gossip-Situation, die sich uns hier darbietet, kindgerecht zu erläutern. Ist schwierig, sag ich ja.

„Erster WM-Skandal“, lese ich jetzt die Kommentare über Robbies Auftritt.  Wie jetzt, Skandal??? Ich bin in meinem Leben schon auf diversen Robbie-Williams-Konzerten gewesen und kann mich nicht entsinnen, dass er jemals auf den Mittelfinger verzichtet hätte. Das gehört sich doch so für einen internationalen Popstar. Am Donnerstag selbiger also für seine Kritiker-Fans. So what?

Ist Putin ein Freund vom Trump?

Mein Sohn beginnt mir Fragen zu stellen. Warum finden wir den Putin noch mal doof? Ist der ein Freund vom Trump? Dem Gündogan geht’s voll schlecht, und warum sagt der Özil gar nix? Meine Antworten bleiben schwammig, vernuschelte Allgemeinplätze. Ich schäme mich ein bisschen für meine Haltungsnot.

„Wann zieht der Toni Kroos eigentlich nach Köln?“ Gott sei Dank, konkrete Frage, leichte Antwort: „Wenn seine Profikarriere vorbei ist, schätze ich.“ – Können wir den dann mal besuchen?“ – „Glaub nicht.“ – „Warum nicht, ich dachte, du kennst den!?“ –  „Einmal getroffen, Bruno! Das ist doch nicht kennen!“ – „Toll! Echt jetzt, Mama, wofür bist du eigentlich prominent?!“ Stimmt, wofür eigentlich? Egal! „Halt den Mund, Bruno, ich will das Spiel sehen!“  Der ganzen Welt, aber auch uns zu Hause eine faire, schöne WM! Mit ohne Polemik, bitte.

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