Im Finale der Europa League trifft Bayer 04 Leverkusen am Mittwochabend auf den italienischen Klub Atalanta Bergamo. Die Erwartungen der Werkself sind hoch.
Finale in DublinBayer 04 Leverkusen will nach 36 Jahren wieder auf einen europäischen Thron

Falko Götz (Mitte) und Wolfgang Rolff (rechts) feiern den Sieg des Uefa-Pokals 1988.
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Als es am Dienstag vom Flughafen Köln/Bonn aus über den Ärmelkanal nach Irland ging, waren die Glücksbringer von Bayer 04 Leverkusen mit an Bord. Einige Spieler aus der Mannschaft von 1988 rund um Wolfgang Rolff und Falko Götz reisten mit nach Dublin, um dabei zu sein, wenn im besten Fall ihre Nachfolger gekrönt werden. 36 Jahre nach dem Gewinn des Uefa-Cups gegen Espanyol Barcelona soll am Mittwochabend dieselbe Trophäe im Nachfolgerwettbewerb Europa League wieder in Leverkusener Hände gehen. Dazu ist ein Sieg gegen den italienischen Tabellenfünften Atalanta Bergamo nötig – wenn es sein muss, auch erst im Elfmeterschießen wie 1988.
Aber selbst dieser Erfolg wäre für den Deutschen Meister noch nicht das Ende einer außerordentlichen Saison. Nur drei Tage später wartet auch noch das Endspiel im DFB-Pokal gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern. „Wir haben für zwei Finals gepackt, ein Koffer geht nach Dublin, der andere geht nach Berlin“, sagte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes unmittelbar vor dem Abflug. „Das ist schon eine skurrile Situation, aber natürlich wunderschön. Ich glaube, dass die Motivation nicht größer sein könnte, morgen in Dublin das Spiel zu gewinnen.“

Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes vor dem Abflug nach Dublin
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Bayer 04 Leverkusen winkt eine ganze Saison ohne Pflichtspiel-Niederlage
Dass Leverkusen nicht Gefahr läuft, satt von der ersten Meisterschaft der Klubgeschichte in dieses Endspiel zu gehen, hat die Mannschaft bereits in den vergangenen Wochen nach dem Titelgewinn Mitte April unter Beweis gestellt. Sie verlor weiter kein Spiel, ist nun das erste Team, das ungeschlagen Deutscher Meister ist. Gewinnt Bayer 04 auch die beiden Finalspiele, hat sie sogar eine komplett perfekte Saison ohne eine einzige Niederlage in allen Wettbewerben gespielt. „Wir sind mit einer guten Mischung aus Anspannung und Lockerheit unterwegs“, sagt Rolfes, „weil das wichtigste Ziel in der Saison, die Meisterschale, die haben wir. Und jetzt können wir alles raushauen, damit wir noch zwei weitere Titel holen.“
Mit auf dem Platz stehen in der 51.700 Zuschauer umfassenden Dublin Arena wird auch Florian Wirtz. Der 21-Jährige plagte sich in den vergangenen Wochen mit hartnäckigen Oberschenkelproblemen nach einem Schlag im Spiel in Dortmund herum. Beim Bundesligafinale gegen Augsburg (2:1) bekam er 30 Minuten Spielpraxis, in Dublin soll der Mann, der gerade zum Bundesliga-Spieler der Saison gekürt wurde, in der Startelf stehen. „Das ist eine großartige Auszeichnung für ihn, das freut uns alle riesig. Er verdient es. Durch die Leistung, die er gebracht hat, hat er uns mit zum Titel geführt in der Bundesliga“, betonte Rolfes. „Nun konnte Flo ein bisschen Kraft tanken, so dass er topfit reingeht, sowohl morgen als auch Samstag. Am Ende brauchen wir ihn, er ist ein Unterschiedsspieler, ein Spieler, der alle begeistert, auch die neutralen Fans, und ich freue mich, dass er fit ist.“
Atalanta Bergamo warf Olympique Marseille und den FC Liverpool aus dem Wettbewerb
Die Leverkusener sind sich nach 51 Spielen ohne Niederlage bewusst, dass sie in beide Spiele mit der Favoritenrolle gehen werden. Dennoch heben alle unisono ihre Finger und warnen vor Atalanta, das zuletzt nicht nur Olympique Marseille, sondern auch Jürgen Klopps Liverpool ausgeschaltet hatte – mit einem 3:0 im Hinspiel an der Anfield Road.
Ich erwarte also nichts Leichtes. Es wird ein sehr, sehr schwieriges Spiel werden. Sie spielen eins gegen eins über den gesamten Platz
Trainer bei den Bergamesi ist seit 2016 Gian Piero Gasperini. Der 66-Jährige hat aus den Norditalienern einen international gefürchteten Klub gemacht. Leverkusen-Angreifer Patrik Schick erinnert sich an seine Zeit bei der AS Rom. „Ich kenne den Stil und die Art und Weise, wie sie spielen wollen“, sagt der Tscheche. „Ich erwarte also nichts Leichtes. Es wird ein sehr, sehr schwieriges Spiel werden. Sie spielen eins gegen eins über den gesamten Platz. Es wird also ein sehr aggressives und hartes Spiel werden. Wir müssen bereit sein, zu kämpfen.“
Beim Rückspiel im Viertelfinale bei West Ham United hatte Leverkusen bereits Probleme mit dieser Art der Aggressivität gegen das eigene Aufbauspiel. Die Londoner konnten die Intensität aber nur für eine Halbzeit auf den Platz bringen. Das wird bei Atalanta anders sein, die Mannschaft kennt gar keine andere Art, zu spielen. Auch Bayer-Erfolgstrainer Xabi Alonso warnt vor Bergamo, das mit Ex-Leverkusen-Spieler Mitchel Bakker anreist: „Sie sind sehr gefährlich, wir müssen aufpassen. Sie sind eines der besten Teams in Europa.“
12.000 Leverkusener Fans reisen nach Dublin
Leihspieler Josip Stanisic, der natürlich sehr gerne im Sommer mit dem Triple im Gepäck zurück in die Bayern-Kabine kommen würde, betont, wie motiviert die Mannschaft ist, die Saison mit zwei weiteren Siegestaumeln zu beenden: „Das löst ja etwas aus gerade, das ist ja mehr als eine normale Englische Woche. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Wir haben die ganze Saison darauf hingearbeitet, um in der Position zu sein. Und natürlich setzen wir jetzt alles daran, die zwei Titel noch mitzunehmen.“
Um erst einmal den zweiten Titel der Saison in der Dublin Arena einzufahren, hoffen die Protagonisten auch auf die Hilfe der rund 12.000 mitgereisten Anhänger, für deren Einsatz sie sehr dankbar sind bei Bayer 04. „Ich habe einen Riesenrespekt, dass so viele Fans nach Dublin kommen, weil es gar nicht so einfach ist, da hinzukommen“, sagt Rolfes. „Ich bin davon überzeugt, dass wir auch morgen eine fantastische Stimmung und vielleicht auch auf den Tribünen einen kleinen Vorteil haben werden.“ Zudem hat Leverkusen auf den Tribünen noch die Glücksbringer von 1988 dabei.
Leverkusen: Kovar – Stanisic, Tah, Tapsoba – Frimpong, Xhaka, Andrich, Grimaldo – Wirtz, Adli – Boniface. – Bergamo: Musso - Scalvini, Hien, Djimsiti - Zappacosta, Pasalic, Ederson, Ruggeri - de Ketelaere, T. Koopmeiners – Scamacca. – Schiedsrichter: Kovács (Rumänien).