Die Werkself ist St. Pauli spielerisch unterlegen, kann gerade am Schluss aber kämpferisch überzeugen.
Leverkusens Sieg bei St. PauliNicht schön, aber wichtig – Bayer 04 ist jedes Mittel recht

Ernest Poku (r.) lässt sich nach seinem 2:1-Siegtreffer feiern.
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In den letzten Spielminuten hatte der Rasen am Millerntor eine scheinbar magische Anziehungskraft auf die Profis von Bayer 04. Im 20-Sekunden-Takt gingen Leverkusener Fußballer zu Boden und wurden vom Anhang des FC St. Pauli mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert bedacht. Alejandro Grimaldo, Mark Flekken und vor allem Loic Bade wuchsen am Samstag beim Sekunden schinden über sich hinaus. Doch ansehnlich konnte an diesem Nachmittag aus Leverkusener Sicht ohnehin nur noch das Ergebnis werden, fußballerisch gelang dem runderneuerten Vizemeister fast nichts. Kämpferisch dafür umso mehr.
So konnte Bayer 04 nach vielen späten Nackenschlägen in den vergangenen Wochen gegen St. Pauli endlich eine Führung über die Zeit bringen und mit dem 2:1 (1:1) drei für die Tabelle und vor allem das Gemüt wichtige Punkte sammeln. „Ich habe gesagt, wir brauchen Zeit, um unser Spiel aufzubauen“, sagte Trainer Kasper Hjulmand. „Aber wir brauchen keine Zeit, um Spiele zu gewinnen.“ Gerade Siege wie am Samstagnachmittag seien „der beste Beschleuniger für unsere Entwicklung“. Bis dahin war es aber ein Kraftakt.
St. Pauli übernahm vor heimischer Kulisse schnell die Kontrolle und führte der Werkself ihre Baustellen schonungslos vor Augen. Die Hamburger wirkten spritziger, ideenreicher und um Längen eingespielter, fußballerisch war der Kiezklub klar besser als die Leverkusener Multimillionen-Auswahl. Doch beim für ein Fußballspiel entscheidenden Aspekt hatte Bayer 04 die Nase vorn: Effizienz. Mit der zweiten Torannäherung ging Leverkusen in Führung (25.). Grimaldo hatte einen Freistoß ins Zentrum geschlagen, St. Pauli die Flanke nicht gut verteidigt – und Edmond Tapsoba, der wenige Augenblicke zuvor auf der eigenen Torlinie als Retter in Erscheinung getreten war – drückte den Abpraller zum 1:0 ins Netz. „Für mich als Verteidiger fühlt sich die Rettungstat natürlich besser an“, meinte Tapsoba mit einem Lächeln, „aber das Tor war auch nicht schlecht“.
Mark Flekken patzt schwer
Doch wieder schöpfte Leverkusen aus der Führung kein neues Selbstvertrauen. Ein Makel, der sich wie ein roter Faden durch die bisherige Saison zieht. St. Pauli schüttelte sich und kam, mit freundlicher Unterstützung von Mark Flekken, zum verdienten Ausgleich. Leverkusens niederländischem Keeper war in der 33. Minute ein Eckball aus den Fingern gerutscht, Hauke Wahl reagierte schnell und schoss technisch anspruchsvoll mit dem Rücken zum Tor den Ball über sich hinweg in den Winkel. Auch im zweiten Durchgang war St. Pauli dominant, ließ aber zu viele Chancen liegen. Bayer 04, das nach einem Foulspiel des bereits verwarnten Jarell Quansah in der 50. Minute Glück hatte, die Partie zu elft zu beenden, stand tief und setzte durch Joker Ernest Poku den entscheidenden Konter (58.). Der junge Niederländer hatte nach feinem Zuspiel von Grimaldo wuchtig ins kurze Eck vollendet – zwei Minuten nach seiner Einwechslung.
Am Mittwoch ist Eindhoven zu Gast in Leverkusen
Anschließend beschränkte sich Bayer 04 auf ein giftiges und galliges Verteidigen, was dem Team mit fortlaufender Spielzeit auch immer besser glückte – egal mit welchen Mitteln. Der Zweck heiligte jedes Mittel am Millerntor. „Wir haben am Ende gelitten“, gestand Grimaldo, „aber wir haben die Punkte geholt. Und das ist, was zählt.“ Coach Hjulmand, der auch im vierten Pflichtspiel ungeschlagen blieb, lobte: „Wir haben Charakter gezeigt.“
Nicht grundlegend anders dürfte Leverkusens Herangehensweise am Mittwoch aussehen, wenn der Werksklub in der Champions League nach dem dürftigen 2:2 zum Auftakt in Kopenhagen die PSV Eindhoven in der Bay-Arena zu Gast hat (21 Uhr). „Ich hoffe, dass uns der Sieg hier viel Selbstvertrauen für Mittwoch gibt“, meinte Matchwinner Poku.
Möglicherweise muss Bayer 04 den 2:1-Sieg beim FC St. Pauli teuer bezahlen. Kapitän Robert Andrich war in der 35. Minute weggerutscht und hatte eine Adduktoren-Verletzung angezeigt. Der Routinier spielte bis zur Halbzeit weiter und wurde dann ausgewechselt. In der zerfahrenen Schlussphase blieb Patrik Schick nach einem Zweikampf liegen und humpelte anschließend vom Feld, den Tschechen hat es am hinteren Oberschenkel erwischt. Genaue Diagnosen gab es zunächst nicht. (ckr)