Ehrung nach EM-FinalePrinz William war königliches Protokoll egal

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Leah Williamson und Prinz Willia

Prinz William umarmt Englands Leah Williamson

London/München – Auch die Queen war amused. Während England das erlösende Ende der „56 years of hurt“, dieser schmerzhaften 56 Jahren ohne Titel feierte, da verneigte sich Elisabeth II. aus Schloss Balmoral verbal vor ihren Untertaninnen. Der Erfolg der „Löwinnen“ gehe „weit über die Trophäe hinaus, die sie so verdientermaßen gewonnen haben“, betonte die „Lioness-in-chief“ (Telegraph), „sie sind eine Inspiration für Mädchen und Frauen heute, und für künftige Generationen“.

Die englischen Medien überschlugen sich derweil vor Begeisterung über den ersten Titel des Mutterlands des Fußballs seit dem Finalsieg der Männer gegen Deutschland bei der WM 1966. „SHE are the Champions“, dichtete der Mirror mit zwei Buchstaben die Jubelarie der Rockgruppe Queen um, ansonsten war auf den vielen Sonderseiten immer wieder zu lesen: Ein historischer Sieg, das Warten hat ein Ende, und ja, England hat im Finale Deutschland besiegt, den achtmaligen Europameister, die „Titanen“.

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Prinz William im Überschwang der Gefühle

Im Überschwang der Emotionen geschah sogar etwas völlig Unerhörtes: Bei der Ehrung der neuen Heldinnen fiel die englische Kapitänin Leah Williamson dem zuvor ziemlich ausgelassen jubelnden Prinz William um den Hals - der aber darf, weil künftiger König, tatsächlich gar nicht angefasst werden. Dem eher volksnahen Thronfolger, der immerhin auch Präsident des englischen Fußball-Verbandes FA ist, schien das königliche Protokoll allerdings egal zu sein. Es wirkte, als genieße er die Umarmung.

william umarmt Kelly

Prinz William bei der Ehrung der englischen EM-Siegerinnen.

All dies wäre vielleicht nicht möglich gewesen ohne Sarina Wiegman, vollständiger Name Sarina Petronella Wiegman-Glotzbach. Die Niederländerin hatte 2017 schon ihr Heimatland zum EM-Titel geführt, mit ihr kauften die Engländer eine Art Erlöserin ein. Auch für die 52 Jahre alte Trainerin hat der Sieg eine übergeordnete Bedeutung: „Die Welt wird sich verändern, wir wissen das“, sagte sie, „wir verändern die Gesellschaft, das ist, was wir wollen, und das geht über den Fußball hinaus.“

Ein klein wenig wurden nebenbei die „Three Lions“, also die englischen Männer bespöttelt, denen es im vergangenen Jahr im EM-Finale gegen Italien nicht gelungen war, die damals „55 years of hurt“ zu beenden.

Telegraph: „Tiefster Schmerz der englischen Sportpsyche beseitigt“

Nun aber ist der „tiefste Schmerz der englischen Sportpsyche beseitigt“, schrieb der Telegraph - „und wer weiß“, orakelte umgehend der Daily Express, „vielleicht inspiriert der Triumph der Löwinnen sogar die englische Mannschaft von Southgate bei der Weltmeisterschaft in Katar im November“.

Bis dahin werden sie in Deutschland auch eine dieser Europameisterinnen begrüßt haben. Georgia Stanway, die im Viertelfinale gegen Spanien mit ihrem Siegtreffer zum 2:1 den „Stanway to Heaven“ geebnet hatte, spielt künftig für den FC Bayern. Nach dem Finale stand die 23-Jährige mit zwei ungeöffneten Bierdosen auf dem Rasen herum - in München werden sie ihr wohl erst mal beibringen, dass das „Manna“ bevorzugt aus Maßkrügen getrunken wird. (ksta, sid)

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