Kommentar zur NationalmannschaftLöw muss Zweifel zulassen

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Loew

Joachim Löw arbeitet seit 2004 für die Nationalmannschaft.

  • Löw hat im Bundesligaalltag wenig Relevanz, seine Qualität zeigt sich traditionell bei großen Turnieren.
  • Durch die deutsche Pleite bei der WM 2018 hat das Vertrauen in Löw einen schweren Schaden genommen.
  • Nun der Bundestrainer Zweifel zulassen, um zu den genialen Lösungen zu finden, die es für eine erfolgreiche EM braucht.

Köln – Man fragt sich ja schon manchmal, was ein Bundestrainer so tut, wenn er seine Mannschaft nicht beisammen hat. Als Antwort fallen dann oft Begriffe wie Fortbildung oder Spielbeobachtung, womöglich auch Sichtung und Schulung. Ein Bundestrainer in den Wochen und Monaten zwischen den Länderspielen befasst sich, so könnte man zusammenfassend sagen, überwiegend mit Dingen, die auf „-ung“ enden, was ja nicht allzu glamourös klingt. Doch spielte das bislang kaum eine Rolle, denn es herrschte Einigkeit darüber, dass Joachim Löw schon wusste, was er zu tun hatte, das sagt Löw ja selbst oft genug.

Meister des Teamgeists

Seine wahre Qualität entfaltete Löw ohnehin zuverlässig erst dann, wenn er die DFB-Auswahlspieler vor einem Turnier zusammenzog und einer mehrwöchigen Intensivmaßnahme unterzog.

Im Stadion von Genf etwa erfand er in den Wochen vor der WM 2006 die Innenverteidiger Metzelder und Mertesacker. Löw weckte vor Turnieren den Teamgeist; sorgte dafür, dass seine Spieler die jeweils fittesten im Wettbewerb waren. Und traf immer wieder interessante Personalentscheidungen, selbst wenn er 2014 eine Verletzung Shkodran Mustafis brauchte, um nach dem Achtelfinale gegen Algerien Philipp Lahm wieder zum Rechtsverteidiger und in der Folge Deutschland zum Weltmeister zu machen. Die Lehren aus 16 Jahren Joachim Löw beim DFB, und die zwei Jahre mit Jürgen Klinsmann gehören definitiv dazu, waren folgende: Der Mann weiß, was er tut. Darum sollte man ihn machen lassen. Schließlich ist er nicht nur lange dabei. Er ist Weltmeister.

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Doch hat sich diese Wahrnehmung des Bundestrainers verändert. Die gefährlich späte Einsicht 2014 hat man ihm rasch verziehen. Doch als er vor der Russland-WM 2018 auf die damalige Nachwuchs-Sensation Leroy Sané verzichtete, um mit einer Mannschaft ohne jedes Flair die Titelverteidigung zu verpatzen, war es geschehen um Löws Unfehlbarkeit. Dass es seitdem Zweifel gibt an ihm, damit muss er umzugehen lernen.

Geniale Lösungen gefragt

Der deutsche Fußball bietet viel Talent. Doch gerade in der Abwehr wird der Erfolg davon abhängen, dass Löw nicht einfach nur die richtigen, sondern geniale Lösungen findet. Und zwar nach zähem Ringen und dem Überwinden größter Selbstzweifel – Selbstzweifel, die Löw dringend zulassen muss.

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