Kommentar zu Homosexualität im FußballEin fairer Sport für alle – das wäre ein Traum!

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Philipp Lahm bild

Philipp Lahm, Weltmeister von 2014

Köln – Zwei Ereignisse mit scheinbar großem Widerspruchspotenzial wurden am Mittwoch publik. Erstens: Philipp Lahm, Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014, rät homosexuellen Fußball-Profis aus Sorge um deren Seelenheil davon ab, sich zu offenbaren. Zweitens: 800 Fußballer haben Kollegen und Kolleginnen zum Coming Out ermuntert und ihnen die Unterstützung in diesem Fall zugesichert.

Beide meinen dasselbe: Die Angst vor Stigmatisierung, Ausgrenzung und Belästigung von Homosexuellen im Fußball muss aufhören.

Die Frage ist allerdings, ob einem Einzelnen der Preis des Vorangehens zugemutet werden kann. Der Fußball spielt in der öffentlichen Darstellung durch Verbände, Vereine und Interessengruppen die Rolle des vorbildlichen Kämpfers für die Rechte von Ausgegrenzten und Unterdrückten.

Das muss auch so sein, denn alles andere wäre ein Eintreten gegen die Menschenrechte. Die Realität, in der ein Profi seinen Beruf ausüben muss, ist allerdings eine andere.

Ein Blick auf das Rassismus-Problem des Fußballs offenbart den Gegensatz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Beim Thema Homosexualität ist er noch größer. Bisherige Outings vor allem in England hatten für Betroffene vor allem im Männerfußball katastrophale Folgen.

Auch im Jahr 2021 hätte kein prominenter aktiver Profi die Chance, nach einer Öffentlichmachung anders wahrgenommen zu werden als einer, der vor allem schwul ist. Er wäre Hauptdarsteller eines sozial-medialen Experiments mit zahllosen Schlagzeilen, Diskussionen, Internet-Hasstiraden und allem, was in einer digitalisierten Welt dazugehört.

Von einem Einzelnen, so sehr er der Sache helfen würde, würden übermenschliche Kräfte und die Bereitschaft verlangt, seine sportliche Karriere zu riskieren. Deshalb hat es in der Macho-Welt des deutschen Männerfußballs noch keiner getan.

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Wie weit alle zusammen von einer angemessenen Beurteilung des Themas entfernt sind, zeigt die Umschreibung „sexuelle Orientierung“ oder sogar das Wort Homosexualität selbst. Die Frage, wie ein Mensch zu seinem eigenen Geschlecht, zu anderen Geschlechtern und den üblichen Einordnungen steht, geht über Sexualität weit hinaus. Es ist eine Frage der Identität, des Ich-Seins, des tiefsten, eigenen Lebensgefühls.

Ein Fußball, der jede Spielerin und jeden Spieler ohne Vorurteil und ohne Stereotype gleich und fair beurteilt, wäre ein Traum. Es kann ihn jedoch nur in einer Welt geben, die ihm das konsequent vormacht. Wir sind von ihr noch ziemlich weit entfernt.

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