Curtius vs. KellerWarum der Waffenstillstand beim DFB nicht lange halten wird

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Curtius Keller

Die Gegner: DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius (l.) und Präsident Fritz Keller.

Frankfurt – Es steht nicht gut um den deutschen Fußball. Zwar schaffen es die Profis, abgekoppelt von allen Inzidenzzahlen und Beschränkungen für die Bevölkerung den Spielbetrieb weitgehend störungsfrei aufrechtzuerhalten, aber bei den Amateuren mehren sich die Nöte. Mehr als die Hälfte der Klubs fürchtet sich nach einer jüngsten Umfrage des Bayrischen Fußball-Verbandes vor nachhaltigen Schäden durch die Pandemie – und mit jedem verlängerten Lockdown verschärfen sich die Probleme.

Arbeit gebe es also genug für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Dachverband für seine rund 25000 Vereine, deshalb mutet es geradezu grotesk an, dass sich der größte deutsche Einzelsportverband auf höchster Ebene blockiert hat. Zwischen Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius ist nach der mehr als sechsstündigen DFB-Präsidiumssitzung am Freitag eine Pattsituation entstanden, die unweigerlich zu Lähmungserscheinungen führt.

Reibereien auch zwischen Koch und Keller

Dass die Streithähne „letztmalig“ einen Versuch unternehmen, gedeihlich miteinander auszukommen – oder wie es in der kurzen Pressemitteilung heißt, „Regeln und Rolle für eine künftige gemeinsame professionelle Zusammenarbeit zu diskutieren und festzulegen“ -, zeigt eigentlich nur, wie verfahren die Situation ist. Ein Waffenstillstand auf Zeit. Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass der Bruch zwischen den zerstrittenen Charakteren wirklich zu kitten ist, zumal die Corona-Kontaktbeschränkungen eine persönliche Überzeugungsarbeit selbst im eigenen Hause erschweren.

Der mitunter hemdsärmelige Gastronom Keller, 63, konnte sich mit seiner Forderung nach einem Untersuchungsausschuss nicht durchsetzen, denn der Jurist Curtius, 44, hat sich einmal mehr erfolgreich verteidigt. Wie die „Bild“-Zeitung berichtete, konnte kein Beweis für Kellers Hauptvorwurf erbracht werden: Dass der gut bezahlte und seit langem für die DFB-Granden tätige PR-Berater Kurt Diekmann über Curtius oder Vizepräsident Rainer Koch ausgewählten Medien brisante Interna zugespielt hat.

Der bestens vernetzte Koch, 62, stand zu Beginn von Kellers Amtszeit mitunter wie ein Aufpasser an der Seite des neuen Präsidenten, dann kam es auch zwischen diesen beiden Protagonisten wiederholt zu Reibereien. Der für die Amateure zuständige Vizepräsident und der Generalsekretär bilden längst die Gegenfront zum Verbandschef.

Solidarisierungseffekte für Curtius

Dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) entschieden hat, Curtius von allen Sitzungen auszusperren, könnte Kellers Kontrahenten sogar geholfen haben. Denn nichts hassen manche DFB-Funktionäre mehr, als eine besserwisserisch wirkende Einmischung der DFL-Vertreter. Vielleicht hätte Curtius ohne diese Solidarisierungseffekte den Showdown nicht überstanden. So bleiben wichtige Fragen offen: Hat der von der DFL kritisch beäugte Kommunikationsberater sechsstellige Beträge für fragwürdige Dienstleistungen bekommen? Hat der Generalsekretär Kosten von 20 000 Euro verursacht, um seinen Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia gut aussehen zu lassen?

Mit der Dauerfehde der wichtigsten Amtsträger werden auch die Trennlinien zwischen DFB und DFL wieder schärfer, nachdem sich beide Institutionen nach der vermasselten WM 2018 im Sinne des deutschen Fußballs zusammengerauft und über das „Projekt Zukunft“ einige gemeinsame Maßnahmen angestoßen hatten. Die schwerwiegenden Dissonanzen auf höchster Ebene erzeugen ein Klima des Misstrauens und schaden dem großen Ganzen.

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„Das Bild ist insgesamt nicht gut für den deutschen Fußball“, fasste Jörg Schmadtke, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, im ZDF-„Sportstudio“ zusammen. „Der DFB spielt gerade eine sehr unglückliche Rolle. Aber der DFB ist auch ein schwieriges Konstrukt. Es gibt die Landesfürsten, es gibt die Nationalmannschaft.“ Das seien „sehr unterschiedliche Interessen“.

Untersuchungen zum Sommermärchen

Und dann sind da auch noch Spitzenfunktionäre, die gerne ihr eigenes Süppchen kochen: Der bereits zwei Mal interimsweise mit Reinhard Rauball an der Verbandsspitze stehende Koch möchte bald für weitere vier Jahre fest in das Uefa-Exekutivkomitee gewählt werden, worüber im April beim nächsten Kongress abgestimmt wird. Gleichzeitig will der Multifunktionär Peter Peters für den Fifa-Rat kandidieren.

Das letzte Wort darüber dürfte angesichts der aktuellen Gemengelage drüber aber noch nicht gesprochen sein. Zunächst holt den DFB noch einmal die unrühmliche Vergangenheit ein, wenn das Beratungsunternehmen Esecon Ende Januar die externen Ermittlungen zum Sommermärchen-Skandal vorstellt. Es wäre eine große Überraschung, sollte der Frankfurter Intrigenstadl wirklich mal einen Sachverhalt aufklären.

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