Moritz Müller„Ich wünsche mir künftig wieder mehr Kölner im Nationalteam“

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Verteidiger Moritz Müller (34) ist Kapitän der Kölner Haie und des deutschen Nationalteams.

Köln – Herr Müller, Sie sind seit Samstag mit der Eishockey-Nationalmannschaft in Riga, wo am Wochenende die Weltmeisterschaft beginnt. Wie sieht es aus mit den Corona-Regeln?

Die ersten zwei Tage waren wir in Einzelzimmern isoliert und durften gar nicht raus. Das Essen wurde vor die Tür gestellt. Während der WM wird es wohl die Möglichkeit geben, an die frische Luft zu gehen, aber nur an bestimmten Orten. Durch die Stadt laufen dürfen wir nicht. Zum Glück kenne ich Riga schon von anderen Gelegenheiten. Wir hatten hier zum Beispiel 2016 die Olympia-Qualifikation. Ich weiß, dass es eine wunderschöne Stadt ist.

Zuschauer sind in Riga nicht zugelassen, es wird eine andere WM werden, als Sie es gewohnt sind.

Ja, natürlich. Man trifft sonst Spieler von anderen Mannschaften im Hotel und hat viele Kontakte. Das ist hier gar nicht so. Man kommt hier hin, spielt, trainiert und sonst nichts. Aber so ist es jetzt halt, es sind zwei Wochen, das hält man aus. Ich bin froh, hier zu sein.

Mit den Kölner Haien haben Sie in der DEL die Playoffs verpasst. War es kein Problem, sich nach der Frustration noch für die WM zu motivieren?

Nein, überhaupt nicht. Ich komme immer sehr gern in den Kreis der Nationalmannschaft, es gibt mir oft Energie. Es ist meine insgesamt neunte WM und die achte in Folge. 2010 war ich nicht dabei, da war ich verletzt. Letztes Jahr ist die WM ja ausgefallen wegen Corona.

Sie sind nicht nur bei den Haien, sondern auch im Nationalteam Kapitän. Macht Ihnen das Amt Spaß?

Ich bin gerne in einer Führungsrolle. Aber ich bin erst seit der WM 2019 Kapitän, ich war es also sehr lange nicht. Meine Meinung ist: Echte Leader brauchen keinen Buchstaben auf dem Trikot. Das ist für die Außenwelt. In der Mannschaft weiß jeder, wer zu den Führungsspielern gehört.

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Wie ist die Stimmung im Nationalteam?

Sehr gut. Wir haben viele gute Typen in der Mannschaft, sehr talentiert. Eine WM ist aber nie einfach. Man muss sich klar machen: Jeder Spieler, der hierherkommt und bereit ist, zwei Wochen allein auf dem Zimmer zu sitzen, der wird, wenn es dann zum Spiel kommt, alles reinwerfen. Wir werden auf maximal motivierte Gegner treffen, so wie wir es auch sind. Deshalb müssen wir stabil sein und dagegenhalten, dann sind wir als Mannschaft gut.

Das Ziel in Riga ist, ins Viertelfinale zu kommen – und dann so weit wie möglich?

Das Viertelfinale zu erreichen, wäre ein großer Erfolg, den wir uns vornehmen. Seit wir 2018 in Pyeongchang Olympia-Silber gewonnen haben, sind wir selbstbewusster geworden und haben unsere Komplexe abgelegt. Das bedeutet nicht, dass wir arrogant werden, aber wir treten an, um zu gewinnen. Und wir älteren Spieler geben diese Einstellung an die jüngeren Spieler weiter. Wir spielen bei einem Turnier nicht, um nur zu überleben, sondern mit Zielen und Träumen. Das haben wir uns über die Jahre erarbeitet. Es fing mit Marco Sturm an (Bundestrainer von 2015 bis 2018, d. Red.), der an uns geglaubt hat, und wir haben irgendwann angefangen, selbst an uns zu glauben. Toni Söderholm (Sturms Nachfolger, d. Red.) führt es so weiter. Es ist trotzdem kein Selbstläufer, ins WM-Viertelfinale zu kommen. Wir sind Weltranglisten-Siebter, und acht Mannschaften kommen dorthin. Es ist jedes Mal aufs Neue sehr schwer.

Sie spielen in Ihrer Gruppe unter anderem gegen die Topnationen Finnland, Kanada und die USA. Außerdem sind Italien, Norwegen, Kasachstan und Gastgeber Lettland Ihre Gegner. Vier müssen Sie hinter sich lassen, um ins Viertelfinale zu kommen…

Ja, ich sage ja: Es ist kein Selbstläufer. Unseren Auftaktgegner Italien dürfen wir nicht unterschätzen. Kasachstan hat zum Beispiel einige eingebürgerte Kanadier im Team, die in Astana gespielt haben. Und mit Norwegen tun wir uns immer ein bisschen schwer. Die sind von der Mentalität wie wir: kampfstark und sehr stolz, sie sind nicht einfach zu besiegen. Und Lettland wird als Gastgeber besonders motiviert sein.

Sie sind diesmal der einzige Kölner Spieler in der Mannschaft. Früher bildeten die Haie-Spieler einmal eine große Gruppe im Team. Was sagen Sie dazu?

Leider ist es so. Mit Colin Ugbekile und Sebastian Uvira haben zwar zwei weitere Haie einen Großteil der Vorbereitung mitgemacht, aber den finalen Cut nicht geschafft. Ich wünsche mir sehr, dass wir hier künftig wieder mit mehr Kölnern vertreten sind.

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