In der ELF gab es für Köln im Wochen-Rhythmus Abreibungen. Ob es für die Centurions weitergeht, ist fraglich.
Football-Saison der Centurions beendetKölner Dauer-Verlierer stellen Negativrekord auf

Die Centurions, hier Austin Osborne (r.), kassierten zwölf Pleiten in zwölf Spielen.
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Bei den Cologne Centurions ist man heilfroh, dass die Saison in der European League of Football (ELF) vorbei ist und das wöchentliche Desaster auf dem Spielfeld ein Ende hat. Beim letzten Heimspiel gegen Stuttgart bedankte sich der Fanclub „Legion of Jupp“ per Handschlag bei jedem einzelnen Spieler und Trainer dafür, dass die Mannschaft die ganze Saison durchgehalten hat. Vielleicht stand die Geste auch symbolisch für Abschied, denn ob es im kommenden Jahr Football einer europäischen Liga in Köln geben wird, ist nach den letzten Entwicklungen eher fraglich.
Nach der Einsicht, mit dem vorhandenen Kader in dieser Saison kein Spiel gewinnen zu können, wich die Zuversicht bei den Centurions in den letzten Monaten mehr und mehr dem Galgenhumor. „Gewinnen ist dieses Jahr nicht unser Ding. Noch kein Sieg, dafür aber konstant in einer Sache: Entertainment mit Herz, Humor und Kampfgeist“, scherzte der Klub über sich selbst und forderte die Fans auf, „das sympathischste sieglose Team der Liga anzufeuern und live zu erleben, wie man ohne Punkte Spaß haben kann.“
Zwölf Niederlagen in zwölf Spielen
Nicht so lustig fand es die Konkurrenz, wenn die Prügelknaben der Liga zu Gast waren. Zwölf Niederlagen in zwölf Spielen und 69:739 Punkte sind Negativrekord in der ELF. Zwar war der Sieg gegen die Kölner für die Kontrahenten schon vor dem Anpfiff sicher, aber das fachkundige Publikum zeigt wenig Interesse an einem Gegner, der mit 88:7, 74:7 oder 62:0 vom Platz gefegt wird und spart sich lieber den Stadionbesuch. Für die nach einer Insolvenz des vorherigen Betreibers erst spät in die Vorbereitung gestarteten Centurions war jede Partie ein ungleicher Kampf und schon vor dem Kickoff verloren.
Auch weil die finanziellen Mittel fehlten, musste Headcoach Javan Lenhardt eilig ein nicht konkurrenzfähiges Team mit vielen Spielern aus unteren Ligen und günstigen, aber sportlich enttäuschenden US-Quarterbacks zusammenkratzen. Dem Vernehmen nach fehlte der Kölner Franchise in diesem Jahr eine mittlere sechsstellige Summe im Budget, weil ein als Mitinhaber vorgesehener Geldgeber kurz vor der Saison einen Rückzieher machte und so für ein riesiges Loch im Wirtschaftsplan sorgte. Das Geld beim schwächsten Team der Liga war offenbar so knapp, dass die Spieler und Trainer ihr Gehalt nicht pünktlich erhielten.
ELF nach Abgang ihrer Gründer in großen Turbulenzen
Unterdessen haben sich inzwischen elf von 16 Teams der ELF der European Football Alliance (EFA) angeschlossen und die Liga infrage gestellt, die nach dem Abgang ihrer beiden Gründer Patrick Esume und Zeljko Karajica in schwere Turbulenzen geraten ist. Die kürzlich gegründete Interessenvertretung strebt umfangreiche Reformen der Liga an. Nur die Munich Ravens, Cologne Centurions, Helvetic Mercenaries, Hamburg Sea Devils und die Fehervar Enthroners sind noch nicht Teil der neuen Allianz.
Nach den Rücktrittsankündigungen von Karajica und dem Esume gaben die Gesellschafter der ELF gerade eine neue Personalie auf einer Schlüsselposition im Management bekannt: Ingo Schiller ist neuer Co-CEO und Chief Financial Officer (CFO). Der 60-Jährige bringt langjährige Expertise aus dem Profifußball bei Borussia Mönchengladbach, Hertha BSC und bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) mit.
Für Irritationen sorgte am Samstag die Nachricht, die Cologne Centurions würden zum letzten Saisonspiel bei den Raiders Tirol nicht mehr antreten. Entgegen der Meldung hatten sich die von Personalsorgen geplagten Kölner mit einem letzten Aufgebot von 25 Spielern auf den Weg nach Innsbruck gemacht. Bei der 6:63-Niederlage der aufopferungsvoll kämpfenden Centurions im Tivoli-Stadion musste Headcoach Javan Lenhardt allerdings improvisieren und Akteure auf mehreren und für sie ungewohnten Positionen spielen lassen. Für den verletzt ausgefallenen Norman Douglas jr. begann sogar Offense Coordinator Quinten Pounds als Quarterback. Abwehrspieler Richard Agyekum übernahm im zweiten Viertel die Rolle des Spielmachers vom Co-Trainer und warf den Pass zum einzigen Touchdown der Kölner auf Toni Hild. Tirols Lukas Haslwanter besiegelte die zwölfte Kölner Niederlage im zwölften Saisonspiel fast im Alleingang und brachte sein Team mit fünf Touchdowns (Ligarekord) schon zur Halbzeit mit 49:6 in Führung. (CS)
Schiller will sich in den kommenden Wochen zunächst einen Überblick über die Stimmungslage in der Liga verschaffen. „Ich werde in erster Linie zuhören, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was an den einzelnen Standorten gut funktioniert und wo es noch hakt“, erläutert Schiller im Interview mit der Medienabteilung der Liga. Der Neue stellt aber klar, dass die Klubs der EFA-Allianz mit ihren Kritikpunkten nicht zwangsläufig die Wahrheit für sich gepachtet hätten. „Jede Franchise hat ihre eigene Realität, das kenne ich aus meiner Zeit im Aufsichtsrat der Deutschen Fußball-Liga mit 36 Klubs, die alle unterschiedliche Anforderungen stellen und gehört werden wollen“, erklärt Schiller.
Kölner Zukunft soll sich bis Oktober entscheiden
Außerdem stellt die ELF eine neue Franchise aus London in Aussicht: „Bereits jetzt gibt es konkretes Interesse potenzieller neuer Teams für die kommende Saison – darunter ein lang erwarteter Standort in London“, heißt es in einer Mitteilung. Standorte wie Székesfehérvár in Ungarn, Zürich und Köln scheinen indes ebenso vor dem Aus zu stehen, wie Hamburg. Dort ist der scheidende Liga-Geschäftsführer Karajica Mehrheitsgesellschafter der Hamburg Sea Devils.
Ob es 2026 in Köln mit europäischem Football weitergehen könnte, soll sich bis Oktober entscheiden. Dann soll ein neuer Miteigentümer präsentiert werden, der seine Zusage einhält.