Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens betonte der FVM, für Weltoffenheit, Integration, Vielfalt und Gemeinschaft zu stehen.
Nach Antisemitismus-VorwürfenFVM leitet Sportgerichtsverfahren zur Partie TFG Nippes II gegen Makkabi Köln ein

Der Fußball stand in den vergangenen Tagen in mancher Partie nicht im Vordergrund.
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Es ist der dritte Fall innerhalb weniger Wochen, der publik wird. Beim Spiel der Fußball-Kreisliga D zwischen der TFG Nippes 78 II und dem TuS Makkabi Köln soll es am Sonntag (14. September) „zu massiven antisemitischen und gewalttätigen Übergriffen auf Spieler von TuS Makkabi Köln“ gekommen sein. Diesen Vorwurf erhob der Dachverband Makkabi Deutschland e.V. am Mittwochvormittag in einer Stellungnahme in den sozialen Netzwerken. Nippes wiederum wirft Makkabi rassistische Äußerungen vor, die der Makkabi-Vorsitzende Witek Krymalowski bestreitet.
Der Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) hat den Fall an das höchste Sportgericht des Verbandes (Verbandssportgericht) übergeben und wird ihn gemeinsam mit der NRW-weiten, zentralen Anlaufstelle für Gewalt-, Diskriminierungs- und Extremismus-Vorfälle des WDFV „mit größter Sorgfalt“ bearbeiten, wie er am Donnerstag mitteilte.
Fußball-Verband Mittelrhein positioniert sich klar
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens betonte der FVM, für Weltoffenheit, Integration, Vielfalt und Gemeinschaft zu stehen. „Wir dulden keinerlei Gewalt, Diskriminierung oder Beleidigung aufgrund von Herkunft, Nationalität, Religion, Weltanschauung, Alter, Geschlecht, Behinderung oder sexueller Identität.“
Schon einige Tage zuvor soll es während der Bezirksligapartie von Germania Zündorf beim Heiligenhauser SV laut Angaben des Kölner Trainers Daniel Werken massive Beleidigungen von Zuschauern seinem Team gegenüber gegeben haben. Unentwegt, so berichtet Werken, seien seine Spieler vonseiten der heimischen Fans mit Schimpftiraden „der untersten Kategorie“ angegangen worden. Die religiöse Zugehörigkeit, Hautfarbe oder sexuelle Haltung betreffend, so der 36-Jährige. „Ich kann die Worte gar nicht aussprechen, aber da war so ziemlich alles dabei, was nicht geht. Nicht auf dem Fußballplatz oder sonst wo. Ich bin total erschüttert.“ Vom Heiligenhauser SV wurden die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen.
Und auch in der Regionalliga West überschatteten Rassismus-Vorwürfe das rheinische Derby zwischen Fortuna Köln und Fortuna Düsseldorf II. Im Mittelpunkt steht Kölns Verteidiger David Al-Azzawe, der beim 3:2-Sieg seines Teams den Düsseldorfer Stürmer Mechak Quiala-Tito rassistisch beleidigt haben soll. Während sich die Gastgeber gegen den Vorwurf verwahrten, drängen die Düsseldorfer auf sportgerichtliche und juristische Konsequenzen. Der Klub bereitete eine Strafanzeige gegen Al-Azzawe bei der Polizei in Köln vor.
Unabhängig von den drei Ereignissen hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sein 11. „Lagebild Amateurfußball“ veröffentlicht. Seit der Saison 2014/15 lässt der DFB auf Grundlage der Spielberichte von Schiedsrichtern jährlich ermitteln, wie weit verbreitet Gewalt und Diskriminierung im Amateurfußball in Deutschland sind.
Während durch die vielen Vorfälle innerhalb weniger Tage in Köln und Umgebung die Vermutung naheliegt, dass es eine zunehmende Zahl von Gewalttaten oder massiver rassistischer und antisemitischer Beleidigungen gibt, widerlegen die Zahlen des DFB den Eindruck. Ronny Zimmermann, 1. DFB-Vizepräsident Amateure und Leiter der AG Gewaltprävention, sagt: „Die Richtung stimmt, die Anzahl der Vorfälle sinkt weiterhin, leider nur in kleinen Schritten. Deshalb dürfen wir alle im Fußball in unserem Wirken nicht nachlassen, um für einen respektvollen und freundlichen Umgang auf und neben dem Platz zu sorgen. Es bleibt dabei: Jeder einzelne Vorfall ist einer zu viel. Wir möchten alle aufrufen, auch künftig Vorfälle zu melden, gerade bei Diskriminierungen.“
Im Gebiet des Fußball-Verbands Mittelrhein (FVM) haben in der vergangenen Saison mehr als 62.000 Spiele stattgefunden. Aus der Auswertung geht hervor, dass in diesem Zeitraum bei etwa 360 Spielen ein Störungs- oder Diskriminierungsfall erfasst wurde. Das entspricht einer Quote von 0,59 Prozent. In 78 Fällen hat das am Mittelrhein zu einem Spielabbruch geführt.
Uns bewegt jeder einzelne Vorfall, denn hinter jedem Vorfall stehen auch Menschen, die unter dem Verhalten anderer Personen zu leiden haben
Da in der Erhebung lediglich die von den Schiedsrichtern im Spielbericht festgehaltenen Zwischenfälle berücksichtigt werden, bleibt die Zahl der Beleidigungen oder Diskriminierungen jenseits der Wahrnehmungsgrenze unklar.
„Die Statistik zeigt, dass sich die Zahl der Vorfälle im FVM-Gebiet auf einem gleichmäßigen Niveau wie in der vergangenen Saison befindet. Gleichwohl bewegt uns aber jeder einzelne Vorfall, denn hinter jedem Vorfall stehen auch Menschen, die unter dem Verhalten anderer Personen zu leiden haben“, erklärt Johanna Sandvoß, Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche Verantwortung beim FVM. „Die vorliegenden Daten erlauben lediglich eine quantitative Betrachtung. Aussagen zur Intensität oder zum persönlichen Erleben sind damit nicht verbunden.“