NBAKobe Bryant - Der Besessene verlässt die Bühne

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Bei seinem Abschied aus der NBA: Kobe Bryant

  • Kobe Bryant ist der drittbeste Scorer der NBA-Geschichte.
  • Mit den LA Lakers gewann er fünf Meisterschaften
  • Nach 20 Jahren endet seine Karriere in der Nacht zum Donnerstag

Los Angeles – Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Kobe Bryant sitzt im Spiel seiner Los Angeles Lakers auf der Ersatzbank. Seine Beine und seine linke Schulter sind in dicke Wärmewickel gepackt, sein Gesicht vom Schmerz gezeichnet. Er sieht so aus, als hätte er gerade einen  Marathon mit anschließendem Hindernis-Lauf hinter sich. In Wirklichkeit hat er aber nur neun Minuten Basketball gespielt. Zu mehr ist er an diesem Abend Ende März nicht mehr fähig.

Kobe Bryant ist einer der besten Basketballspieler aller Zeiten. Seit 20 Jahren spielt er für die Los Angeles Lakers in der nordamerikanischen Profiliga NBA. Das Spiel gegen die Utah Jazz in der Nacht zum Donnerstag wird sein letztes sein. Bryants Körper ist ein Wrack.

Drei schwere Verletzungen in drei Jahren

Vor gut einem Jahr zog sich der 37-Jährige einen Riss in der Rotatorenmanschette in der Schulter zu. Es ist bereits seine dritte schwere Verletzung in den vergangenen drei Jahren. Ohne tägliche Behandlung würde Bryant es heute gar nicht mehr auf das Spielfeld schaffen. Nach Spielen kann er sich oft kaum bewegen.

Es war also keine Überraschung, als Bryant im November sein Karriereende bekanntgab. Seinen Rücktritt kündigte er in einem Gedicht an den Basketball an. „Lieber Basketball“, schrieb Bryant, „mein Herz hält die Prügel aus, mein Verstand verträgt die Plackerei, aber mein Körper weiß, dass es an der Zeit ist, auf Wiedersehen zu sagen“.

Er opferte seinen Körper für den Erfolg

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Bei seinem Abschied aus der NBA: Kobe Bryant

Dass ein Profi-Sportler seine Karriere mit 37 Jahren beendet, ist nicht ungewöhnlich. Doch kaum ein Sportler hat sich und seinen Körper so für den Erfolg geopfert wie Kobe Bryant. Selbst ein gebrochener Zeigefinger hielt ihn nicht davon ab, Basketball zu spielen. „Kobe ist geisteskrank“, sagte NBA-Kollege Andre Iguodala. Er meinte das  als Kompliment.

In seiner besten Zeit trainierte Bryant – verheiratet, Vater von zwei Töchtern –  wie ein Besessener. „Die Leute verstehen nicht, wie wichtig gewinnen für mich ist“, sagt er. „Ich würde alles tun, um zu gewinnen. Sei es auf der Bank mit dem Handtuch zu wedeln, meinen Teamkollegen das Wasser zu reichen, oder den entscheidenden Wurf zu treffen.“

Fünfmaliger NBA-Champion

Aber die Plackerei hat sich gelohnt. Bryant ist fünfmaliger NBA-Champion, 18 Mal wurde er ins All-Star-Team berufen. Dazu kommen noch zwei olympische Goldmedaillen mit dem Team USA. Auf der ewigen Scorerliste der NBA rangiert Bryant auf Rang drei, einen Platz vor Michael Jordan. Im Januar 2006 erzielte er gegen die Toronto Raptors 81 Punkte, die zweitmeisten in der Geschichte der NBA nach Wilt Chamberlains 100-Punkte-Spiel im Jahr 1962.

„Kobe Bryant ist so nah dran an Michael Jordan, wie sonst keiner“, stellt der amerikanische Sportanalyst Skip Bayless fest. Tatsächlich gibt es Parallelen zwischen dem ehemaligen Shooting Guard der Chicago Bulls und dem der Los Angeles Lakers. Ihre Bewegungen und ihre Art zu spielen ähnelten sich so sehr, dass Bryant sogar als Jordan-Kopie verschrien wurde. „Er ist genauso besessen wie ich“, sagte Jordan über Bryant.

2009 setzte er sich ein Denkmal

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Bei seinem Abschied aus der NBA: Kobe Bryant

Es dauerte jedoch bis 2009, ehe sich Kobe Bryant  endgültig ein  Denkmal setzen konnte. Damals bezwangen die Lakers die Orlando Magic in der Finalserie mit 4:1. Es war Bryants vierte Meisterschaft, aber die erste ohne Shaquille O‘Neal. Zwischen 1996 und 2004 waren Bryant und O‘Neal Teamkameraden. Zwischen 2000 und 2002 gewannen sie mit den Lakers drei Meisterschaften in Folge. Eine Privatfehde zwischen den beiden führte aber dazu, dass O‘Neal 2004 zu  Miami Heat abgegeben wurde. Und so endete auch die NBA-Vorherrschaft der Lakers.

Zweitschlechtestes Team der Liga

Gleichzeitig begann damit für Kobe Bryant die größte Herausforderung seiner Karriere. Kritiker behaupteten, Bryant könnte ohne den  Center keine Meisterschaft gewinnen. Das nagte an ihm. 2009 hat er diesen Makel  beseitigt, indem er die Lakers als unangefochtener Anführer zum Titel führte. Ein Jahr später gewann das Team erneut die Meisterschaft.

Aktuell sind die Los Angeles Lakers  weit von  Meisterschaftsambitionen entfernt. Das Team ist das zweitschlechteste der Liga, die Playoffs werden die Lakers verpassen,  in der Nacht zu Donnerstag endet die reguläre Saison.  Der dringende  Neuaufbau des Teams wurde verschoben. Diese Saison stand ganz im Zeichen von Kobe Bryant und seiner Abschiedstournee. Seit seiner Ankündigung im November wird er selbst in fremden Arenen gefeiert, in denen er früher regelmäßig ausgebuht wurde. Es ist ein Ausdruck des Respekts für einen großen Sportler, der nun die Bühne verlässt.

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