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Sturzgefahr bei der Tour de FranceFahrer gehen volles Risiko und viele Unfälle sind die Folge

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In Jasper Philipsen schied der beste Sprinter verletzt aus.

In Jasper Philipsen schied der beste Sprinter verletzt aus.

Die Tour de France begann mit zahlreichen Stürzen. Trotz UCI-Maßnahmen bleibt die Risikobereitschaft der Radprofis auf extremem Niveau.

Knochenbrüche, zerrissene Trikots und blutige Verletzungen – das befürchtete Sturz-Chaos hat die Tour de France gleich zu Beginn erschüttert. Bereits in den ersten Etappen kam es zu schweren Unfällen, bei denen auch prominente Fahrer wie Sprint-Star Jasper Philipsen ausschieden. Die Maßnahmen des Radsport-Weltverbands UCI, etwa die Einführung Gelber Karten oder die Anpassung der Kilometer-Regel, zeigten keine Wirkung – nicht zuletzt, weil die Fahrer beim größten Radsportevent der Welt ans Limit gehen und es oft auch überschreiten.

„Die Tour ist nach der Weltmeisterschaft das Größte, was man als Radprofi erreichen kann. Deshalb ist die Risikobereitschaft hier extrem hoch“, erklärte Sprinter Phil Bauhaus, der auf der dritten Etappe in Dünkirchen Dritter wurde. 

Ähnlich sieht es Red-Bull-Sportdirektor Rolf Aldag: „Die erste Woche ist vermutlich die gefährlichste, weil jeder glaubt, er kann Radsport-Historie schreiben. In der zweiten, dritten Woche weiß jeder, wo er hingehört. Dann wird auch mal zurückgezogen und gebremst.“

Rippen- und Schlüsselbeinbruch bei Philipsen

Die größte Sprint-Hoffnung im Fahrerfeld ist bereits ausgeschieden – und das wohl für längere Zeit. Der Belgier Jasper Philipsen stürzte bei einem Zwischensprint nach einem Rempler bei Tempo 61 und zog sich laut erster Diagnose einen verschobenen Schlüsselbeinbruch sowie mindestens einen Rippenbruch zu. Inzwischen wurde er im Krankenhaus von Herentals operiert.

„Der zerbrochene Traum“, titelte die „L'Equipe“ und beim belgischen TV-Sender Sporza war online zu lesen: „Vom Himmel in die Hölle. Jasper Philipsens Tour de France ist vorbei.“ Auch sein prominenter Teamkollege Mathieu van der Poel war schwer betroffen: „Es ist großer Mist, ihn zu verlieren. Nicht nur auf dem Rad, sondern auch am Tisch. Er ist ein guter Freund. Ich hoffe, es ist nicht so schlimm.“

Eines von vielen Sturzopfern bei der Tour: Jordi Meeus.

Eines von vielen Sturzopfern bei der Tour: Jordi Meeus.

Neben Philipsen sind auch der zweimalige Weltmeister und Bahnrad-Olympiasieger Filippo Ganna aus Italien sowie der Schweizer Stefan Bissegger - zwei der weltbesten Zeitfahrer - nach Stürzen bereits zu Hause und damit Opfer des jährlichen Spektakels Tour.

UCI-Maßnahmen können Stürze nicht verhindern

Dabei hatte die UCI extra Maßnahmen wie die Einführung von Gelben Karten ergriffen. Bei zwei Verwarnungen in einem Rennen erfolgt eine siebentägige Sperre. Drei Gelbe Karten innerhalb von 30 Tagen ziehen eine Sperre von 14 Tagen nach sich.

Der Franzose Bryan Coquard wurde als Sturz-Verursacher bei Philipsen ausgemacht und enthielt eine entsprechende Verwarnung sowie 500 Schweizer Franken Strafe und einen Abzug von 13 Punkten. Philipsens Teamkollege Jonas Rickaert dürfte das genauso wenig beruhigen wie die Entschuldigung des Franzosen. „Er hat mir gesagt, dass er nichts machen konnte, aber es ist nicht das erste Mal, dass er im Zwischensprint zu viel Risiko nimmt, obwohl er sie nicht gewinnen kann. Für zehn Punkte sein Leben riskieren, das ist der Wahnsinn.“

Kein Zeitverlust für die Stars

Die Ausweitung der sogenannten Drei-Kilometer-Regel auf bis zu fünf Kilometer verhindert zwar keine Stürze, sorgt aber zumindest für etwas mehr Sicherheit bei den oft chaotischen Zieleinfahrten. Kommt es auf Flachetappen innerhalb dieses Abschnitts zu einem Sturz, erhalten die betroffenen Fahrer die gleiche Zeit wie ihre Gruppe zum Zeitpunkt des Unfalls. Das bewahrte in Dünkirchen zumindest die Top-Favoriten rund um Titelverteidiger Tadej Pogacar vor einem Zeitverlust. 

Die beiden Red-Bull-Hoffnungsträger Primoz Roglic und Florian Lipowitz sind bislang auch - wenngleich mit geringem Zeitverlust - gut durchgekommen. „Die 30 Sekunden werden nicht die Tour entscheiden, ein schwerer Sturz schon“, meinte jüngst Aldag. Bislang geht die Rechnung auf. (dpa)