Bei der Schwimm-WM kehren russische Athleten auf die internationale Sportbühne zurück. Es gibt gemischte Reaktionen.
„Schlimm“ oder „nicht schlecht“Russische Schwimmer kehren auf WM-Bühne zurück

Das Schwimmbecken der WM-Arena in Singapur. (Archivfoto)
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Knapp ein Jahr nach den Olympischen Spielen, die sie als Zuschauer erlebten, drängen die russischen Schwimmer zurück auf die große Bühne. Bei der WM in Singapur werden erstmals seit dem Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine in großer Zahl Athletinnen und Athleten unter neutraler Flagge an den Start gehen. Zwei Monate später sind sie beim Saisonhöhepunkt der Leichtathleten in Tokio dann weiterhin ausgeschlossen.
Im deutschen Team trifft die Rückkehr auf gemischte Reaktionen. „Auch wenn ich die Entscheidung von World Aquatics natürlich respektiere: Ich finde es persönlich schlimm, dass man so Russland de facto einen Auftritt ermöglicht, während der Angriffskrieg unvermindert weitergeht“, sagte Leistungssport-Vorstand Christian Hansmann vor dem WM-Start am Freitag dem Sport-Informations-Dienst (SID) und gab damit die offizielle Linie des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) wieder.
Olympia-Medaillengewinner kehren zurück
In Paris war lediglich der Schwimmer Jewgenij Somow an den Start gegangen, bei der WM fünf Monate zuvor niemand. Einige prominente Rückkehrer sind unter den zugelassenen 113 Athleten, wie beispielsweise die Olympia-Medaillengewinner Kliment Kolesnikow und Julija Jefimowa. Auch der dreifache Europameister Nikita Schleicher gehört zu den Rückkehrern.
Der 27-Jährige startete bereits im März beim Internationalen Springertag in Rostock. Für die deutschen Wasserspringer ist es schon Alltag, sich wieder mit russischen Athleten zu messen. Schon im Weltcup trafen sie aufeinander. Europameisterin Lena Hentschel zeigt sich offen für die Rückkehr der russischen Athleten: „Ich persönlich finde es aus dem sportlichen Aspekt nicht schlecht, dass die Russen wieder dabei sind. Sport hat eine verbindende Wirkung.“
Sie wisse, „was in der Welt abgeht“ und „was im Angriffskrieg Russlands in der Ukraine gerade passiert“. Aber: „Die Leute, die nichts mit dem Militär zu tun haben, die sich nicht offen für das Regime aussprechen, sind für uns Sportler wie jeder andere.“
Bundestrainer kritisiert Intransparenz bei Entscheidungen
Die Entscheidung, wer bei Wettkämpfen teilnehmen darf, wird jedoch von vielen als undurchsichtig wahrgenommen. Der Berliner Wassersprung-Bundestrainer Christoph Bohm äußerte sich skeptisch über die Kriterien zur Zulassung russischer Athleten und kritisierte die Intransparenz in Bezug auf die Auswahlverfahren.
Schwer nachvollziehbar ist für den Berliner, dass Starts beim Weltcup und der WM erlaubt, bei der EM aber weiter verboten sind. Der europäische Verband hat bislang eine Rückkehr abgelehnt - mit einer Ausnahme: „Sie dürfen bei der EM nicht teilnehmen, zwei Wochen später bei der Jugend dürfen sie teilnehmen - mit dem Argument, dass die Erwachsenen beim Militär sein könnten“, sagte Bohm.
Weiter als andere Verbände geht World Aquatics auch, indem russische Teams zugelassen werden. Zwar nicht in der Mannschaftssportart Wasserball, aber etwa bei den Teamwettbewerben im Synchronschwimmen. Bundeshonorartrainerin Stephanie Marx ist zwiegespalten. „Es freut mich für den einzelnen Athleten, der jahrelang trainiert hat. Einfach für den Menschen“, sagte sie, „aber aus geopolitischer Sicht verstehe ich nicht, was sich geändert hat seit dem Zeitpunkt vor drei Jahren, als die Suspendierung beschlossen wurde.“ (sid)