81 Fußballerinnen setzen Streik fortLuis Rubiales bestreitet vor Gericht erneut WM-Kuss mit Hermoso

Lesezeit 4 Minuten
The former president of Spain's soccer federation Luis Rubiales arrives at the National Court in Madrid, Spain, Friday, Sept. 15, 2023. Spanish state prosecutors formally accused Rubiales last week of alleged sexual assault and an act of coercion after Rubiales kissed Spain forward Jenni Hermoso on the lips during the awards ceremony after Spain beat England to win the title on Aug. 20 in Sydney, Australia. (AP Photo/Manu Fernandez)

Luis Rubiales musste am Freitagmittag im Staatsgerichthof in Madrid Rede und Antwort stehen.

Dem Ex-Fußballfunktionär wird sexueller Übergriff und Nötigung vorgeworfen. Viele Profi-Fußballerinnen setzen derweil ihren Streik fort und gefährden damit die Olympia-Qualifikation. 

Wirklich Ruhe kehrt im spanischen Profi-Fußball nicht ein. Der ehemalige Präsident des spanischen Fußballverbands RFEF musste sich am Freitag zum Staatsgerichtshof in Madrid begeben. Dort wurde er vom Untersuchungsrichter Francisco De Jorge befragt, der entscheiden muss, ob Luis Rubiales wegen eines sexuellen Übergriffs und Nötigung angeklagt wird.   

Der 46-Jährige hatte bei der Siegerehrung nach dem WM-Sieg der spanischen Fußballerinnen am 20. August die 33-jährige Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund geküsst. Rubiales beteuert, dass dies im Einvernehmen passiert sei. Hermoso hingegen erklärte, dass sie sich „als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt“ habe, der sie „nicht zugestimmt habe“. Sie erstattete Anzeige, wodurch ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft beim Staatsgerichtshof ermöglicht wurde.

Rubiales bestreitet gegenüber Untersuchungsrichter erneut Vorwürfe nach Kuss-Skandal

Als Rubiales am Freitag gegen 12 Uhr dort eintraf, sprach er nicht mit den wartenden Journalisten und Fotografen. Knapp eine Stunde lang sagte er aus. Mit dabei war seine Verteidigerin Olga Tubau. 

Nach Informationen der spanischen Zeitung „El Espanol“ soll Rubiales alle Fragen der Beteiligten beantwortet haben – auch die der Anwältin von Jennifer Hermoso, Carla Vall. Demnach hat Rubiales sowohl die mangelnde Zustimmung als auch Nötigung bestritten. Wortwörtlich habe Rubiales gesagt: „Der Kuss war einvernehmlich. Ich habe Jenni Hermoso nicht genötigt“, schreibt die Zeitung.

Unmittelbar nach dem „Kuss-Skandal“ wurde bekannt, dass der ehemalige Fußballfunktionär versucht haben soll, Druck auf Hermoso auszuüben, damit diese die Ereignisse öffentlich herunterspielt. Rubiales selbst behauptet seit dem 20. August öffentlich, dass es zwischen der Fußballerin und ihm ein Konsens gab. Der Kuss sei lediglich eine Geste der Euphorie gewesen.

Am Sonntag (11. September) teilte Rubiales seinen Rücktritt mit – nicht aus Reue, sondern weil er seine Arbeit nicht fortsetzen könne. Die Fifa sperrte ihn zuvor von allen fußballbezogenen Aktivitäten und leitete ein Disziplinarverfahren ein. Rubiales, der auch Vizepräsident der Uefa war, droht eine mehrjährige Sperre.

Anwältin von Hermoso: Kuss hat „sportlichen Meilenstein getrübt“

Die möglichen Vergehen, derentwegen Rubiales bald angeklagt werden könnte, werden in Spanien schwer bestraft: So können sexuelle Übergriffe nach einer Gesetzesreform mit einer Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren geahndet werden. Bußgeld ist für geringfügige Vergehen allerdings auch möglich. Nötigung kann je nach Schweregrad mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe, die sich nach einer Haft von 24 Monaten bemisst, bestraft werden.

Die Staatsanwaltschaft des Nationalgerichts habe beantragt, dass Rubiales sich während der Untersuchung nicht näher als 500 Meter Hermoso nähern und nicht mit ihr kommunizieren darf, schreibt „El Espanol“. Luis Rubiales soll zudem alle zwei Wochen vor Gericht erscheinen.

Jennifer Hermoso nach dem WM-Sieg.

Jennifer Hermoso nach dem WM-Sieg.

Ob diesen Anträgen stattgegeben wurde, ist nicht bekannt. Ebenso, wie es in der Untersuchung zu dem Fall weitergehen wird. Video-Aufnahmen, die den weltweit ausgestrahlten Kuss aus verschiedenen Winkeln dokumentierten, sollen auch noch ausgewertet werden.

Carla Vall, Anwältin von Jennifer Hermoso, wollte sich gegenüber Reportern nicht im Detail äußern, schreibt das spanische Sport-Portal „Relevo“. Es sei noch „sehr früh“ in der Untersuchung. Vall bekräftigte noch einmal, dass zwischen Hermoso und Rubiales „eine Einwillung gefehlt hat“. Außerdem: „Jenni ist betroffen von dieser demütigenden Tat, die einen sportlichen Meilenstein getrübt hat“.

81 Profi-Fußballerinnen streiken weiter – Olympia 2024 in Gefahr

Derweil kündigten die spanischen Nationalspielerinnen an, ihren Streik fortsetzen zu wollen. Darauf hätten sich die 23 Weltmeisterinnen und weitere Fußballerinnen am Donnerstagabend mit der Gewerkschaft Futpro geeinigt. Sie boykottieren demnach die Spiele der Partien in der Nations League gegen Schweden und die Schweiz am 22. und 26. September.

81 Profi-Fußballerinnen streiken seit dem 25. August aus Solidarität mit Hermoso und für Veränderungen im RFEF. Der Rücktritt von Rubiales sowie die Entlassung von Nationaltrainer Jorge Vilda geht aus ihrer Sicht nicht weit genug.

So sollen Generalsekretär Andreu Camps, der Leiter der Abteilung für Integrität Miguel Garcia Gaba, Mitarbeitende der Pressemitteilung sowie Frauenfußball-Direktorin Ana Alvarez und Präsident Rafa del Amo entlassen werden. Erst dann werde man den Streik beenden, berichtet unter anderem die spanische Sport-Zeitung „Mundo Deportivo“

Dies geschah nur wenige Stunden nach der Bekanntgabe von Montse Tomé als neue Nationaltrainerin der spanischen Frauenfußballnationalmannschaft. Tomé kommt damit in Not. Für die Spiele der Nations League fehlen ihre besten Spielerinnen. Gelingt nicht der Gruppensieg, kann sich Spanien nicht mehr für einen Startplatz zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris qualifizieren. Das nehmen die Profi-Fußballerinnen aber für Veränderungen in Kauf. (rxa mit SID/dpa)

KStA abonnieren