Wie wenig Golf als Hochleistungssport in Deutschland wahrgenommen wird, zeigt sich immer, wenn Bernhard Langer eine Leistung erbringt, die es so zuvor noch nicht gegeben hat. Man schaut mit gelindem Erstaunen auf die Nachricht und widmet sich eine Sekunde später anderen Phänomenen. Dabei gibt es im deutschen Sport keinen Athleten, dessen Leistungen mit denen des gebürtigen Schwaben vergleichbar wären.

Am Sonntag US-amerikanischer Ostküstenzeit hat Bernhard Langer mit einer fantastischen 65er-Runde den für unangreifbaren Allzeitrekord der Legende Hale Irwin eingestellt. Im Alter von 65 Jahren gelang Langer in Naples/Florida der 45. Sieg auf der US Senior Tour, die Legenden ab 50 Jahren eine Fortsetzung ihrer großen Karrieren ermöglicht. Hier misst sich der Deutsche Woche für Woche mit Profis, die bis zu 15 Jahre jünger sind als er und auch auf den normalen großen Touren des Welt-Golf um Siege mitspielen. Nach dem Triumph hat der Deutsche umgehend Titel Nummer 46 ins Visier genommen. „Ich werde auf jeden Fall einen Versuch wagen. Wir werden sehen, ob es klappt. Wenn nicht, geht das Leben weiter“, sagte er, „egal ob man noch einen Sieg erringt oder nicht, oder ob man einen weiteren Rekord aufstellt oder nicht.“

Golf-Triumph mit 64 Jahren

Der unglaubliche Fall des Bernhard Langer

Von

Frank Nägele

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Mit diesem Erfolg im Alter von 65 Jahren, 5 Monaten und 23 Tagen verbesserte Langer auch seinen eigenen Rekord als ältester Sieger auf der PGA Tour Champions. Ganz nebenbei drückt sich die Leistung und die damit verbundene Wertschätzung auf finanziell aus. Alleine auf der Senior Tour hat Langer seit seinem 50. Lebensjahr Preisgelder von mehr als 34 Millionen US-Dollar eingespielt.

Bernhard Langer muss bei jedem Turnier, in jeder Runde, bei jedem Schlag drei Gegner bezwingen. Sein fortschreitendes Alter, die jüngere Konkurrenz und die Gemeinheiten des Golfspiels, das physische Voraussetzungen erfordert, die der 65-Jährige mit einem chronischen Rückenleiden prinzipiell nicht mehr erbringen kann. Dem Deutschen mit Wohnsitz in Florida und Anhausen gelingt das dennoch durch ein unstillbares Verlangen nach asketischer Lebensführung. Er ordnet immer noch alles dem Ziel unter, sportliche Höchstleistungen zu erbringen. Gesunde Ernährung, Verzicht auf Alkohol, Yoga und Ausdauerläufe sind für ihn selbstverständlich. Außerdem gilt der Deutsche als Konzentrationswunder, dem es möglich ist, jede Tücke und jede Unebenheit eines 18-Loch-Golfplatzes im Gedächtnis abzuspeichern.

Phil Mickelson bezeichnet Langer als "Goldstandard" für die Liebe zum Spiel

Die Verehrung, die Bernhard Langer in der Welt des Golf entgegenschlägt, kann in Deutschland nicht richtig verstanden werden. Als der blonde Deutsche im November 2021 als erster Spieler zum sechsten Mal die Gesamtwertung der Senior Tour gewann, erklärte Superstar Phil Mickelson: „Bernhard ist der Goldstandard für Arbeitsethos, Hingabe und Liebe für das Spiel.“ Peer Sengelhoff, als Head Pro des Marienburger GC und NRW-Stützpunkttrainer einer der wichtigsten Coaches des Landes, meint es völlig ernst, wenn er sagt: „Für mich ist Bernhard Langer seit Jahren der erfolgreichste und beste Sportler Deutschlands.“

Dem Golf hat der strenggläubige Christ aus der schwäbischen Provinz alles zu verdanken. Als Sohn eines Maurers wuchs er nahe Augsburg in bescheidensten Verhältnissen auf und hätte niemals Zugang zu einem Golfplatz gefunden, wenn er den wohlhabenden Spielern nicht die Taschen getragen hätte. Mit einem geliehenen Schläger entdeckte er seine Liebe zu diesem damals in Deutschland fremden Sport. Und die Erfolge waren triumphal. Als Profi gewann er zweimal das Masters-Turnier in Augusta, sammelte 42 Turnier-Siege in den USA und Europa, triumphierte sechsmal im Ryder Cup mit Europa.

Bei alldem ist Bernhard Langer immer bescheiden und demütig geblieben. Seine besiegten Konkurrenten wissen das zu schätzen. „Es ist großartig, nicht wahr? Er bringt uns alle immer wieder zum Staunen“, sagte der 55 Jahre alte Steve Stricker. „Er macht einfach weiter und bleibt in Form. Er ist einfach unglaublich, wirklich. 45 Siege, und er gewinnt immer noch, mit 65 Jahren. Und er ist auch noch ein netter Mensch. Das ist, glaube ich, das Coolste daran.“