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InitiativeMit mehr Förderung aus der Armut

Lesezeit 4 Minuten

Die Kinder aus der heilpädagogischen Gruppe von Amaro Kher.

Köln – Amaro Kher, der Rom e.V., die Stadt, die Bezirksregierung Köln und "wir helfen" wollen in den kommenden zwei Jahren Kinder aus Zuwandererfamilien aus Rumänien und Bulgarien - darunter viele Roma-Familien - mit einem Modellprojekt unterstützen. An zwei Schulen im Rechtsrheinischen soll der individuelle Unterricht innerhalb der Schulklassen ausgebaut werden. Fünf Schulen aus den Bezirken Kalk und Porz hatten sich um einen Zuschlag beworben, zwei werden in den kommenden Wochen für das Projekt ausgewählt.

Im 1986 gegründeten Projekt Amaro Kher werden am Venloer Wall 46 Kinder im Förderunterricht und Kindergarten betreut. Amaro Kher ist ein Projekt des Rom e.V. und wird von "wir helfen" unterstützt. In einer schulähnlichen Klasse werden die Mädchen und Jungen so gefördert, dass sie später dem Unterricht in einer Regelschule folgen können. Der Bedarf sei groß, die Warteliste lang, so Ivana Ilic von Amaro Kher. Die Kinder warten bis zu sechs Monate auf einen Platz.

Exakte Zahlen, wie viele Roma in Köln wohnen, gibt es nicht, weil die Kölner zwar nach Nationalität, nicht aber nach Ethnien erfasst werden. Schätzungen des Rom e.V. zufolge lebten etwa 7000 Roma in Köln. 80 Prozent der Roma-Kinder besuchen eine Förderschule. (ris)

Unter Leitung von Amaro Kher und dessen Träger Rom e.V. erhalten die Projektschulen Unterstützung durch einen Mediator, einen Sozialarbeiter und eine Fachkraft für Alphabetisierung, die stundenweise in der Schule arbeiten. Ein Integrationslehrer pro Schule ist für den Deutschunterricht zuständig. "Wir wollen Kinder fit machen für die Regelschule, damit sie dort nicht untergehen", betont Schuldezernentin Agnes Klein im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Das Projekt Amaro Kher kümmert sich seit 2004 um Kinder aus Roma-Familien. Derzeit werden am Venloer Wall zwei Dutzend Kinder in zwei Klassen fit gemacht für den Einstieg in die Regelschule. "Fast alle unsere Kinder schaffen den Wechsel", sagte Doris Schmitz vom Trägerverein Rom e.V. Mittels Paten werde sichergestellt, dass die Kinder auch nach dem Wechsel in die Regelschule erfolgreich weiterlernen.

Das neue Projekt im Rechtsrheinischen "soll aber kein zweites Amaro Kher werden", sagt Elisabeth Klesse vom Rom e.V. Im Unterschied zum Mutterprojekt finde die Förderung innerhalb der Regelschule statt. Muttersprachliche Mediatoren helfen, möglichst viele Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern zu erreichen. Noch während des Projekts wird Bilanz gezogen, ob das Projekt Erfolg hatte und es auf drei weitere Schulen ausgeweitet werden kann. Getragen wird das Projekt von "wir helfen" und der städtischen Waisenhaus-Stiftung. Schuldezernentin Klein hofft auf eine Anschlussfinanzierung von Bund und Land. Zumindest das Jugendministerium habe eine Förderung in Aussicht gestellt. "Der Bund hält sich dagegen mit einer Förderung bislang leider völlig zurück."

Die Förderung von Kindern aus Roma-Familien tut not. Einerseits, weil viele Roma in Ländern wie Ungarn, Bulgarien und Rumänien diskriminiert würden und dort in elenden wirtschaftlichen Verhältnissen lebten. "Die Schulen sind oft weit weg, und die Familien können sich schon den Bus zur Schule nicht leisten", so Klesse. "Oft gehen die Kinder deshalb gar nicht zur Schule." Auch in Deutschland wiederum wohnten viele bulgarische und rumänische Roma-Familien in prekären Verhältnissen. Die Neuankömmlinge verdingten sich oft als Tagelöhner, die Kinder sprächen kein Deutsch und seien Analphabeten. Klein fordert nun, die Kinder möglichst schnell in die Regelschule zu integrieren. "Sonst haben wir es mit vielen Folgeproblemen zu tun. Die Kinder machen beispielsweise keinen Schulabschluss." Sie in Schulen unterzubekommen, sei allerdings nicht immer einfach. Weil in Köln die Bevölkerung steige, seien die Regelschulen schlicht voll. Traumatisierte Kinder ohne Deutschkenntnisse zu integrieren, trauten sich indessen nicht alle Schulen ohne weitere Hilfen von Stadt und Land zu.

Der Bedarf scheint dagegen groß: 800 Migranten-Kinder, 43 Prozent davon aus Südosteuropa, konnten 2012/13 in Seiteneinsteigerklassen eingeschult werden. Bis Ende September dieses Jahres gab es 320 Anmeldungen. "Wir rechnen mit 1000 Kindern in diesem Jahr", sagte Klein.