Der drohende Jobabbau in vielen Branchen drängt die Kunden in Rechtsschutzversicherungen. Auch von zunehmenden Mietstreitigkeiten profitieren die Anbieter.
AragJob-Angst sorgt für Boom bei Rechtsschutzversicherungen

Die Zentrale der Arag-Versicherung sitzt im Arag-Tower in Düsseldorf.
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„Ford streicht 3700 Stellen“, „Jobabbau bei RTL“, „Jedes dritte Unternehmen will 2026 Stellen streichen“ - solche Schlagzeilen häufen sich dieser Tage. Und sie verunsichern damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Den deutschen Versicherern aber bringen sie aktuell viel Neugeschäft. Der Markt für Rechtsschutzversicherungen boomt wie nie zuvor.
„Wir messen im laufenden Jahr 15 Prozent mehr Streitigkeiten bei unseren Kunden mit einer Rechtsschutzversicherung“, sagte Arag-Vorstandschef Renko Dirksen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Arag ist die größte Rechtsschutzversicherung der Welt und der Marktführer in Deutschland, sowohl nach Vertragsbestand als auch als größtes familiengeführtes Versicherungsunternehmen mit starkem Fokus auf Rechtsschutz. Der Versicherer hat einen Marktanteil von 16 Prozent vor der Allianz und Roland Rechtsschutz mit jeweils rund elf Prozent.
Zahl der Streitereien steigt enorm
Primär gehe es bei der Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen um Streitigkeiten um den Arbeitsplatz. „Rechtsschutz wird heute viel stärker in Anspruch genommen als noch vor wenigen Jahren“, sagte Dirksen. Die Zahl der Streit-Fälle sei 2025 gegenüber dem Vorjahr um mehr als zehn Prozent von 57.000 auf 63.000 Fälle nach oben geschnellt, so der Vorstandsvorsitzende.
Die Inanspruchnahme der beruflichen Rechtsschutzversicherung variiere stark je nach Branche. Aktuell seien besonders viele Fälle in der Automobilindustrie, der Gastronomie, dem Einzelhandel und der Logistik zu verzeichnen. Im Fall von Arbeitsrechtsschutz gehe es heute vor allem um mögliche Kündigungen, seltener um das Einklagen bestimmter Boni oder sonstiger Leistungen. Zwei Prozent der Fälle würden dabei vor Gericht klassisch gewonnen, nur zwei Prozent gingen aus Mandantensicht verloren. Im überwiegenden Fall kommt es laut Dirksen zu einem Vergleich.
Der Kampf um die Wohnung gewinnt an Bedeutung
Zweitwichtigster und ebenfalls wachsender Fall der Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung sind demnach Mietstreitigkeiten. „Der Kampf um die Wohnung gewinnt an Bedeutung“, so Dirksen. Dabei gehe es nicht nur um Eigenbedarfskündigungen, sondern auch oft um Mietminderungen wegen Mängeln oder Streit um die Auszahlung der Mietkaution.
Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) meldet seit rund zehn Jahren kontinuierlich starke Zuwächse beim Rechtschutz. Der Gesamtbestand der Policen ist über den Zeitraum von 2022 auf mehr als 27 Millionen gestiegen. Lag die Höhe der summierten Beiträge im Jahr 2009 noch bei 3,2 Milliarden Euro, so wurden im zurückliegenden Jahr 2024 laut GDV in Summe fast 5,3 Milliarden Euro eingenommen. Gegenüber 2023 stiegen die Beiträge summiert um 5,3 Prozent.
Marktführer Arag entwickelte sich dabei überdurchschnittlich. Im Kernsegment Rechtsschutz schaffte man ein Plus von 10,5 Prozent. Die Einnahmen stiegen von 1,65 auf 1,83 Milliarden Euro. Davon entfallen 598 Millionen allein auf den deutschen Markt.
Der Arag-Versicherung beschert diese Entwicklung äußerst gute Geschäfte. Das Unternehmen, dass der Düsseldorfer Familie Faßbender gehört, verzeichnete ein Einnahmenplus von 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Wir hatten geplant, das Ziel von drei Milliarden Euro an Beitragseinnahmen im Jahr 2030 zu erzielen, wir haben unser Wachstumsziel aber schon viel früher erreicht“, sagte Dirkssen.
Erwartet werden nun Beitragseinnahmen für 2025 in Höhe von 3,14 Milliarden Euro, nach 2,79 Millionen Euro im Vorjahr. Ein Teil des Wachstums erklärt sich auch durch die Übernahme des Großbritannien-Geschäfts vom Wettbewerber Das.

