Ford setzt beim Bau kleiner E-Autos auf eine Partnerschaft mit Renault. Das Kölner Ford-Werk geht leer aus. Die Belegschaft ist enttäuscht.
Autobauer FordKooperation mit Renault gefährdet Kölner Werk

Im französischen Renault-Werk in Douai sollen bald auch die Modelle von Ford gebaut werden.
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Der US-Autoriese Ford hat mit dem französischen Autobauer Renault eine Partnerschaft zur Fertigung von zwei erschwinglichen Elektroautos für europäische Kunden vereinbart. Die beiden von Ford entworfenen und mit Renault entwickelten E-Automodelle der Marke Ford sollen in Douai in Nordfrankreich produziert werden, wie die Unternehmen mitteilten.
Das erste der beiden Fahrzeugmodelle werde voraussichtlich Anfang 2028 in den Verkauf gehen. Die beiden neuen E-Autos markierten den ersten Schritt einer umfassenden neuen Produktoffensive von Ford in Europa. Trotz der Kooperation mit Renault blieben beide Marken klar getrennt, hieß es.
Wie ein Ford-Sprecher auf Anfrage mitteilte, will Ford die sogenannte Ampere-Plattform von Renault nutzen. Auf dieser werden bereits heute die Kleinwagen Renault 4, Renault 5 und der zukünftige Twingo gebaut. Ob das also eine Renaissance des einst beliebten Ford-Fiesta als E-Auto bedeutet, bleibt fraglich: Über Jahrzehnte lief der erfolgreiche Kleinwagen in Köln vom Band, 2023 war Schluss. Ein Ford-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.
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3700 Stellen in Köln fallen weg
Die Kölner Ford-Mitarbeiter erfuhren bei der ohnehin angesetzten Betriebsversammlung im Werk in Niehl von der Produktentscheidung. In Köln werden 3700 Stellen abgebaut, die zweite Schicht komplett gestrichen. Im Kölner Werk hatten sich nicht wenige die Hoffnung gemacht, der oder die neuen Elektro-Kleinwagen könnten dort gebaut werden.
Die Renault-Entscheidung sehen viele Mitarbeiter aus verschiedenen Gründen kritisch. Für das Portfolio in Europa sei die Entscheidung, wieder ins Kleinwagengeschäft einzusteigen, zwar eine gute Nachricht. „Für unser Werk ist diese Nachricht aber eine Gefahr“, sagte der Kölner Betriebsratschef Benjamin Gruschka dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sieht die Existenz des Werks bedroht. Wenn Ford die eigenen Fahrzeuge bei fremden Herstellern bauen lasse, erwachse dadurch eine Konkurrenz für Köln und alle andere europäischen Ford-Standorte.
Abfindungen im sechsstelligen Bereich
Wie viele Mitarbeiter das seit Ende November angelaufene Abfindungsprogramm bereits angenommen haben, wollte weder der Betriebsrat noch ein Sprecher von Ford sagen. Nach Informationen aus dem Firmenumfeld wird es aber besser angenommen als erwartet. Die Abfindungen liegen im Durchschnitt vor Steuern zwischen zwei- und dreihunderttausend Euro.
Sollten nicht genug Mitarbeiter die Programme annehmen, könnte Ford seinen Beschäftigten in letzter Konsequenz auch betriebsbedingt kündigen. Da fürchten viele und ergreifen die Flucht. Die Betriebsversammlungen, die noch bis Donnerstag laufen, sind Augenzeugen zufolge schon wesentlich schlechter besucht als sonst üblich.
Fordchef: „Kampf ums Überleben“
Außer der Partnerschaftsvereinbarung im Bereich E-Autos unterzeichneten Ford und die Renault-Gruppe eine Absichtserklärung für eine Zusammenarbeit im Bereich leichter Nutzfahrzeuge in Europa. Geprüft werden solle die Entwicklung und Herstellung der Fahrzeuggruppe für beide Marken.
„Die strategische Partnerschaft mit der Renault Group ist ein wichtiger Schritt für Ford und unterstützt unsere Strategie, ein hocheffizientes und zukunftsfähiges Geschäft in Europa aufzubauen“, sagte Ford-Konzernchef Jim Farley bei der Vorstellung der Kooperation in Paris. „Wir haben große Erwartungen an die Zusammenarbeit.“ Es gehe darum, Ressourcen zu bündeln und schneller und effizienter zu werden angesichts der Konkurrenz aus China. „Wir wissen, dass wir in dieser Branche um unser Überleben kämpfen müssen, deshalb sind wir hier.“
„Es ist fraglich, ob überhaupt ein Ford-Werk in Deutschland bleibt, der Druck auf das Kölner Werk wächst durch die Entscheidung
Autoexperte Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, sieht die Kooperation von Ford mit Renault im Kleinwagenbereich weit weniger rosig. „Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem noch nicht genug“, sagte der Ökonomie-Professor am Dienstag im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Das ist bei weitem nicht genug, um Fords Niedergang zu stoppen“, so Bratzel weiter.
Warum Ford nun nach der Kooperation mit VW bei Explorer und Capri nun auf eine weitere mit Renault setzt, darauf hat der Autoexperte eine erschreckende Antwort: „Ford kann in Europa keine eigenen Autos mehr entwickeln.“ Die entsprechenden Forschungsabteilungen des US-Autobauers in Europa seien dafür zu klein. Früher hatte Ford zwar auch Modelle nach dem Weltautoprinzip, die auf allen Märkten funktionieren sollten, wie etwa der Mondeo. Dennoch gab es in Europa für die europäischen Märkte speziell entwickelte Autos, wie etwa den Fiesta oder den Kleinwagen Ka, ganz früher sogar Oberklasse-Limousinen wie den Scorpio.
Kooperation kostet Rendite
Bratzel sieht außerdem die Gefahr, dass Ford unrentabel wirtschaften könnte, da die Margen bei den Kleinwagen deutlich geringer seien, auch die Kooperation koste Rendite. „Wenn man die Märkte dauerhaft nicht selbst bearbeitet, sinkt die Wertschöpfung deutlich“, so Bratzel. Diese abnehmende Wertschöpfung in Europa löse einen Domino-Effekt. Insgesamt zeige sich laut dem Autoexperten, dass Ford den deutschen Autostandort kritisch sehe. Köln ist das letzte verbliebene Ford-Werk in der Bundesrepublik. Mitte November hatte Ford in Saarlouis die Fahrzeug-Produktion eingestellt.
Laut dem Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer ist Ford als Marke in Europa zu klein. 400.000 Autos bei einem Markt von zwölf Millionen, da lohnt Eigenentwicklung sich nicht, sagte Dudenhöffer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ford drohe eine Zukunft wie Opel. Die einstige GM-Tochter war vor einigen Jahren an Stellantis verkauft worden und produziert weitestgehend baugleiche Fahrzeuge aus dem Peugeot- und Citroën-Konzern. „Es ist fraglich, ob überhaupt ein Ford-Werk in Deutschland bleibt, der Druck auf das Kölner Werk wächst durch die Entscheidung“, sagte Dudenhöffer.
In der Diskussion um das sogenannte Verbrenner-Aus auf europäischer Ebene ab 2035 fordert Ford, die Ziele an die Realität anzupassen. Die Verbraucher müssten die Möglichkeit haben, Hybridfahrzeuge länger zu fahren - statt eines erzwungenen Wandels, für den sie nicht bereit seien, sagte Fords Europachef Jim Baumbick. „Es geht darum, den Übergang für alle Verbraucher und Unternehmen attraktiver und erschwinglicher zu machen, die Nachfrage anzukurbeln, anstatt sie zu drosseln.“ Die Politik müsse für Kaufanreize für Elektrofahrzeuge sorgen sowie für eine Ladeinfrastruktur auch abseits der Stadtzentren in ländlichen Regionen. (mit dpa)

