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Stellenabbau
So hoch sind die Abfindungen bei Ford in Köln

4 min
Luftbild von dem Automobilwerk Ford Werke GmbH am Rhein in Köln

Bei Ford in Köln müssen Tausende Mitarbeiter gehen.

Bei Ford müssen Tausende Mitarbeiter gehen. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegt eine Liste über die Höhe der individuellen Abfindungen vor.

Der Autobauer Ford verschärft seinen Sparkurs und streicht in der Kölner Produktion weitere 1000 Stellen. Man stelle im Januar vom bisherigen Zwei-Schicht-Betrieb auf Ein-Schicht-Betrieb um, teilte das Unternehmen am Dienstag in Köln mit. Schon vor knapp einem Jahr hatte das Management einen anderen Sparplan verkündet, der zu scharfen Protesten und dem ersten Streik in der Geschichte der Kölner Ford-Werke führte. Erst kürzlich hatten die Beschäftigten diesen Sparplan zähneknirschend akzeptiert. Grund für den Plan ist nach Angaben des Unternehmens eine schwache Nachfrage nach Elektrofahrzeugen.

Das 2024 eingeleitete Vorhaben sieht vor, an dem Standort bis Ende 2027 insgesamt - also inklusive Verwaltung, Entwicklung und anderen Bereichen - 2900 Stellen einzusparen. Die Mitarbeiter sollen freiwillig gehen und Abfindungen bekommen oder in Altersteilzeit gehen. Jetzt ist erstmals durchgesickert, wie hoch die Abfindungen je nach Zugehörigkeit zu den Ford-Werken sind.

Ein entsprechendes Papier, aus dem man die einzelnen Bestandteile der Abfindung entnehmen kann, liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor. Demnach hat die Gesamtlösung für Ford drei Säulen. Die erste Säule richtet sich an Mitarbeiter unter 55 Jahren (beziehungsweise unter 58 Jahren bei Verträgen ohne Betriebsrente). Die Abfindung für sie besteht wiederum aus drei Elementen.

Ford in Köln: Abfindungen haben drei Elemente

Nummer 1 ist die Sockelabfindung. Ab dem ersten Jahr Betriebszugehörigkeit erhalten Mitarbeiter, die das Angebot annehmen, 25.000 Euro. Bei vier Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt der Sockelbetrag 40.000 Euro, in 10.000er-Schritten steigt dieser Betrag auf bis zu 80.000 Euro.

Nummer 2 ist die sogenannte Faktorabfindung, die der Sockelabfindung zugeschlagen wird. Unter fünf Jahren Betriebszugehörigkeit erhalten Mitarbeiter 1,25 Bruttomonatsgehälter je Jahr der Beschäftigung. Ab fünf Jahren Zugehörigkeit erhöht sich die Faktorabfindung auf zwei Monatsgehälter pro Jahr der Beschäftigung. Gedeckelt ist die Faktorabfindung laut dem Papier bei 41 Monatsgehältern.

Nummer 3 sind die sogenannten Zuschläge. Für jedes unterhaltsberechtigte Kind gibt es einen Kinderzuschlag von 5500 Euro. Einen Schwerbehindertenzuschlag erhalten Mitarbeiter mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent. Pro zehn Prozent Grad der Behinderung gibt es also einen Schwerbehindertenzuschlag von 2000 Euro. Wer in der Gewerkschaft IG Metall organisiert ist, erhält noch einen Mitgliederbonus von 2500 Euro.

63.000 Euro schon nach vier Jahren

Wie hoch die Gehälter der Metall-Mitarbeiter sind, ist kein Geheimnis, die Zahlen können auf der Internetseite des Arbeitgeberverbandes Metall NRW eingesehen werden. Das Einstiegsgehalt liegt aktuell bei fast 2800 Euro. In der höchsten Tarifgruppe liegt das Bruttogehalt pro Monat bei 7800 Euro.

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat auf Basis dieser Zahlen ohne Gewähr für die Richtigkeit zwei Beispiele errechnet. Ein Mitarbeiter unter 55 Jahren, der seit vier Jahren bei Ford arbeitet, Gewerkschaftsmitglied, nicht behindert ist und ein Kind hat, würde demnach 40.000 Euro Sockelbetrag erhalten, hinzu kommen bei einem angenommenen Gehalt von 3000 Euro (Entgeltgruppe 6) 15.000 Euro Faktorabfindung. Berücksichtigt man dann noch IG-Metall-Bonus und Kinderzuschlag steht unter dem Strich eine Abfindung von 63.000 Euro, die selbstverständlich noch versteuert werden muss.

Zahlungen bei Ford oft deutlich sechsstellig

Beispiel Nummer 2: Acht Jahre Zugehörigkeit und Gewerkschafter, zwei Kinder, Entgeltgruppe 11 (4400 Euro Brutto im Monat) bringen dem Mitarbeiter 80.000 Euro Sockelbetrag plus 70.400 Euro Faktorabfindung, plus 11.000 Euro Kinderzuschlag sowie 2500 Euro IG-Metall-Bonus macht unter dem Strich 163.900 Euro.

Da bei Ford aber viele Menschen beschäftigt sind, die bereits wesentlich länger dort arbeiten und mit ihrem Verdienst deutlich näher an der höchsten Tarifgruppe liegen, dürften viele Abfindungen von Menschen unter 55 Jahren deutlich sechsstellig ausfallen - vor Steuern versteht sich. Wer unter 55 ist, etwa 20 Jahre bei Ford und aktuell in der höchsten Tarifgruppe arbeitet, erhält rechnerisch selbst ohne Zuschläge eine Abfindung von 312.000 Euro. Der vorliegenden Abfindungsliste ist nicht zu entnehmen, dass es eine Obergrenze oder Deckelung gibt. 

Die ältesten Mitarbeiter kommen schlechter weg

Die zweite Säule richtet sich an Mitarbeiter zwischen 55 und 63 Jahren, genannt „Rentennah“. Sie erhalten, wenn sie das Angebot annehmen, maximal acht Jahre 70 Prozent ihrer bisherigen Bruttobezüge. Eine potenzielle Betriebsrente wird abgezogen und dann ratierlich ausgezahlt, sodass den Betroffenen kein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Auch sie erhalten zusätzlich gegebenenfalls Kinder-, Behinderten- und Gewerkschaftszuschlag.

Am schlechtesten kommen Mitarbeiter weg, die älter als 63 Jahre sind. Sie erhalten einen Sockelbetrag von 25.000 Euro und für jeden Monat der Kündigungsfrist ein Monatsgehalt. Auch sie erhalten zusätzlich gegebenenfalls Kinder-, Behinderten- und Gewerkschaftszuschlag.

Trotz der vergleichsweise hohen Abfindungsangebote ist die Stimmung in der Ford-Belegschaft zwiegespalten. Mehrere Mitarbeiter berichten davon, der Arbeitgeber mache großen Druck, die Angebote möglichst kurzfristig anzunehmen. Eine Beschäftigte sprach gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von einem „Modus, der ins Erpresserische tendiert“.