Falsche, aus der US-Zentrale gesteuerte Modellpolitik kostet Tausende Jobs – ein E-Fiesta wäre eine Idee
Krise bei Kölner AutobauerAlarmstufe Ford


Das Flügelauto, ein Ford Fiesta, des Aktionskünstlers HA Schult hängt an einem Kran
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Eines vorweg: Ford ist nicht tot. Auch wenn sich die schlechten Nachrichten in den vergangenen 18 Monaten zu überschlagen scheinen. Jobabbau, Kurzarbeit, Absatzkrise – und jetzt auch noch die Reduktion auf eine einzige Schicht am Tag – das ist schon eine krasse Folge von Hiobsbotschaften. Den Mitarbeitern des traditionsreichen Kölner Autobauers muss das wie eine mentale Dauerfolter vorkommen. Darüber können auch die soliden Abfindungen, die versprochen wurden, nicht hinwegtäuschen.
Dennoch: Es gibt noch Chancen fürs Kölner Werk, die aber ein radikales Umschwenken in der Modellpolitik erfordern – oder zumindest eine Ergänzung. Dazu muss man etwas weiter ausholen. Ford Europa stand Jahrzehnte lang für solide Autos im unteren und mittleren Preissegment. Focus und Escort waren Autos für jedermann und eine preiswerte Alternative zum Branchenprimus VW Golf. Granada, Taunus, Sierra oder Mondeo waren solide Kutschen für die Großfamilie, die Reisen bis zum Bosporus problemlos und hinreichend komfortabel ermöglichten. Der Fiesta als letzter in Köln gebauter Verbrenner war ein Synonym für Fahranfängerauto, ein so erschwinglicher wie beliebter Kleinwagen. Viele Menschen diverser Generationen dürften unterschreiben, dass ein (gebrauchter) Fiesta nach der bestandenen Führerscheinprüfung ein guter, ja geliebter Gefährte war.
Autos von Ford sind keine Prestigeobjekte
Und eines muss noch konstatiert werden: Autos von Ford waren in den allermeisten Fällen Prestigeobjekte für Autofahrer, die keinen Wert auf Prestigeobjekte . Wer einen mittleren oder höheren fünfstelligen Betrag für einen Neuwagen auf den Tisch legen will, der sucht in nicht wenigen Fällen einen Wagen mit Stern oder Ringen im Kühlergrill oder mit einem bayrischen Motor unter der Haube.
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Die Unterschiede solcher Marken zu Ford: Im Premiumsegment sind nicht nur die Preise höher, sondern auch die Margen. In dem Bassin, in dem Ford traditionell fischte, mussten die Gewinne mit kleinen Margen und großer Menge geholt werden.
Entsprechend war es für die Fordmanager in Detroit verführerisch, sich auch im Margenteich der Euro-Premiummarken zu tummeln. Das sollten die E-Modelle Explorer und Capri mit Preisen jenseits der 40.000 Euro schaffen. Doch, liebe US-Automanager: In Europa hat die Marke Ford nun mal nicht das Image, das Premium-Autokäufer lockt.
Ford soll wieder preiswerte Autos bauen
Ford steht, wie gesagt, für solide, preiswerte Autos. Entsprechend sollte der Autobauer die Notbremse ziehen und so schnell wie möglich wieder einen preiswerten Wagen, am besten einen kleinen, auf den Markt bringen. Gerne auch elektrisch. Einen E-Fiesta etwa.
Geht nicht? Doch. Renault macht es seit Jahren vor. Die Franzosen sind im ähnlichen Segment unterwegs wie Ford in Europa. Ihren erfolgreichen Kleinwagen Twingo statteten sie schon 2013 wahlweise mit einem E-Motor aus. Der elektrische Kleinstwagen Zoe war ebenso ein Erfolg wie der Nachfolger Renault 5. Vier weitere Modelle gibt es heute als preiswerte E-Autos.
Ford hat vor wenigen Jahren einen entscheidenden Fehler gemacht. Darüber, was in Europa gebaut werden soll, wird seitdem in den USA entschieden. Und den dortigen Ford-Managern fehlt offensichtlich jedes Verständnis dafür, welche Ansprüche europäische Kunden an einen Ford stellen.
Dass die Kölner Wahlkämpfer jetzt die Schuld für Fords Probleme wahlweise beim Land, der Stadt Köln oder den Grünen suchen, ist bizarr. Ford in Köln hat ein Management-Problem. Ford sollte Entscheidungen über Fahrzeuge für Europa auch dort treffen. Teure E-SUVs, die an Pick-up-Trucks wie in den USA erinnern, haben hierzulande offenkundig ein Problem.