Die Deutsche Post wird 525 Jahre altMit dem Posthorn zum Weltkonzern

Die Deutsche Post blickt auf eine mehr als 500 Jahre lange Tradition
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Köln – Drei besondere Geburtstage kann die Deutsche Post in diesem Jahr feiern: Vor 525 Jahren, noch vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus wird das Postwesen gegründet, vor 25 Jahren wird die damalige Bundespost in drei Teile aufgespalten und vor 15 Jahren als Aktiengesellschaft an die Börse gebracht.
Auch wenn Franz von Taxis, ein Italiener, in Brandenburg schon 1486 eine kurfürstliche Postverbindung herstellt, so gilt 1490 als Gründungsjahr der Post. Kaiser Maximilian I. von Habsburg beauftragt ebenjenen Taxis, eine Postlinie zur Beförderung der kaiserlichen Dokumente einzurichten, wie die Post-Chronik „Einheit im Wandel“ berichtet. Es ist die erste regelmäßige Postverbindung nördlich der Alpen. Sie führt von Innsbruck über Memmingen, Ulm, Speyer. Hunsrück und Eifel nach Mechelen (bei Brüssel).
Der Aufbau einer Postorganisation verknüpft in den Folgejahren systematisch Nachrichtenbeförderung, Handel, Verkehr und Zeitungswesen. Es ist der Beginn eines neuen „Blutkreislaufes der Gesellschaft“, wie der Historiker Wolfgang Behringer schreibt.
Thurn und Taxis ist ein Adelsgeschlecht, das seinen Aufstieg und Reichtum dem Postwesen verdankt. Die Familie Taxis aus der Nähe von Bergamo hatte sich bereits in italienischen Kurierdiensten (Papst, Venedig, Mailand) einen Namen gemacht. Von den Habsburger Kaisern in 16. bis 18. Jahrhundert wurden die Taxis mit der Postbeförderung beauftragt, die Spanien, Frankreich, die Niederlanden, Deutschland und Italien verband. Die in den Grafenstand erhobenen Taxis brauchten, um in den Hochadel aufzusteigen, einen weiteren Adelstitel. Angeblich stammten die Taxis von den italienischen Adligen della Torre ab und nannten sich deshalb mit Genehmigung des Kaisers seit dem Jahr 1650 Thurn und Taxis.
Für die Familien entwickelt sich die Post zu einer gewinnbringenden Einrichtung. Leonard II. von Taxis nannte die Post einmal „einen Brunnen, in dem sämtliche erdenklichen Quellen zusammenfließen“. Kein Wunder: Der Post-Gewinn belief sich auf etwa 100000 Golddukaten jährlich. Mit dem Geld kauften Thurn und Taxis Ländereien und Firmen. (sub)
Der Kaiser handelt aus der Einsicht heraus, sein durch Kriege und Heiratspolitik stark gewachsenes Reichsgebiet nach modernen Aspekten verwalten zu müssen. Anstelle des Ritts einzelner Boten beschleunigt der Herrscher mit Hilfe von Reiterstafetten den Informationsfluss – mit Poststationen alle fünf Meilen, an denen die Pferde gewechselt werden.
Durch Postverträge mit den späteren Kaisern in den Jahren 1505 und 1516 werden die Taxis zu freien Unternehmern, ihre Post zu einer internationalen Organisation. Die Taxis besetzen alle wichtigen Posten mit Familienmitgliedern, ihnen werden weitreichende Hoheits- und Monopolrechte zugebilligt. Sie müssen im Gegenzug rigide Beförderungszeiten einhalten – beispielsweise soll die Post in 10,5 Tagen von Brüssel nach Rom gelangen. Kontrolliert werden die Laufzeiten der Sendungen durch „Poststundenpässe“. Bei Überschreitung drohen Sanktionen.
Für das zügige Vorankommen der Postreiter sorgt das Posthorn. Auf sein Signal hin öffnen sich für den Postillion Stadttore und Schlagbäume, müssen Kutschen und Reiter ausweichen sowie Fähren kostenlos übersetzen.
Beginn der bürgerlichen Reisebewegung
In Deutschland sind die Augsburger Handelshäuser die größten Nutznießer der Innovation Post. Für überregional tätige Kaufleute ist es damals überlebenswichtig, möglichst genaue Kenntnisse über Marktentwicklungen, Preise und Warentransporte zu besitzen – noch vor der Konkurrenz. Seit 1520 darf die durch hohe Betriebskosten geplagte Post erstmals auch private Dokumente befördern.
Nach dem Staatsbankrott Spaniens und dem Bürgerkrieg in den Niederlanden sind es denn auch die Augsburger „Bankiers“ wie Fugger und Welser, die die angeschlagene Taxis’sche Post reformieren sollen. Weil sich die Posthalter in Württemberg mehrfach weigern, weiter die Post zu befördern, richtet Seraphin II. von Taxis eine alternativen Verbindung nach Antwerpen ein. Die Route führt nun von Köln über Wöllstein (Rheinhessen) nach Augsburg. Der wichtigste Helfer von Kaiser Rudolf II. bei der Neuordnung der Nachrichtenübermittlung im Reich wird der Kölner Postmeister Jacob Henot. Mit seiner Hilfe etabliert sich 1597 die „kaiserliche Reichspost“, und Leonard von Taxis wird der erste Generalpostmeister. Köln ist nun Postknotenpunkt mit Verbindung nach Frankfurt, Hamburg und Brüssel.
Im 17. Jahrhundert nach dem 30-Jährigen Krieg verlieren die Taxis ihren Alleinvertretungsanspruch. Mit dem Westfälischen Frieden wird die Gründung von konkurrierenden Postanstalten in den Ländern und Fürstentümern des Reiches erlaubt. Neben den Briefen werden nun auch Personen befördert. Es ist der Beginn einer ersten bürgerlichen Reisebewegung. Allerdings entwickelt sich erst langsam eine ausgeprägte Infrastruktur mit Straßen statt Reitwegen und mit Gasthöfen (heute noch heißen viele „Zur Post“). Auch die Zahl der Briefe geht spürbar nach oben. Zu den Amts- und Geschäftsbriefen kommt die Korrespondenz von Privatleuten: Das wachsende Mitteilungsbedürfnis lässt die Menschen – jedenfalls die, die des Schreibens mächtig sind – vermehrt zur Feder greifen. Johann Wolfgang von Goethe etwa soll in seinem Leben 30 000 Briefe geschrieben haben.
Bis ins 18. Jahrhundert werden eintreffende Sendungen im Postamt öffentlich ausgehängt. Jeder, der einen Brief erwartet, muss dort selber nachschauen, ob die Sendung angekommen ist. Wird ein Briefe innerhalb einer bestimmten Zeit nicht abgeholt, liefert ihn ein innerörtlicher Bote gegen ein zusätzliches Entgelt aus. Daraus entwickelt sich Anfang des 18. Jahrhunderts der Briefträger. Deutlich später kommt der Komfort für die Absender: Bis zur Einführung des Briefkastens 1824 in Preußen muss der Schreiber seinen Brief selbst bei der Postanstalt abgeben.
Die Entgeltordnung unterscheidet zwischen „Franco“, der bei Absendung bezahlten Gebühr – und „Porto“, der beim Empfang beglichenen Gebühr. Im Jahr 1800 kostet ein Brief von Nürnberg nach Hamburg 12 Kreuzer – das entspricht einer einfachen Mahlzeit mit Bier und ist im Vergleich zu heute recht teuer. Erst 1849 gibt das Königreich Bayern die erste Briefmarke in Deutschland heraus, den „Schwarzen Einser“. Mit dem Postnetz entsteht auch ein professionelles Zeitungswesen. Die Postmeister erfahren oft als eine der ersten von neuen Nachrichten und nutzen ihren Informationsvorsprung, in dem sie selbst Zeitungen herausgeben. Die „Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung“ erscheint bereits 1615 (bis 1867 ).
Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 durch den französischen Kaiser Napoleon endet auch die Reichspost derer von Thurn und Taxis. Im 1815 gegründeten neuen Deutschen Bund führen Preußen, Österreich, Bayern, Sachsen, Baden und die Reichsstädte eine eigene staatliche Post ein. Nur ein paar kleine Postverbindungen bleiben für Thurn und Taxis übrig.
Revolution durch den Telegraf
Der Schriftsteller Ludwig Börne mokiert sich in seiner „Monographie der Postschnecke“ wortgewaltig über die Langsamkeit der Postkutschen. Andererseits erstaunt die Schnelligkeit, mit der die Post technische Neuerungen nutzt. Synonym für den Fortschritt, für die moderne Post im 19. Jahrhundert ist der Generalpostmeister Heinrich von Stephan. Er nutzt die Erfindung der Eisenbahn für den Posttransport. Auch Dampfschiffe, später das Auto oder der Zeppelin werden zügig bei der Post eingesetzt.
Revolutioniert wird die Nachrichtenübermittlung durch den Telegraf (1849) und den Fernsprechverkehr, der 1881 in Berlin mit acht Teilnehmern in Betrieb geht. Auf staatliche Anordnung wird die Telefonie alleinige Aufgabe der Postverwaltung. Noch aber dominiert der Brief- und Paketdienst. Allerdings herrscht bei der Post ein Tarifunwesen. Die Beamten müssen allein bei den Paketen je nach Gewicht und Entfernung 1705 verschiedene Gebührensätze berücksichtigen. Heinrich von Stephan räumt hier radikal auf.
Die Post übersteht mit herben Verlusten an Mensch und Material schließlich auch zwei Weltkriege. Doch der staatliche Monopolist Bundespost, der mit dem Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik auch wächst und gedeiht, tut sich zunehmend schwer mit der Verpflichtung zur flächendeckenden Postzustellung: Preise und Gebühren werden von der Politik vorgeschrieben. Zudem muss die Bundespost bis zu zehn Prozent der ihrer Einnahmen an den Bundeshaushalt abführen.
Nach langem politischen Gerangel und vielen Streiks kommt es 1990 zur Aufspaltung der Post in die drei selbstständigen Teilbereiche Post, Postbank und Telekommunikation. Die im gleichen Jahr vollzogene Zusammenlegung mit der maroden DDR-Post macht die Probleme noch größer. Die weitgehende Beschränkung auf Deutschland, mangelnde Qualität der Dienstleistungen, die Beamtenstruktur, die Ablieferungspflicht an den Bundesetat, der beginnende Siegeszug des Mobilfunks, sowie zu hohe Personal- und Sachkosten lassen die Post tief in die roten Zahlen rutschen. So endet etwa das Geschäftsjahr 1992 mit 13 Milliarden Euro Umsatz und 1,3 Milliarden Euro Verlust.
Als Konsequenz wird rationalisiert, vor allem das Geschäft im Fracht- und Paketbereich durch Übernahmen in aller Welt kräftig ausgebaut. Im Jahr 2000 erfolgt der Börsengang der Deutschen Post AG. Heute bezeichnet sie sich als das größte Logistik- und Postunternehmen der Welt – 488 000 Beschäftigte setzen 56,6 Milliarden Euro und erzielen gut zwei Milliarden Euro Gewinn. Die Geschichte der Deutschen Post dürfte noch viele Jahre weitergehen.