Hotels, Benzin und Gaststätten teurerKommt die Inflation zurück nach Deutschland?

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Köln – Die Inflation kommt zurück. Volkswirte erwarten einen Anstieg auf drei Prozent. Die Börsenkurse sind deshalb gefallen. Ist die Furcht vor einer Geldentwertung und damit steigenden Preisen begründet? Wer profitiert, wer verliert? Und werden nun die Zinsen steigen?

Die Angst der Deutschen vor einer Inflation ist traditionell größer als in anderen Ländern. Denn die „Große Inflation“ zwischen dem Ersten Weltkrieg und dem November 1923 war eine der radikalsten Geldentwertungen, die eine große Industrienation je gesehen hat.

Hyperinflation von 1923 im kollektiven Gedächtnis

Im Mai 1923 kostet in Köln ein Kilo Brot 474 Mark. Zwei Monate später war der Preis auf 2200 Mark gestiegen, Anfang Oktober waren es 14 Millionen. Noch einmal vier Wochen später kostete der Brotlaib 5,6 Milliarden Mark. Diese Ereignisse stecken den Deutschen, aus der Überlieferung ihrer Ahnen, tief in den Knochen. Entsprechend blicken die deutschen Verbraucher mit Argwohn auf die Inflationsrate. Eines vorweg: Vor einer solchen Inflation stehen wir sicher nicht. Denn damals druckte der Staat mit 1800 Druckmaschinen rund um die Uhr Geld, so wollte man sich der riesigen Kriegsschulden und Reparationslasten entledigen. Die Hyperinflation war also von Staats wegen gewollt.

Inflation von drei Prozent erwartet

Für Deutschland wird allenfalls eine moderate Inflation erwartet. So ist die Teuerung bereits auf 1,6 Prozent gestiegen. Klingt wenig, ist aber relativ betrachtet viel, da der Vergleichswert des Vorjahres 0,3 war. Den Börsen reicht dieser Sprung offenbar, um in Inflationsangst zu verfallen. Der Dax verlor am Mittwoch zwischenzeitlich 2,2 Prozent und unterschritt kurzzeitig sigar die Marke von 15.000 Punkten, nachdem er am Dienstag einen Rekord von fast 15.500 Punkten erreichte. Aber warum fallen überhaupt die Aktienkurse, wenn Inflation droht? „Die normale Reaktion auf Inflation sind steigende Zinsen. Diese führen dazu, dass Geld eher in verzinste Papiere oder Anlagen gesteckt wird, und dafür Aktien verkauft werden“, erklärt Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre und von 2008 bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission, die die Bundesregierung berät.

Knappheit an Rohstoffen verstärkt Teuerung

Bei der Fondsgesellschaft Deka teilt man die Einschätzung der Börsianer zum Inflationsanstieg. „Die monatlichen Inflationsraten werden in der zweiten Jahreshälfte noch bis über drei Prozent ansteigen“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka. Dass sie bei uns höher ist als im Rest der Eurozone, liege an der Absenkung der Mehrwertsteuer im Jahr 2020 und der Rückkehr zu 19 Prozent am Jahresanfang. Der Chefvolkswirt geht aber auch davon aus, dass die Inflation dann im Januar wieder auf zwei Prozent fällt. „Die aktuelle Inflation wird getrieben von Knappheit bei vielen Vorleistungsgütern oder auch Rohmaterialien wie Metall oder Holz. Der Grund ist, dass die Unternehmen fehlgeplant haben. Sie haben erwartet, dass die Pandemie mit ihren Folgen länger anhält und entsprechend ihre Lager und Produktionskapazitäten heruntergefahren“, sagt Kater. Jetzt seien alle weltweit überrascht von der schnellen Erholung. Das werde erst Mitte nächsten Jahres wieder aufgeholt sein.

Wenn die Inflation steigt, steigen die Zinsen

Was aber, wenn die Prognose nicht zutrifft und die Inflation bleibt? „Dann müssen die Notenbanken im Jahr 2023 die Zinsen wieder anziehen, wahrscheinlich dann mit der Folge einer Rezession. Dieses Szenario sehe ich aber nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent“, sagt Kater. Auch Haucap glaubt nicht an eine starke Inflation. Wer sind die Leidtragenden der Inflation? „In jedem Fall die Sparer, deren Geld schleichend entwertet wird“, sagt Ökonom Justus Haucap. Profiteure dagegen seien „verschuldete Menschen, etwa weil sie grade ein Haus gekauft haben“. Allerdings sieht auch Haucap keinen Grund zur Sorge vor einer großen Inflation. „Ich rate davon ab, nur mit Blick auf eine Inflation nun hohe Kredite aufzunehmen, nur um sie einfach zurückzahlen zu können“, sagt Haucap. Ein weiterer Profiteur einer möglicherweise steigenden Inflationsrate ist der deutsche Staat. Genau wie der verschuldete Häuslebauer könne er seine Kredite zu einem real niedrigeren Wert zurückzahlen.

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Eine Inflation von Null ist übrigens nicht das Ziel der Notenbanker, sondern in der Eurozone die Marke von zwei Prozent. Eine gewisse niedrige Inflation sei von Vorteil, damit die Preise in Bewegung bleiben. „Das ist wie Öl im Getriebe“, sagt Haucap.

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