Kölner Leiter der ISS-MissionenWie im Weltraum geforscht wird, um das Leben auf der Erde zu verbessern

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Alexander Gerst salutiert beim Selfie während einer anstrengenden Versuchsreihe zur Entwicklung neuer Textilien und Instrumente auf der Internationalen Weltraumstation ISS.

Alexander Gerst salutiert beim Selfie während eineranstrengenden Versuchsreihe zur Entwicklung neuer Textilien und Instrumente auf der Internationalen Weltraumstation ISS.

Volker Schmid leitete die Missionen der deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer.

Astronauten blicken nicht nur von oben auf unseren blauen Planeten und halten Ausschau nach weiterem Leben im All. Sie betreiben auf der Internationalen Raumstation ISS auch handfeste Forschung, die zum Teil sehr nützlich ist für uns hier unten auf der Erde. Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln leitete für das DLR die drei Missionen der deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Mauerer zur ISS und erklärt, warum Wissenschaft in der Schwerelosigkeit und auf der ISS so erfolgreich ist.

Der Astronaut im All ist quasi ein Modell für das Älterwerden
Volker Schmid, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Ein wichtiges Forschungsfeld sei der Mensch und seine Gesundheit. „Der Astronaut im All ist quasi ein Modell für das Älterwerden“, sagt Schmid. Die Zeit in der Schwerelosigkeit auf der ISS ähnele in vielen Bereichen der Situation eines bettlägerigen Patienten. Man schläft schlecht, das Immunsystem steht unter Dauerstress, Muskel- und Knochenmasse werdend abgebaut. „Ohne Sport da oben wären die Astronauten nach einem Jahr stark eingeschränkt“, sagt Schmid.

Oberpfaffenhofen, DLR Kontrolstation während Weltraumausstieg von ESA-Astronaut Matthias Maurer March 23, 2022, Oberpfaffenhofen, Bavaria, Germany: VOLKER SCHMID of Mission Control for the Cosmic Kiss mission. German Astronaut MATTHIAS MAURER accomplished a six-hour spacewalk outside of the International Space Station. The goal of the Extra Vehicular Activity EVA, spacewalk was to repair portions of the ammonia-based cooling systems by replacing hoses to the heat exchangers that control the ISS temperature. Other assignments include installing a new outside camera on the solar panels. The work was accomplished in cooperation with NASA s Raja Chari. Oberpfaffenhofen Germany - ZUMAb160 20220323_zbp_b160_012 Copyright: xSachellexBabbarx

Volker Schmid

Sind sie natürlich nicht, sie trainieren zweieinhalb Stunden pro Tag. Und sie werden durchleuchtet und durchmessen, die Erkenntnisse dienen der Entwicklung verbesserter Therapien und neuer Medikamente hier unten auf der Erde. So entstand unter Mitwirkung der Nasa etwa das Osteoporose-Medikament Prolia. Auch an Krebstherapien wird geforscht.

Maurer hat 65 Proben zurück auf die Erde gebracht

Ein anderer Forschungsvorteil in der Schwerelosigkeit: „Auf der Erde vermischen sich zum Beispiel Öl und Wasser nicht, wenn man sie zusammenschüttet“, sagt Schmid. Das leichtere Öl schwimmt auf dem schwereren Wasser. „Den Effekt gibt es im All nicht, da hat man mehr oder weniger eine Mischung.“ Das machen sich die Wissenschaftler zunutze, um etwa Trafolegierungen zu entwickeln, die weniger brummen. Oder um Transportvorgänge von granularen Medien wie Sand, Plastikgranulat oder Schüttgut zu optimieren, die auf der Erde gern Rohre blockieren, weil die Schwerkraft für Verklumpung sorgt.

Ganz aktuell sind Forschungen zur Betonzusammensetzung. Damit war Maurer bei seiner ISS-Mission befasst, er hat 65 Proben jeweils von der Größe eines halben Kölschglases mit zurück auf die Erde gebracht. Hier unten entmischt sich der Brei aus Sand, Zement und Wasser während des Erstarrungsvorganges etwas, schwerere Teilchen sinken aufgrund der Schwerkraft ab. „Das kann die Tragfähigkeit beeinträchtigen“, sagt Schmid: „Aber Masse hilft.“ Masse verbraucht allerdings viel Material, und Sand wird mehr und mehr zu einem knappen Gut. Zudem sei die weltweite Zementproduktion für ein Siebtel der CO₂-Produktion auf der Erde zuständig. Schmid erklärt: „Wenn wir die Mischungsverhältnisse optimieren könnten, wäre das ein wichtiger Schritt, um Ressourcen zu schonen.“

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