„Schwere Zeiten“Kölner Designhotel-Betreiber über Staatshilfen und Dankbarkeit

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Das Qvest Hotel in der Kölner Innenstadt

Das Qvest Hotel in der Kölner Innenstadt

  • Die Hoteliers Michael Kaune und Johannes Adams sprechen im Doppel-Interview über ihr Geschäft in der Corona-Krise.
  • Um die Verluste aufzufangen, müssen Hoteliers rund 20.000 Euro pro Zimmer draufzahlen, schätzt Kaune.
  • Was sie gegen das Virus unternommen haben, wie es nun weitergehen soll und was nicht zahlende Versicherungen mit der Krise zu tun haben.

Die Hotellerie gehört zu den am stärksten betroffenen Branchen der Corona-Krise. Wie ist die Lage in Ihren Häusern? Michael Kaune: Die Umsätze sind in den letzten Monaten um bis zu 98 Prozent eingebrochen. Hotels benötigen im Durchschnitt zwischen 55 bis 70 Prozent Auslastung um eine schwarze Null zu erreichen. Alles was darunter liegt muss der Hotelbetrieb oben drauf zahlen. Es ist davon auszugehen, dass die Hoteliers im ersten Corona- Jahr pro Zimmer rund Euro 20.000 drauf zahlen müssen um den Betrieb aufrecht zu erhalten – das kann kein Hotel aushalten.

Johannes Adams: Die Umsätze sind auch bei uns fast zu 100 Prozent weggebrochen. Die Betriebskosten jedoch bleiben. Seit Mitte Mai haben wir zwei Hotels wieder geöffnet, allerdings lässt die Belegungen noch sehr zu wünschen übrig – durchschnittlich vergeben wir zwischen ein und vier Zimmer pro Tag. Seltene Ausreißer bestätigen die Regel.

Was waren Ihre ersten Maßnahmen?

Adams: Wir sind froh, dass der Bund verschiedene Maßnahmen ohne Zögern zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt hat. Das ist eine große Hilfe, denn wir wollen gerne die Betriebe mit unseren Mitarbeitern weiterführen. Wir haben sofort Kurzarbeit beantragt und auch kurzfristig bewilligt bekommen – Mietstundungen bzw. -reduzierungen wurden uns von Vermietern nicht gewährt.

Kaune: Auch wir haben Kurzarbeit eingeleitet. Hierbei ist der Schaden besonders für inhabergeführte Hotels groß, denn der Unternehmerlohn, auch wenn man Angestellter seiner eigenen GmbH ist, fällt nicht unter die Regelung. Für viele kleine Hotels ist das eine persönlich sehr bedrohliche Situation.

Wie war die Reaktion Ihrer Versicherung?

Kaune: Die Mannheimer hat 15 Prozent der „vereinbarten Versicherungssumme“ angeboten - inklusive einer Abgeltungsklausel, dass keine weiteren Forderungen mehr gestellt oder eingeklagt werden können – das ist blanker Hohn.

Adams: Laut Auskunft unserer Versicherung gibt es keine Ansprüche, da der Coronavirus bisher nicht bekannt war und so nicht im Leistungskatalog vorkam.

Wie bewerten Sie die Soforthilfen in NRW?

Kaune: Die reinen Umsatzverluste der rund 200 Kölner Hotels für März bis Mai dürften zwischen 150 und 200 Millionen Euro liegen. Die Soforthilfe für diese Hotels bei rund fünf Millionen. Sie ist dennoch eine kluge und schnelle Hilfe gewesen. Wir können sehr froh sein in einem Land zu leben, in dem so etwas möglich ist.

Adams: Ich finde, Deutschland hat ein sehr großes Hilfspaket aufgestellt – vorbildlich. Allerdings wünsche ich mir etwas mehr Eigenverantwortung von den Bürgern des Landes. Bund und Länder können nicht alles alleine stemmen.

Das Konjunkturprogramm des Bundes soll auch der Hotellerie helfen. Sind die Maßnahmen ausreichend?

Kaune: Das ist ein weiterer guter Schritt, aber eine Branchenlösung ist es nicht. Der Maximalbetrag unterschreitet die fixen Betriebskosten erheblich, weiterhin ist die Branche für einen deutlich längeren Zeitraum betroffen als das Programm aktuell vorsieht. Die Hotellerie ist in ihrer Betroffenheit zu bewerten wie die Luftfahrt. Dabei können Flugpläne angepasst werden, Hotels sind 365 Tage geöffnet, auch wenn nur ein Gast anreist.

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Adams: Der Bund hat wirklich immer wieder neue Ansätze und unternimmt große Anstrengungen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Ob die Senkung der Umsatzsteuer für den Rest des Jahres allerdings den gewünschten Erfolg erzielen wird, muss sich noch herausstellen. Zunächst müssen viele Anstrengungen unternommen werden, die Preise für die kommenden sechs Monate entsprechend zu ändern – ein großer Aufwand für einen recht kurzen Zeitraum. Einen Effekt hat dies allerdings auch nur, wenn tatsächlich Umsatz stattfindet.

Hotels dürften wieder für Touristen öffnen. Macht sich das schon bemerkbar?

Kaune: Was nutzen geöffnete Hotels, wenn es keine Konzerte mehr gibt, keine Sport- oder Kulturveranstaltungen, kein Nightlife, keine Konferenzen und international noch derart viele Reisewarnungen ausgesprochen werden. Jetzt und für die kommenden Jahre ist auch mit einer rückläufigen Quote von Geschäftsreisenden zu rechnen, weil die Unternehmen sparen müssen und Videokonferenzen auch funktionieren.

Adams: Derzeit ist eine Belebung der Anfragen ab September festzustellen. Allerdings gehen wir auch hier von einer zurückhaltenden Nachfrage gegenüber dem Vorjahr aus. Sollten Messen weiterhin nicht stattfinden, wird sicherlich der Business-Gast aus dem Ausland weiter fernbleiben.

Rechnen Sie mit einer Pleitewelle in der Branche?

Adams: Davon ist leider auszugehen. Insbesondere der Wegfall von Messen in Köln bedeutet einen hohen nationalen wie internationalen Gästeverlust.

Kaune: Rein kaufmännisch betrachtet müssten sicherlich 90 Prozent aller Hotels Insolvenz anmelden. Aber die Insolvenzanmeldepflicht ist ja bis Ende September ausgesetzt worden. Wenn es keine Hilfen und Lösungen gibt, ist spätestens dann der Stichtag zu erwarten.

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